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Steuerberatung

Schadensersatz wegen überhöhter Einkommensteuer kein Arbeitslohn

BFH 25.4.2018, VI R 34/16

Die Erfüllung des Scha­dens­er­satz­an­spruchs ei­nes Ar­beit­neh­mers ge­gen sei­nen Ar­beit­ge­ber, der auf ei­ner überhöhten Ein­kom­men­steu­er­fest­set­zung ge­genüber dem Ar­beit­neh­mer be­ruht, führt beim Ar­beit­neh­mer nicht zu einem Lohn­zu­fluss, wenn dem Ar­beit­neh­mer tatsäch­lich ein Scha­den ent­stan­den ist, die Ein­kom­men­steuer also ohne die Pflicht­ver­let­zung oder un­er­laubte Hand­lung des Ar­beit­ge­bers nied­ri­ger fest­ge­setzt wor­den wäre. Der Steu­er­pflich­tige trägt die ob­jek­tive Fest­stel­lungs­last, dass die Er­satz­leis­tung des Ar­beit­ge­bers der Erfüllung ei­nes tatsäch­lich be­ste­hen­den Scha­dens­er­satz­an­spruchs diente.

Der Sach­ver­halt:

Dem Kläger stand im Rah­men sei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses seit min­des­tens 2002 ein Dienst­wa­gen nebst Fah­rer zur Verfügung. Ihm war die pri­vate Nut­zung des Dienst­wa­gens ge­stat­tet. Über die Fahr­ten mit dem Dienst­wa­gen führ­ten der Kläger und sein Fah­rer bis min­des­tens Fe­bruar 2008 Auf­zeich­nun­gen in Form ei­ner Lo­se­blatt­samm­lung. Die Auf­zeich­nun­gen wur­den später durch eine an­dere Per­son in ein ge­bun­de­nes Buch über­tra­gen. Das Fi­nanz­amt ge­langte im An­schluss an eine bei der Ar­beit­ge­be­rin durch­geführte Lohn­steuer-Außenprüfung zu der Auf­fas­sung, dass die über die Nut­zung des Dienst­wa­gens für die Jahre 2002 bis 2005 geführ­ten Auf­zeich­nun­gen kein ord­nungs­gemäßes Fahr­ten­buch dar­stell­ten und er­ließ ge­genüber den Klägern ent­spre­chend geänderte Ein­kom­men­steu­er­be­scheide.

 

Auf­grund der hier­aus er­ge­ben­den Ein­kom­men­steu­er­nach­zah­lun­gen mel­dete der Kläger den Vor­gang bei der Haft­pflicht­ver­si­che­rung sei­ner Ar­beit­ge­be­rin. Er war der Auf­fas­sung, ihm sei durch die höhere Ein­kom­men­steu­er­fest­set­zung ein Scha­den ent­stan­den, den seine Ar­beit­ge­be­rin ver­schul­det habe. Denn die Ar­beit­ge­be­rin sei ih­rer Über­wa­chungs­pflicht hin­sicht­lich der Führung der Fahr­tenbücher nicht nach­ge­kom­men. Die Haft­pflicht­ver­si­che­rung der Ar­beit­ge­be­rin zahlte dem Steu­er­pflich­ti­gen dar­auf­hin im Streit­jahr 2008 im Ver­gleichs­wege pau­schal 50.000 €.

 

Die­sen Nach­zah­lungs­be­trag sah das Fi­nanz­amt als steu­er­pflich­ti­gen Ar­beits­lohn an. Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Auf die Re­vi­sion des Fi­nanz­am­tes hob der BFH das Ur­teil auf und wies die Sa­che zur wei­te­ren Sach­aufklärung und Ent­schei­dung an das FG zurück.

 

Gründe:

Die Auf­fas­sung der Vor­in­stanz, dass die Zah­lung der Haft­pflicht­ver­si­che­rung der Ar­beit­ge­be­rin des Klägers kei­nen Ar­beits­lohn dar­stellt, hält ei­ner re­vi­si­ons­recht­li­chen Nachprüfung nicht stand. Der Se­nat kann auf der Grund­lage der tatsäch­li­chen Fest­stel­lun­gen des FG al­ler­dings nicht ab­schließend be­ur­tei­len, ob es sich bei der frag­li­chen Zah­lung um Ar­beits­lohn han­delt.

 

Die Erfüllung des Scha­dens­er­satz­an­spruchs ei­nes Ar­beit­neh­mers ge­gen sei­nen Ar­beit­ge­ber führt beim Ar­beit­neh­mer nicht zu einem Lohn­zu­fluss, ob­wohl der Ar­beits­ver­trag als das Rechts­verhält­nis, das Grund­lage für den Scha­dens­er­satz­an­spruch ist, der Er­werbs­sphäre des Ar­beit­neh­mers zu­zu­rech­nen ist. Eine sol­che Zah­lung stellt al­ler­dings nur dann kei­nen Ar­beits­lohn, son­dern eine ein­kom­men­steu­er­recht­lich un­be­acht­li­che pri­vate Vermögens­meh­rung dar, wenn dem Steu­er­pflich­ti­gen tatsäch­lich ein Scha­den ent­stan­den ist. Der Scha­den be­rech­net sich dann aus der Dif­fe­renz zwi­schen der tatsäch­lich fest­ge­setz­ten Ein­kom­men­steuer und der­je­ni­gen Ein­kom­men­steuer, die sich ohne die Pflicht­ver­let­zung er­ge­ben hätte.

 

Da­bei muss si­cher­ge­stellt sein, dass die strit­tige Zah­lung tatsäch­lich dem Zweck diente, eine dem Steu­er­pflich­ti­gen ent­stan­dene ver­meid­bare steu­er­li­che Mehr­be­las­tung aus­zu­glei­chen. Be­ste­hen in­so­weit Zwei­fel, muss der Steu­er­pflich­tige nach­wei­sen, dass dem Ar­beit­ge­ber eine von ihm zu ver­tre­tende Pflicht­ver­let­zung un­ter­lau­fen ist, die wie­derum in adäquat kau­sa­ler Weise die erhöhte Ein­kom­men­steu­er­fest­set­zung ver­ur­sacht hat, und dass die Er­satz­leis­tung dem Aus­gleich die­ses Scha­dens diente. Der Steu­er­pflich­tige darf je­doch die man­gelnde Steu­er­bar­keit von Scha­dens­er­satz­leis­tun­gen zum Aus­gleich ei­ner überhöhten Ein­kom­men­steu­er­fest­set­zung nicht dazu nut­zen, Ein­nah­men, die diese be­son­dere Zweck­bin­dung nicht auf­wei­sen, als Scha­dens­er­satz­leis­tun­gen zu de­kla­rie­ren, um so steu­er­pflich­tige Ein­nah­men der Be­steue­rung zu ent­zie­hen.

 

Das FG wird nun ins­be­son­dere zu prüfen ha­ben, ob die Ar­beit­ge­be­rin ge­genüber dem Steu­er­pflich­ti­gen dienst­recht­lich zur Führung ei­nes Fahr­ten­buchs für des­sen pri­vate Ein­kom­men­steuer ver­pflich­tet war bzw. ob sie den Steu­er­pflich­ti­gen über die An­for­de­run­gen, die ein­kom­men­steu­er­recht­lich an ein ord­nungs­gemäßes Fahr­ten­buch zu stel­len sind, be­leh­ren, ent­spre­chende Hin­weise er­tei­len oder gar die Ein­tra­gun­gen in dem Fahr­ten­buch auf ihre steu­er­li­che Ord­nungsmäßig­keit überprüfen mus­ste. Die An­for­de­run­gen an ein Fahr­ten­buch, das die Fahr­zeugführer nach § 25 Abs. 5 KfzR zu führen hat­ten, mus­ste nicht not­wen­di­ger­weise mit de­nen an ein ord­nungs­gemäßes Fahr­ten­buch nach § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG übe­rein­stim­men. Fest­stel­lun­gen zu Form und In­halt des Fahr­ten­buchs nach § 25 Abs.5 KfzR hatte das FG nicht ge­trof­fen.

 

Das FG wird auch zu un­ter­su­chen ha­ben, ob sich die Auf­gabe der Kraft­fahr­zeugsach­be­ar­bei­tung bzw. der Fahr­dienst­lei­tung gem. § 9 Abs. 1k KfzR, die Ein­tra­gun­gen im Fahr­ten­buch stich­pro­ben­haft, min­des­tens ein­mal mo­nat­lich zu überprüfen und diese Prüfung im Fahr­ten­buch zu ver­mer­ken, auch auf das für die pri­vate Ein­kom­men­steuer (des Steu­er­pflich­ti­gen) zu führende Fahr­ten­buch be­zog oder ob diese Auf­gabe nicht viel­mehr (nur) das dienst­recht­lich nach § 25 Abs. 5 KfzR zu führende Fahr­ten­buch be­traf, was eher nahe lie­gen dürfte.

 

Link­hin­weis:

 

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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