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FG Köln: Telefoninterviewer sind Arbeitnehmer

Urteil des FG Köln vom 14.3.2012 - 2 K 476/06

Te­le­fo­nin­ter­viewer, die für ein Mei­nungs­for­schungs­in­sti­tut tätig wer­den, sind steu­er­recht­lich als Ar­beit­neh­mer und nicht als Selbständige an­zu­se­hen. Das In­sti­tut hat des­halb als Ar­beit­ge­ber Lohn­steuer ein­zu­be­hal­ten und ab­zuführen; an­dern­falls kann es für die Lohn­steuer in Haf­tung ge­nom­men wer­den. Das FG be­ur­teilte die In­ter­viewtätig­keit da­mit an­ders als Ar­beits- und So­zi­al­ge­richte, die in der Ver­gan­gen­heit die Tätig­keit häufig als selbständig an­sa­hen.

Der Sach­ver­halt:
Die Be­tei­lig­ten strei­ten im Zu­sam­men­hang mit der Haf­tungs­inan­spruch­nahme der Kläge­rin für Lohn­steuer und Ne­ben­ab­ga­ben ins­bes. darum, ob die für die Kläge­rin als In­ter­viewer täti­gen Per­so­nen eine lohn­steu­er­pflich­tige Tätig­keit ausgeübt ha­ben.

Die Kläge­rin, ein Mei­nungs­for­schungs­in­sti­tut, be­schäftigte Te­le­fo­nin­ter­viewer auf frei­be­ruf­li­cher Ba­sis. Den In­ter­view­ern stand da­bei ein Te­le­fon­ar­beits­platz im In­sti­tut zur Verfügung. Das Ho­no­rar wurde im We­sent­li­chen da­nach kal­ku­liert, wie viele In­ter­views durch­schnitt­lich je Stunde durch­geführt wur­den, und nach der An­zahl er­folg­reich ab­ge­schlos­se­ner In­ter­views be­mes­sen. Von den ge­zahl­ten Ho­no­ra­ren wur­den we­der So­zi­al­ver­si­che­rungs­beiträge noch Lohn­steu­ern ein­be­hal­ten. Das Fi­nanz­amt nahm das In­sti­tut für Lohn­steuer i.H.v. über ei­ner 500.000 € in Haf­tung.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage teil­weise statt. Die Re­vi­sion zum BFH wurde nicht zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Der Lohn­steu­er­haf­tungs­be­scheid ist in­so­weit rechts­wid­rig und ver­letzt die Kläge­rin in ih­ren Rech­ten, als er den Be­trag von rd. 108.000 € über­steigt.

Das FG hat zwar zu Recht die Ar­beit­neh­merei­gen­schaft der Te­le­fo­nin­ter­viewer be­jaht. Un­abhängig da­von war die Haf­tungs­summe je­doch auf rund ein Fünf­tel des vom Fi­nanz­amt an­ge­setz­ten Steu­er­haf­tungs­be­trags zu re­du­zie­ren. Da die In­ter­viewtätig­keit ty­pi­scher­weise viel­fach von Per­so­nen ohne wei­tere Einkünfte (z.B. Stu­den­ten) als Aus­hilfs- bzw. Ne­bentätig­keit ausgeübt wird, ist an­zu­neh­men, dass bei einem er­heb­li­chen Teil der Ar­beit­neh­mer gar keine Ein­kom­men­steuer an­ge­fal­len wäre bzw. die Zah­lun­gen ord­nungs­gemäß ver­steu­ert wor­den sind.

Außer­dem war die Ar­beit­neh­merei­gen­schaft der eben­falls von der Kläge­rin be­schäftig­ten sog. "Co­die­rer", die Ant­wor­ten nach einem vor­ge­schrie­be­nen Kenn­zah­len­plan ver­schlüssel­ten, zu ver­nei­nen. Diese Per­so­nen wa­ren in Heim­ar­beit tätig und übten da­her eine freiere und ei­gen­ver­ant­wort­li­chere, ge­gen eine Ar­beit­neh­mer­stel­lung spre­chende Tätig­keit aus. Be­reits vor Kla­ge­er­he­bung hatte das Fi­nanz­amt aus dem glei­chen Grund sog. "Face-to-Face-In­ter­viewer", die persönli­che Be­fra­gun­gen von Ziel­per­so­nen durchführ­ten, nicht als Ar­beit­neh­mer an­ge­se­hen.

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