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Kindergeld: Zur Zuständigkeit der Außenstellen der Agenturen für Arbeit

BFH 25.9.2014, III R 25/13

Anträge, die bei ei­ner Fa­mi­li­en­kasse der Bun­des­agen­tur für Ar­beit an­zu­brin­gen sind, können auch bei ei­ner Außen­stelle der­je­ni­gen Agen­tur für Ar­beit an­ge­bracht wer­den, bei der die Fa­mi­li­en­kasse ein­ge­rich­tet ist. Auch wenn die bei den Agen­tu­ren für Ar­beit als un­selbständige Ne­ben­stel­len ein­ge­rich­te­ten Ge­schäfts­stel­len im Ge­gen­satz zur früheren Ge­set­zes­fas­sung nicht mehr ausdrück­lich erwähnt wer­den, können sol­che Ne­ben­stel­len wei­ter­hin zur orts­na­hen Auf­ga­ben­er­le­di­gung ein­ge­setzt wer­den.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger war bis Ende De­zem­ber 2004 im öff­ent­li­chen Dienst be­schäftigt und be­zog während die­ser Zeit für seine 1994 und 1996 ge­bo­re­nen Kin­der Kin­der­geld von ei­ner Fa­mi­li­en­kasse des öff­ent­li­chen Diens­tes. Nach dem Ende der Be­schäfti­gung im öff­ent­li­chen Dienst stellte er zunächst kei­nen wei­te­ren An­trag für Kin­der­geld ab Ja­nuar 2005.

Mit Schrei­ben vom 29.12.2010 be­an­tragte der in B wohn­hafte Kläger Kin­der­geld auch für die Ver­gan­gen­heit. Das Schrei­ben war wie folgt adres­siert: Agen­tur für Ar­beit H, Außen­stelle A. Es er­hielt einen Ein­gangs­stem­pel der Agen­tur für Ar­beit A vom 29.12.2010 und einen Ein­gangs­stem­pel der Agen­tur für Ar­beit H vom 5.1.2011. Die Bun­des­agen­tur für Ar­beit - Fa­mi­li­en­kasse H - lehnte als Rechts­vorgänge­rin der be­klag­ten Fa­mi­li­en­kasse den An­trag ab, so­weit Kin­der­geld (auch) für das Jahr 2005 (Streit­jahr) be­an­tragt wor­den war.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Ein mögli­cher Kin­der­geld­an­spruch des Klägers für das Jahr 2005 sei we­gen Zah­lungs­verjährung (§ 228 AO) er­lo­schen. Der An­trag des Klägers vom 29.12.2010 sei zunächst bei der un­zuständi­gen Dienst­stelle in A und erst am 5.1.2011 - nach Ein­tritt der Verjährung - bei der zuständi­gen Stelle in H ein­ge­gan­gen.

Auf die Re­vi­sion des Klägers hob der BFH das Ur­teil auf und ver­wies die Sa­che zur neuen Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das FG zurück.

Die Gründe:
Das FG ist zu Un­recht da­von aus­ge­gan­gen, dass der Kin­der­geld­an­spruch des Klägers für das Jahr 2005 er­lo­schen ist, weil das Schrei­ben des Klägers vom 29.12.2010 nicht ge­eig­net ge­we­sen sei, den Ein­tritt der Zah­lungs­verjährung zu un­ter­bre­chen.

Gem. § 47 AO erlöschen An­sprüche aus dem Steu­er­schuld­verhält­nis u.a. durch Ein­tritt der Fest­set­zungs­verjährung (§§ 169 bis 171 AO) und der Zah­lungs­verjährung (§§ 228 bis 232 AO). Die Zah­lungs­verjährung (§ 228 AO) hin­sicht­lich des Kin­der­gelds für das Jahr 2005 trat frühes­tens mit Ab­lauf des Jah­res 2010 ein. Vor­lie­gend war der An­trag des Klägers vom 29.12.2010 ge­eig­net, die Zah­lungs­verjährung hin­sicht­lich des Kin­der­gelds für das Jahr 2005 zu un­ter­bre­chen. Gem. § 231 Abs. 1 S. 1 AO wird die Zah­lungs­verjährung u.a. durch schrift­li­che Gel­tend­ma­chung des An­spruchs un­ter­bro­chen. Der An­trag des Klägers ging am 29.12.2010 und da­mit vor Ab­lauf der Zah­lungs­verjährungs­frist (31.12.2010) bei der zuständi­gen Behörde ein. Der Zu­gang des Schrei­bens bei der Dienst­stelle der Agen­tur für Ar­beit in A hat frist­wah­rende Wir­kung ent­fal­tet.

Die Fa­mi­li­en­kas­sen sind Fi­nanz­behörden (§ 6 Abs. 2 Nr. 6 AO); ört­lich zuständig ist grundsätz­lich die Fa­mi­li­en­kasse, in de­ren Be­zirk der Kin­der­geld­be­rech­tigte sei­nen Wohn­sitz hat (§ 19 Abs. 1 S. 1 AO). Im drei­stu­fi­gen Auf­bau der Bun­des­agen­tur für Ar­beit er­folgt die Auf­ga­ben­erfüllung auf der ört­li­chen Ebene durch die Agen­tu­ren für Ar­beit. Die bei den Agen­tu­ren für Ar­beit als un­selbständige Ne­ben­stel­len ein­ge­rich­te­ten Ge­schäfts­stel­len wer­den im Ge­gen­satz zur früheren Ge­set­zes­fas­sung zwar nicht mehr ausdrück­lich erwähnt. Da­mit sollte je­doch nicht aus­ge­schlos­sen wer­den, dass sol­che Ne­ben­stel­len wei­ter­hin zur orts­na­hen Auf­ga­ben­er­le­di­gung ein­ge­setzt wer­den.

Vor­lie­gend be­fand sich der Wohn­sitz des Klägers in B im Be­zirk der bei der Agen­tur für Ar­beit H ein­ge­rich­te­ten Fa­mi­li­en­kasse. Da die Agen­tur für Ar­beit H in A eine un­selbständige Außen­stelle ein­ge­rich­tet hatte, eröff­nete sie in­so­weit einen wei­te­ren (orts­na­hen) Zu­gang für den Bürger. Un­abhängig von der Frage, ob Kin­der­geld­anträge auch an die­ser Außen­stelle oder nur in der Haupt­stelle be­ar­bei­tet wer­den, sind je­den­falls die Hand­lun­gen zen­tra­ler Ser­vice­ein­rich­tun­gen der Haupt- und der Außen­stelle der Bun­des­agen­tur für Ar­beit H - etwa des Pforten­diens­tes oder der Post­stelle - der Fa­mi­li­en­kasse zu­zu­rech­nen, so­weit sie in Kin­der­geld­an­ge­le­gen­hei­ten tätig wer­den.

Nichts an­de­res er­gibt sich aus dem von der Fa­mi­li­en­kasse gel­tend ge­mach­ten Um­stand, wo­nach die Fa­mi­li­en­kas­sen­auf­ga­ben zum 1.2.2005 in ei­ner be­son­de­ren Dienst­stelle i.S.d. § 367 Abs. 2 S. 2 SGB III kon­zen­triert wor­den seien. Dass auch in­so­weit keine vollständige Her­auslösung aus der In­fra­struk­tur der Agen­tur für Ar­beit H statt­ge­fun­den ha­ben kann, er­gibt sich be­reits dar­aus, dass auch die Ein­gangs­stem­pe­lung vom 5.1.2011 als Ein­gangs­behörde die "Agen­tur für Ar­beit" H und nicht etwa - als be­son­dere Dienst­stelle - die "Fa­mi­li­en­kasse" H aus­weist. Dies be­legt viel­mehr, dass zen­trale Ser­vice­ein­rich­tun­gen der Agen­tur für Ar­beit wei­ter­hin so­wohl in Kin­der­geld­an­ge­le­gen­hei­ten als auch außer­halb die­ses Be­rei­ches zuständig blie­ben. Ent­spre­chend ist auch der Ein­gangs­stem­pel der Außen­stelle A ge­eig­net, einen Nach­weis über den noch im Jahr 2010 er­folg­ten Zu­gang des Schrei­bens vom 29.12.2010 bei der Fa­mi­li­en­kasse H zu er­brin­gen.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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