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OLG Koblenz: Kommune muss Erfüllung der Aufsichtspflicht des Kita-Personals beweisen

Urteil des OLG Koblenz vom 21.6.2012 - 1 U 1086/11

Für die Frage der Auf­sichts­pflicht­ver­let­zung in ei­ner Kita muss im­mer die Be­son­der­hei­ten des Ein­zel­falls berück­sich­tigt wer­den, wie etwa die Ei­gen­hei­ten der je­wei­li­gen Kin­der, die ört­li­chen Ge­ge­ben­hei­ten und die Auf­sichts­si­tua­tion. In einem sol­chen Fall der Amts­haf­tung muss nach An­sicht des OLG Ko­blenz grundsätz­lich die Kom­mune be­wei­sen, dass die Er­zie­he­rin­nen ihre Auf­sichts­pflicht erfüllt ha­ben.

Sach­ver­halt:
Im Juni 2010 hatte der Kläger sein Fahr­zeug am Rande des Außen­be­reichs ei­ner städti­schen Kin­der­ta­gesstätte ab­ge­stellt und be­gab sich in das an­lie­gende Gebäude. Auf dem Frei­gelände der Kita hielt sich u.a. eine Gruppe von acht Kin­dern auf, die von ei­ner Er­zie­he­rin be­treut wur­den. Drei Kin­der ver­ließen die Gruppe und be­ga­ben sich in Rich­tung des Außen­zau­nes, der zur un­mit­tel­bar an­gren­zen­den Parkfläche durchlässig ist. Sie nah­men Steine und war­fen diese ge­gen das par­kende Auto des Klägers. Es han­delte sich um so viele Steine, dass ins­ge­samt 21 Del­len im Fahr­zeug fest­ge­stellt wur­den.

Der Kläger ver­langte von der Stadt als Träge­rin der Kita Scha­dens­er­satz i.H.v. rund 1.125 € aus Amts­haf­tung. Das LG wies die Klage ab. Auf die Be­ru­fung des Klägers hob das OLG das erst­in­stanz­li­che Ur­teil auf und gab der Klage statt. Al­ler­dings wurde die Re­vi­sion zum BGH zu­ge­las­sen.

Gründe:
Der Kläger hat ge­gen die be­klagte Stadt einen Scha­dens­er­satz­an­spruch.

Zwar ist eine per­ma­nen­ten und lücken­lose Über­wa­chung von Kin­dern "auf Schritt und Tritt" in ei­ner Kita nicht zu gewähr­leis­ten und auch nicht ge­bo­ten. Al­ler­dings muss für die Frage der Auf­sichts­pflicht­ver­let­zung im­mer die Be­son­der­hei­ten des Ein­zel­falls berück­sich­tigt wer­den, wie etwa die Ei­gen­hei­ten der je­wei­li­gen Kin­der, die ört­li­chen Ge­ge­ben­hei­ten und die Auf­sichts­si­tua­tion. Die Be­schaf­fen­heit des Frei­geländes (lo­ckere große Kie­sel­steine, durchlässi­ger Zaun zur un­mit­tel­bar an­gren­zen­den Parkfläche) im vor­lie­gen­den Fall hatte ein kon­kre­tes Ge­fah­ren­po­ten­tial für frem­des Ei­gen­tum ent­ste­hen las­sen. Wenn sich dann drei spie­lende Kin­der aus ih­rer Gruppe in Rich­tung Zaun ent­fern­ten, dürf­ten diese nicht länger an­dau­ernd un­be­ob­ach­tet blei­ben.

Ein Zeuge hatte zu­dem an­ge­ge­ben, die Steine seien "wie bei einem Ma­schi­nen­ge­wehr" auf das Auto ge­prallt. In­fol­ge­des­sen hätten die Er­zie­he­rin­nen auf dem Außen­gelände den Vor­fall mit­be­kom­men müssen.

In einem sol­chen Fall der Amts­haf­tung muss nach An­sicht des Se­nats grundsätz­lich die Kom­mune be­wei­sen, dass die Er­zie­he­rin­nen ihre Auf­sichts­pflicht erfüllt ha­ben. Diese recht­li­che Frage ist in der Recht­spre­chung al­ler­dings um­strit­ten. An­dere OLG se­hen in sol­chen Fällen den Ge­schädig­ten in der Pflicht, auch die Ver­let­zung der Auf­sichts­pflicht be­wei­sen zu müssen. In­fol­ge­des­sen war die Sa­che hin­sicht­lich die­ser Rechts­frage zur Re­vi­sion zu­zu­las­sen.

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