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Zur Zulässigkeit des Flächenschlüssels bei der Vorsteueraufteilung von gemischt genutzten Gebäuden

BFH 22.8.2013, V R 19/09

Die Neu­re­ge­lung der Vor­steu­er­auf­tei­lung in § 15 Abs. 4 S. 3 UStG ist mit dem Uni­ons­recht ver­ein­bar ist. Diese Vor­schrift ord­net seit dem 1.1.2004 einen Vor­rang des Flächen­schlüssels vor dem Um­satz­schlüssel an.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin hatte in den Jah­ren 2003 und 2004 ein Wohn- und Ge­schäfts­haus er­rich­tet, das sie nach Fer­tig­stel­lung teils steu­er­pflich­tig, teils steu­er­frei ver­mie­tete. Von den im Streit­jahr 2004 an­ge­fal­le­nen und den Gebäude­tei­len nicht di­rekt zu­ge­rech­ne­ten Vor­steu­ern machte sie 54,07 % in ih­rer Um­satz­steuer-Jah­res­erklärung des Streit­jah­res gel­tend. Die­sen Pro­zent­satz er­mit­telte sie auf der Grund­lage der im Jahr 2003 kal­ku­lier­ten Umsätze aus der Ver­mie­tung von Woh­nun­gen zu pri­va­ten Wohn­zwe­cken und der Ver­mie­tung von Ge­schäftsräumen.

Im An­schluss an eine Um­satz­steuer-Son­derprüfung ver­trat das Fi­nanz­amt die Auf­fas­sung, nach § 15 Abs. 4 S. 3 UStG 1999 in der Fas­sung des StÄndG 2003 seien die Vor­steu­ern ab Ja­nuar 2004 nach einem Flächenmaßstab auf­zu­tei­len. Bei einem Flächen­an­teil der steu­er­pflich­tig ver­mie­te­ten Ge­schäftsräume von 34,4 % führe dies zu ei­ner Kürzung der gel­tend ge­mach­ten Vor­steu­ern. Außer­dem habe der Überg­ang vom Um­satz­schlüssel zum Flächen­schlüssel ab Ja­nuar 2004 eine Ände­rung der Verhält­nisse und da­mit eine Be­rich­ti­gung der Vor­steu­ern nach § 15a UStG zur Folge.

Das FG gab der ge­gen den auf die­ser Grund­lage er­gan­ge­nen Um­satz­steu­er­be­scheid 2004 ein­ge­leg­ten Klage statt. Auf die Re­vi­sion des Fi­nanz­am­tes hat der BFH das Ver­fah­ren aus­ge­setzt und dem EuGH zur Vor­ab­ent­schei­dung vor­ge­legt. Der EuGH hat mit Ur­teil vom 8.11.2012 (C-511/10) ent­schie­den, dass Art. 17 Abs. 5 Un­ter­abs. 3 der Richt­li­nie 77/388/EWG da­hin aus­zu­le­gen sei, "dass er es den Mit­glied­staa­ten er­laubt, zum Zweck der Be­rech­nung des Pro-rata-Sat­zes für den Ab­zug der Vor­steu­ern aus einem be­stimm­ten Um­satz wie der Er­rich­tung ei­nes ge­mischt ge­nutz­ten Gebäudes vor­ran­gig einen an­de­ren Auf­tei­lungs­schlüssel als den in Art. 19 Abs. 1 die­ser Richt­li­nie vor­ge­se­he­nen Um­satz­schlüssel vor­zu­schrei­ben, vor­aus­ge­setzt, die her­an­ge­zo­gene Me­thode gewähr­leis­tet eine präzi­sere Be­stim­mung die­ses Pro-rata-Sat­zes".

Auf die­ser Grund­lage hat der BFH das erst­in­stanz­li­che Ur­teil auf­ge­ho­ben und zur er­neu­ten Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das FG zurück­ver­wie­sen.

Die Gründe:
Ent­ge­gen der Ent­schei­dung des FG war die Kläge­rin nicht zu ei­ner Vor­steu­er­auf­tei­lung gem. § 15 Abs. 4 UStG nach Gebäude­umsätzen be­rech­tigt. Im Hin­blick auf die so­mit grundsätz­lich flächen­be­zo­gene vor­zu­neh­mende Vor­steu­er­auf­tei­lung sind aber noch wei­tere Fest­stel­lun­gen durch das FG zu tref­fen.

Die Neu­re­ge­lung der Vor­steu­er­auf­tei­lung in § 15 Abs. 4 S. 3 UStG ist mit dem Uni­ons­recht ver­ein­bar. Die Vor­schrift ord­net seit dem 1.1.2004 einen Vor­rang des Flächen­schlüssels vor dem Um­satz­schlüssel an. Da der Vor­steu­er­ab­zug nur für steu­er­pflich­tige Aus­gangs­umsätze möglich ist, war eine Auf­tei­lung der Vor­steu­ern er­for­der­lich. Der ob­jekt­be­zo­gene Flächen­schlüssel führt zu ei­ner präzi­se­ren Vor­steu­er­auf­tei­lung als der auf die Ge­samt­umsätze des Un­ter­neh­mens be­zo­gene Pro-rata-Satz nach Art. 17 Abs. 5 der 6 der EG-Richt­li­nie. Des­halb darf ihn der deut­sche Ge­setz­ge­ber nach dem EuGH-Ur­teil vom 8.11.2012 vor­ran­gig vor dem Um­satz­schlüssel zur Auf­tei­lung vor­se­hen.

Der Vor­rang des Flächen­schlüssels nach § 15 Abs. 4 S. 3 UStG gilt aber nur für sol­che Vor­steu­er­beträge, die der Be­rich­ti­gung nach § 15a UStG un­ter­lie­gen. Hier­un­ter fal­len ins­be­son­dere Vor­steu­ern aus An­schaf­fungs- und Her­stel­lungs­kos­ten von Wirt­schaftsgütern.

Der Se­nat weicht mit sei­ner Ent­schei­dung nicht von der Recht­spre­chung des XI. Se­nats ab, so dass er of­fen­las­sen kann, ob er sich des­sen Recht­spre­chung an­schließt, nach der eine Di­ver­genz­an­frage gem. § 11 Abs. 3 FGO ei­nes er­ken­nen­den Se­nats an den Se­nat, von des­sen Ent­schei­dung ab­ge­wi­chen wer­den soll, aus­schei­den soll, wenn die Rechts­frage zwi­schen­zeit­lich durch ein Ur­teil des EuGH im Vor­ab­ent­schei­dungs­ver­fah­ren ab­wei­chend von der Di­ver­gen­zent­schei­dung für die na­tio­na­len Ge­richte uni­ons­recht­lich bin­dend ent­schie­den wurde. Ins­be­son­dere liegt keine Ab­wei­chung zu der Recht­spre­chung des XI. Se­nats vor, nach der auf die Auf­tei­lung von Vor­steu­er­beträgen, die für eine wirt­schaft­li­che und eine nicht­wirt­schaft­li­che (pri­vate) Tätig­keit an­ge­fal­len sind, § 15 Abs. 4 UStG ana­log an­zu­wen­den ist.

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