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Festlegungen nach § 6b EnWG für den Strom- und Gasbereich

Die Be­schluss­kam­mern 8 (Net­zent­gelte Strom) und 9 (Net­zent­gelte Gas) der Bun­des­netz­agen­tur (BNetzA) des OLG Düssel­dorf ha­ben mit zwei Fest­le­gun­gen am 25.11.2019 gemäß § 6b Abs. 6 i. V. m. § 29 Abs. 1 EnWG zusätz­li­che Vor­ga­ben für die Er­stel­lung und Prüfung von Jah­res­ab­schlüssen und Tätig­keits­ab­schlüssen ge­genüber ver­ti­kal in­te­grier­ten En­er­gie­ver­sor­gungs­un­ter­neh­men und recht­lich selbständi­gen Netz­be­trei­bern auf­ge­stellt.

Adres­sa­ten der Fest­le­gun­gen sind Un­ter­neh­men nach § 6b Abs. 1 EnWG, die dem Zuständig­keits­be­reich der BNetzA un­ter­lie­gen. Das ist der Fall, wenn über das je­wei­lige Bun­des­land hin­aus­ge­hend ein Ver­sor­gungs­ge­biet vor­liegt und/oder min­des­tens 100.000 Kun­den mit­tel­bar oder un­mit­tel­bar an das Netz an­ge­schlos­sen sind so­wie die Fälle der Or­gan­leihe für den Zuständig­keits­be­reich ein­zel­ner Bun­desländer. Im Hin­blick auf die Or­gan­lei­hen wur­den gleich­lau­tende Fest­le­gun­gen mit ab­wei­chen­den Ak­ten­zei­chen ge­trof­fen.

Hin­weis: Für Ba­den-Würt­tem­berg gel­ten zu­dem die Prüfungs­schwer­punkt-Vor­ga­ben vom 2.6.2015 für be­stimmte Un­ter­neh­men im An­wen­dungs­be­reich der Lan­des­re­gu­lie­rungs­behörde (LRegbBW). Wei­tere Bun­desländer ha­ben (i.d.R.) gleich­lau­tende Fest­le­gun­gen zu den Prüfungs­schwer­punk­ten ge­trof­fen - al­ler­dings mit un­ter­schied­li­chen An­wen­dungs­zeit­punk­ten.

Ver­pflich­tete Un­ter­neh­men nach den Fest­le­gun­gen Strom und Gas sind nach § 6b Abs. 1 EnWG:

  • recht­lich selbstständige Netz­be­trei­ber;
  • ver­bun­dene, ver­ti­kal in­te­grierte En­er­gie­ver­sor­gungs­un­ter­neh­men, die Tätig­kei­ten der Elek­tri­zitätsver­tei­lung und/oder -über­tra­gung bzw. Gas­ver­tei­lung und/oder -fern­lei­tung ausüben;
  • Un­ter­neh­men, wel­che en­er­gie­spe­zi­fi­sche Dienst­leis­tun­gen ge­genüber dem Tätig­keits­be­reich Elek­tri­zitätsüber­tra­gung, -ver­tei­lung, Gas­ver­tei­lung und -fern­lei­tung ei­nes an­de­ren Un­ter­neh­mens er­brin­gen;
  • Un­ter­neh­men, wel­che en­er­gie­spe­zi­fi­sche Dienst­leis­tun­gen ge­genüber dem Tätig­keits­be­reich Elek­tri­zitätsüber­tra­gung, -ver­tei­lung, Gas­ver­tei­lung und -fern­lei­tung ei­nes Un­ter­neh­mens des ver­ti­kal in­te­grier­ten En­er­gie­ver­sor­gungs­un­ter­neh­mens er­brin­gen.

Hin­weis: Ge­schlos­sene Ver­teil­netz­be­trei­ber i. S. d. § 110 EnWG sind von der Fest­le­gung nicht be­trof­fen.

Un­ter en­er­gie­spe­zi­fi­sche Dienst­leis­tun­gen fal­len so­wohl un­mit­tel­bare als auch mit­tel­bare Dienst­leis­tun­gen. Un­mit­tel­bare en­er­gie­spe­zi­fi­sche Dienst­leis­tun­gen stel­len kom­mer­zi­elle, tech­ni­sche oder war­tungs­be­zo­gene Auf­ga­ben dar.

Ge­gen diese BNetzA-Fest­le­gun­gen wur­den Be­schwer­den beim OLG Düssel­dorf ein­ge­reicht. Das OLG Düssel­dorf hat mit meh­re­ren Be­schlüssen die an­ge­foch­te­nen Vor­ga­ben in den Fest­le­gun­gen Strom und Gas der BNetzA bestätigt.

Das OLG Düssel­dorf kam ins­be­son­dere zu dem Schluss, dass die in der je­wei­li­gen Tz. 4 der Fest­le­gun­gen an­ge­ord­nete Ver­pflich­tung, die Jah­res­ab­schlussprüfung um die Prüfung ent­spre­chen­der An­ga­ben und Erläute­run­gen nach den Ten­or­zif­fern 4.1 bis 4.6 zu er­wei­tern, von der Ermäch­ti­gungs­grund­lage in § 6b Abs. 6 i. V. m. § 29 Abs. 1 EnWG um­fasst sei. Ins­be­son­dere be­we­gen sich die den Un­ter­neh­men dort auf­er­leg­ten Pflich­ten im Rah­men der Zweck­be­stim­mung des § 6b EnWG und sind rein tatsäch­lich durchführ­bar. Nach den Be­schlüssen um­fasst die Ermäch­ti­gung der BNetzA auch den Er­lass zusätz­li­cher Be­stim­mun­gen, die den Prüfungs­ge­gen­stand ei­ner Jah­res­ab­schlussprüfung be­tref­fen, wie As­pekte der Rech­nungs­le­gung nach § 6b Abs. 3 EnWG.

Die IDW Stel­lung­nahme zur Rech­nungs­le­gung: Rech­nungs­le­gung nach § 6b EnWG wurde an die Be­schlüsse des OLG Düssel­dorf an­ge­passt. Ins­bes. wurde Tz. 28 zur Zu­ord­nung von en­er­gie­spe­zi­fi­schen Dienst­leis­tun­gen auf die ver­schie­de­nen Tätig­keits­be­rei­che bzw. Tätig­kei­ten über­ar­bei­tet und klar­ge­stellt, dass en­er­gie­spe­zi­fi­sche Dienst­leis­tun­gen, die ein nach § 6b Abs. 1 Satz 1 EnWG ver­pflich­te­tes Un­ter­neh­men ge­genüber dem Tätig­keits­be­reich Elek­tri­zitätsüber­tra­gung bzw. Elek­tri­zitätsver­tei­lung nach § 6b Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 2 EnWG ei­nes ver­bun­de­nen, ver­ti­kal in­te­grier­ten Un­ter­neh­mens er­bringt, auch beim Er­brin­ger der en­er­gie­spe­zi­fi­schen Dienst­leis­tung dem je­wei­li­gen Tätig­keits­be­reich (Elek­tri­zitätsüber­tra­gung bzw. Elek­tri­zitätsver­tei­lung) zu­zu­ord­nen sind. Ent­spre­chen­des gilt für en­er­gie­spe­zi­fi­sche Dienst­leis­tun­gen, die ge­genüber dem Tätig­keits­be­reich Gas­fern­lei­tung bzw. Gas­ver­tei­lung nach § 6b Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 und 4 EnWG er­bracht wer­den.

Der in 2021 ver­ab­schie­dete IDW Prüfungs­stan­dard: Ge­son­derte Prüfung auf­grund der Fest­le­gun­gen der BNetzA nach § 6b Abs. 6 i. V. m. § 29 EnWG berück­sich­tigt eben­falls die ge­nann­ten Be­schlüsse des OLG Düssel­dorf.

Nach­ste­hende Ände­run­gen er­ga­ben sich ge­genüber dem Ent­wurf des IDW Prüfungs­stan­dards (IDW EPS 611):

  • Han­delt es sich nicht um Un­ter­neh­men im Sinne von § 6b Abs. 1 EnWG, un­ter­liegt die­ses nicht den Fest­le­gun­gen.
  • Mit der ge­son­der­ten Prüfung der zusätz­li­chen An­ga­ben und Erläute­rungs­pflich­ten darf nur der Ab­schlussprüfer be­auf­tragt wer­den, der auch den zu­grunde lie­gen­den Jah­res­ab­schluss geprüft hat. Für die Be­auf­tra­gung zur Er­wei­te­rung der Ab­schlussprüfung ist das dem­nach das Ge­sell­schafts­or­gan zuständig (z. B. Auf­sichts­rat, Ge­schäftsführung), das auch für die Er­tei­lung des Prüfungs­auf­trags zur Jah­res­ab­schlussprüfung zuständig ist. D.h., so­fern der Auf­sichts­rat für die Be­auf­tra­gung der Jah­res­ab­schlussprüfung zuständig ist, ist auch die ge­son­derte Prüfung vom Auf­sichts­rat zu be­auf­tra­gen.
  • Nach IDW RS ÖFA 2, Tz. 46 kann bei der erst­ma­li­gen Auf­stel­lung von Tätig­keits­ab­schlüssen nach dem EnWG von der An­gabe der Vor­jah­res­zah­len ab­ge­se­hen wer­den, den­noch wer­den in die­sen Fällen Eröff­nungs­bi­lanz­werte benötigt. Da­her wer­den wei­ter­hin An­la­gen­git­ter und Rück­stel­lungs­spie­gel auf­ge­stellt wer­den müssen.

Nach Tz. 4.1 der Fest­le­gun­gen wird eine Über­sicht von ver­bun­de­nen ver­ti­kal in­te­grier­ten En­er­gie­ver­sor­gungs­un­ter­neh­men, die ge­genüber dem je­wei­li­gen Tätig­keits­be­reich Dienst­leis­tun­gen er­brin­gen und/oder Netz­in­fra­struk­tur über­las­sen ge­for­dert. Diese An­for­de­rung muss aus Sicht des EFA nicht von recht­lich selbstständi­gen Netz­be­trei­bern erfüllt wer­den, die nicht mit einem ver­ti­kal in­te­grier­ten En­er­gie­ver­sor­gungs­un­ter­neh­men ver­bun­den sind.

Der En­er­gie­fach­aus­schuss des IDW (EFA) hat mit Ver­tre­tern des Bun­des­ver­bands der En­er­gie- und Was­ser­wirt­schaft e.V., Ber­lin (BDEW) und der BNetzA die Frage erörtert, ob ein Un­ter­neh­men, wel­ches we­der ein ver­ti­kal in­te­grier­tes En­er­gie­ver­sor­gungs­un­ter­neh­men ist, noch zu ei­ner Gruppe von Elek­tri­zitäts- oder Gas­un­ter­neh­men i. S. d. § 3 Nr. 38 EnWG ver­bun­den ist, son­dern le­dig­lich ein Elek­tri­zitäts- oder Gas­netz ver­pach­tet (sog. Stand-alone-Verpächter) in den An­wen­dungs­be­reich des § 6b EnWG fällt. Der EFA ist der Auf­fas­sung, dass sol­che Stand-alone-Verpächter we­der in den An­wen­dungs­be­reich von § 6b EnWG noch in den An­wen­dungs­be­reich der BNetzA fal­len.

Hin­weis: Es ist eine kom­plette Neu­fas­sung des IDW RS ÖFA 2 vor­ge­se­hen. Ins­be­son­dere soll die Ände­rung des EnWG durch das Ge­setz zur Um­set­zung uni­ons­recht­li­cher Vor­ga­ben und zur Re­ge­lung rei­ner Was­ser­stoff­netze im En­er­gie­wirt­schafts­recht (§ 28k EnWG) und zur buch­hal­te­ri­schen Ent­flech­tung des mo­der­nen und in­tel­li­gen­ten Mess­stel­len­be­trieb nach § 3 Abs. 4 MsbG auf­ge­nom­men wer­den.

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