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Umsatzsteuer: Keine Entgeltsminderung bei Kassenfehlbeträgen aufgrund unbefugter Bargeldentnahmen

FG Köln 23.10.2013, 4 K 266/10

Zwar können Kas­sen­dif­fe­ren­zen auf­grund überhöhter Geldrück­ga­ben bei der Ver­ein­nah­mung des ver­ein­bar­ten Ent­gelts zu ei­ner Min­de­rung der um­satz­steu­er­li­chen Be­mes­sungs­grund­lage führen. So­weit Kas­sen­dif­fe­ren­zen aber auf un­be­fug­ten Bar­gel­dent­nah­men be­ru­hen, kommt eine Ände­rung der Be­mes­sungs­grund­lage i.S.d. § 10 Abs. 1 S. 1 u. 2 UStG man­gels in­ne­ren Zu­sam­men­hangs mit dem vor­aus­ge­gan­ge­nen Leis­tungs­ge­schäft nicht in Be­tracht.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin be­treibt in meh­re­ren Fi­lia­len den Ein­zel­han­del mit Büchern und Zeit­schrif­ten. Im Rah­men ei­ner Be­triebsprüfung für die Streit­jahre 2002 bis 2004 stellte der Prüfer fest, dass die Kläge­rin die durch Ver­gleich der Soll- und der Ist­bestände er­mit­tel­ten Kas­sen­fehl­beträge als Ent­gelt­min­de­run­gen bei den zu 7 % um­satz­steu­er­pflich­ti­gen Umsätzen be­han­delt hatte.

Die Ur­sa­chen für diese Kas­sen­dif­fe­ren­zen la­gen nach Auf­fas­sung des Prüfers in Irrtümern bei Bar­geldrück­ga­ben, un­be­leg­ten Bar­geld­aus­ga­ben und un­be­fug­ten Ent­nah­men von Bar­geld (Diebstähle etc.). Mögli­che Ist-Über­bestände ge­genüber dem Soll­be­stand seien da­bei mit den Man­ko­beträgen ver­rech­net wor­den. Eine Ände­rung der Be­mes­sungs­grund­lage für die Umsätze i.S.v. § 17 Abs. 1 u. 2 UStG werde durch die Fehl­beträge nicht be­wirkt. Die Netto-Kas­sen­fehl­beträge seien da­her als um­satz­steu­er­pflich­tige Umsätze zu be­han­deln.

Das Fi­nanz­amt folgte der Auf­fas­sung der Be­triebsprüfung mit geänder­ten Um­satz­steu­er­be­schei­den für die Streit­jahre. Hier­ge­gen wandte sich die Kläge­rin. Sie war der An­sicht, dass Ur­sa­che der Kas­sen­dif­fe­ren­zen al­lein Irrtümer bei der Bar­geldrück­gabe seien. Un­be­rech­tigte Ent­nah­men oder nicht be­legte Bar­geld­aus­ga­ben könn­ten als Ur­sa­che aus­ge­schlos­sen bzw. ver­nachlässigt wer­den. Un­be­rech­tigte Ent­nah­men könn­ten nur von Ar­beit­neh­mern getätigt wer­den, da die Ge­sell­schaf­ter selbst kei­nen Kas­sen­dienst versähen. Das hier­mit ver­bun­dene Ri­siko des so­for­ti­gen Ver­lus­tes des Ar­beits­plat­zes würde kein Ar­beit­neh­mer ein­ge­hen.

Das FG wies die Klage ab. Die Re­vi­sion zum BFH wurde nicht zu­ge­las­sen, da die ein­zel­fall­be­zo­gene Prüfung des Vor­han­den­seins verläss­li­cher Schätzungsmaßstäbe keine Rechts­fra­gen von grundsätz­li­cher Be­deu­tung auf­werfe.

Die Gründe:
Das Fi­nanz­amt hatte zu Recht die Be­mes­sungs­grund­lage der Um­satz­steuer für die Streit­jahre nicht gem. § 10 Abs. 1 S. 1 u. 2 UStG um die von der Kläge­rin er­mit­tel­ten Kas­sen­fehl­beträge ge­min­dert.

Zwar ist der Se­nat der Auf­fas­sung, dass Kas­sen­dif­fe­ren­zen auf­grund überhöhter Geldrück­ga­ben bei der Ver­ein­nah­mung des ver­ein­bar­ten Ent­gelts zu ei­ner Min­de­rung der um­satz­steu­er­li­chen Be­mes­sungs­grund­lage führen. Die Ar­gu­men­ta­tion der Fi­nanz­behörde, dass bei ei­ner sich an die Ver­ein­nah­mung des ver­ein­bar­ten Ent­gelts an­schließen­den überhöhten Geldrück­gabe zwi­schen dem be­reits ab­ge­schlos­se­nen Erfüllungs­ge­schäft und dem nicht in in­ne­rem Zu­sam­men­hang mit die­sem ste­hen­den Sach­ver­halt der Geldrück­gabe un­ter­schie­den wer­den müsse und die Kläge­rin des­halb in die­sem Fall das Ent­gelt i.S.d. § 10 Abs. 1 S. 2 UStG in der ver­ein­bar­ten Höhe er­hal­ten hätte, ver­mochte der Se­nat je­doch nicht zu fol­gen.

Zwar trifft es zu, dass in die­sem Fall für die Rück­ga­be­ver­pflich­tung des Kun­den ein von dem voll­zo­ge­nen Leis­tungs­ge­schäft neuer und un­abhängi­ger Rechts­grund in Ge­stalt des An­spruchs auf Her­aus­gabe der durch die überhöhte Wech­sel­geldrück­gabe er­lang­ten un­ge­recht­fer­tig­ten Be­rei­che­rung begründet wird. Es geht aber nicht um den Rechts­grund für die Rück­ga­be­ver­pflich­tung des Kun­den, son­dern um den Rechts­grund für die von ihm zur Er­lan­gung der Leis­tung er­brach­ten Zah­lun­gen. Hier löst sich die Ar­gu­men­ta­tion des Fi­nanz­am­tes von der BFH-Recht­spre­chung, dass der Ge­samt­be­trag der tatsäch­lich er­hal­te­nen Zah­lun­gen, die auf der Grund­lage des der Leis­tung zu Grunde lie­gen­den Rechts- oder An­spruchs­grun­des er­bracht wer­den, das Ent­gelt für eine Leis­tung i.S.d. § 10 Abs. 1 S. 2 UStG dar­stellt.

In­des­sen sah der Se­nat keine Möglich­keit, die mit Si­cher­heit oder zu­min­dest ganz über­wie­gen­der Wahr­schein­lich­keit auf überhöhten Geldrück­ga­ben be­ru­hen­den (Teil-) Beträge der fest­ge­stell­ten Kas­sen­dif­fe­ren­zen durch Schätzung zu er­mit­teln. Diese Un­ter­schei­dung der Ur­sa­chen der Kas­sen­dif­fe­ren­zen war aber ent­schei­dungs­er­heb­lich. Denn so­weit die Kas­sen­dif­fe­ren­zen etwa auf un­be­fug­ten Bar­gel­dent­nah­men be­ru­hen ha­ben soll­ten, kam eine Ände­rung der Be­mes­sungs­grund­lage i.S.d. § 10 Abs. 1 S. 1 u. 2 UStG man­gels in­ne­ren Zu­sam­men­hangs mit dem vor­aus­ge­gan­ge­nen Leis­tungs­ge­schäft kei­nes­falls in Be­tracht.

Weil da­mit aber be­reits die von der Kläge­rin be­haup­te­ten Sach­ver­halts­grund­la­gen für die Ab­wei­chung zwi­schen den ver­ein­bar­ten und den ver­ein­nahm­ten Ent­gel­ten nicht zur Über­zeu­gung des Se­nats fest­ge­stellt wer­den konn­ten, konnte es auch nicht mehr auf die von ihr auf­ge­wor­fe­nen Rechts­fra­gen zur Min­de­rung des ver­ein­bar­ten um­satz­steu­er­pflich­ti­gen Ent­gelts durch überhöhte Geldrück­ga­ben für die Ent­schei­dung an­kom­men. Der Klage konnte viel­mehr be­reits man­gels Fest­stell­bar­keit der­ar­ti­ger die Um­satz­steuer der Streit­jahre min­dern­der Sach­ver­halte nicht ent­spro­chen wer­den.

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