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Wirtschaftsprüfung

Corporate Sustainability Reporting Directive: Zeitgewinn nutzen und jetzt robuste Prozesse aufsetzen

Am 21.06.2022 er­ziel­ten der Rat der Eu­ropäischen Union und das Eu­ropäische Par­la­ment eine vorläufige po­li­ti­sche Ei­ni­gung zur Über­ar­bei­tung der ge­setz­li­chen Vor­ga­ben zur nicht­fi­nan­zi­el­len Be­richt­er­stat­tung in der EU, die Cor­po­rate Sus­tai­na­bi­lity Re­por­ting Di­rec­tive (CSRD). Die Richt­li­nie sieht eine deut­li­che Aus­wei­tung des Krei­ses der be­richts­pflich­ti­gen Un­ter­neh­men so­wie eine grund­le­gende Über­ar­bei­tung der Be­richts­in­halte in Form ver­pflich­ten­der Stan­dards für die Nach­hal­tig­keits­be­richt­er­stat­tung vor. Zwar wurde der ur­sprüng­li­che Zeit­plan, der eine Erst­an­wen­dung ab 2023 vor­sah, ver­scho­ben. Auf­grund des Um­fangs und der Kom­ple­xität der Be­richt­er­stat­tung sollte die­ser Auf­schub al­ler­dings vor al­lem von Erst­be­richt­er­stat­tern ge­nutzt wer­den, um recht­zei­tig ro­buste Pro­zesse zur Er­he­bung der An­ga­ben auf­zu­set­zen.

Hintergrund und Ziele

Grund­le­gen­des Ziel der CSRD ist die Erhöhung der Re­chen­schafts­pflicht eu­ropäischer Un­ter­neh­men in Be­zug auf Nach­hal­tig­keits­as­pekte. Erst­mals wird es dazu ver­bind­li­che Be­richts­stan­dards mit ei­ner star­ken Quan­ti­fi­zie­rung ge­ben. Im Kon­text des EU Green Deals soll die Schaf­fung von Trans­pa­renz in der Nach­hal­tig­keits­leis­tung - ins­be­son­dere auch von nicht-ka­pi­tal­markt­ori­en­tier­ten Un­ter­neh­men - dazu führen, dass Fi­nanz­markt­ak­teure ihre Ka­pi­tal­ströme in nach­hal­ti­gere Wirt­schafts­zweige um­len­ken. Diese Um­len­kung soll zur Er­rei­chung der eu­ropäischen Nach­hal­tig­keits­ziele bei­tra­gen.

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Anwendungskreis auf rund 15.000 Unternehmen ausgeweitet

Während die Non-Fi­nan­cial Re­por­ting Di­rec­tive (NFRD) le­dig­lich große ka­pi­tal­markt­ori­en­tierte Un­ter­neh­men, Kre­dit­in­sti­tute und Ver­si­che­run­gen mit mehr als durch­schnitt­lich 500 Mit­ar­bei­ten­den be­trifft, soll durch die CSRD eine deut­li­che Er­wei­te­rung des An­wen­dungs­krei­ses er­fol­gen. Ab dem Ge­schäfts­jahr mit Be­ginn am oder nach dem 01.01.2024 (Veröff­ent­li­chung 2025) er­setzt die CSRD die NFRD und legt zunächst den­sel­ben An­wen­der­kreis zu Grunde. Ab dem Ge­schäfts­jahr 2025 (Veröff­ent­li­chung 2026) sol­len sämt­li­che große Un­ter­neh­men, un­abhängig von der Ka­pi­tal­markt­ori­en­tie­rung, von der Ver­ord­nung be­trof­fen sein. Im dar­auf­fol­gen­den Ge­schäfts­jahr wird der Kreis der be­trof­fe­nen Un­ter­neh­men auf ka­pi­tal­markt­ori­en­tierte KMU, kleine, nicht-kom­plexe Kre­dit­in­sti­tute so­wie fir­men­ei­gene Ver­si­che­rungs­un­ter­neh­men er­wei­tert. Ka­pi­tal­markt­ori­en­tierte KMU er­hal­ten hier­bei die Möglich­keit ei­nes Auf­schubs bis zum Ge­schäfts­jahr 2028. Dann er­folgt auch eine Aus­wei­tung auf Nicht-EU-Un­ter­neh­men, die mehr als 150 Mio. Euro Net­to­um­satz in der EU er­wirt­schaf­ten und min­des­tens eine Toch­ter­ge­sell­schaft oder Zweig­nie­der­las­sung in der EU ha­ben.

Hin­weis: Toch­ter­un­ter­neh­men er­fah­ren eine Be­frei­ung von der Be­richts­pflicht mit Aus­nahme großer ka­pi­tal­markt­ori­en­tier­ter Toch­ter­un­ter­neh­men. Eine Be­richt­er­stat­tung für ein­zelne Toch­ter­un­ter­neh­men hat trotz­dem zu er­fol­gen, wenn si­gni­fi­kante Un­ter­schiede in de­ren Ri­si­ken und Aus­wir­kun­gen im Ver­gleich zum Ge­samt­kon­zern be­ste­hen.

Formale und inhaltliche Anforderungen

Die Nach­hal­tig­keits­be­richt­er­stat­tung ist in einem ge­son­der­ten Ab­schnitt des La­ge­be­richts vor­zu­neh­men und da­her ge­mein­sam mit die­sem of­fen­zu­le­gen. Die Nach­hal­tig­keits­an­ga­ben un­ter­lie­gen den Vor­ga­ben zum ESEF-Tag­ging des La­ge­be­richts.

Die Be­richts­in­halte wer­den in der CSRD selbst und in ergänzen­den Be­richts­stan­dards („Eu­ro­pean Sus­tai­na­bi­lity Re­por­ting Stan­dards“ - ESRS) spe­zi­fi­ziert. Grundsätz­lich um­fas­sen die In­halte ne­ben qua­li­ta­ti­ven auch quan­ti­ta­tive An­ga­ben.

Die CSRD selbst for­dert un­ter an­de­rem fol­gende In­for­ma­tio­nen:

    • Be­schrei­bung von Ge­schäfts­mo­dell und Stra­te­gie mit Blick auf ver­schie­dene Nach­hal­tig­keits­as­pekte, etwa in Be­zug auf das 1,5 °C-Ziel zum Kli­ma­schutz
    • Nach­hal­tig­keits­ziele und ‑po­li­tik so­wie Zuständig­kei­ten der Or­gane und Ri­si­ken
    • Wert­schöpfungs­kette: Um­set­zung nach­hal­tig­keits­be­zo­ge­ner Sorg­falts­pflich­ten im Zu­sam­men­hang mit der Lie­fer­kette.

 

Auf­grund des Um­fangs der An­ga­be­pflich­ten und dem da­mit ver­bun­de­nen Auf­wand bil­ligt der eu­ropäische Ge­setz­ge­ber da­bei KMU eine Re­du­zie­rung der An­ga­ben zu.

European Sustainability Reporting Standards

Ne­ben den be­reits im Richt­li­ni­en­text spe­zi­fi­zier­ten In­hal­ten sol­len durch die ESRS, für de­ren Er­stel­lung die EU-Kom­mis­sion die Eu­ro­pean Fi­nan­cial Re­por­ting Ad­vi­sory Group (EFRAG) man­da­tiert hat, ver­bind­li­che Be­richts­stan­dards ge­schaf­fen wer­den. Die ESRS wer­den dann als de­le­gierte Rechts­akte ver­ab­schie­det und sind di­rekt für be­trof­fene Un­ter­neh­men ver­bind­lich. Die An­fang 2022 von der EFRAG veröff­ent­lich­ten Stan­dar­dentwürfe um­fas­sen hier­bei zwei sog. Cross-Cut­ting-Stan­dards mit all­ge­mei­nen An­for­de­run­gen so­wie elf the­men­spe­zi­fi­sche sek­torüberg­rei­fende Stan­dards, fünf zum Be­reich Um­welt, vier zu So­zia­lem und zwei zur Un­ter­neh­mensführung („Go­ver­nance“). Sie ent­hal­ten de­tail­lierte Vor­ga­ben zu Stra­te­gie, Um­set­zung (Re­ge­lun­gen, Ziele und Maßnah­men) und Leis­tungs­mes­sung.

Für die Er­mitt­lung der be­richts­pflich­ti­gen In­halte wird eine dop­pelte We­sent­lich­keit zu Grunde ge­legt: So­wohl Aus­wir­kun­gen des Un­ter­neh­mens auf Nach­hal­tig­keits­as­pekte („In­side-out“) als auch die Aus­wir­kun­gen von Nach­hal­tig­keits­as­pek­ten auf das Un­ter­neh­men („Out­side-In“) sind zu berück­sich­ti­gen.

Hin­weis: Wei­tere sek­tor­spe­zi­fi­sche Stan­dards sind darüber hin­aus in Ar­beit.

Zusammenspiel zwischen CSRD und EU-Taxonomie

Seit Ge­schäfts­jah­ren mit Be­ginn am 01.01.2021 sind die meis­ten Un­ter­neh­men, die un­ter den An­wen­dungs­kreis der NFRD fal­len, durch die Ta­xo­no­mie Ver­ord­nung (EU) 2020/852 vom 18.06.2020 dazu ver­pflich­tet, in ih­rer nicht­fi­nan­zi­el­len Be­richt­er­stat­tung quan­ti­ta­tive An­ga­ben zu nach­hal­ti­gen Wirt­schaftstätig­kei­ten zu ma­chen. An­ga­be­pflich­tig sind ins­be­son­dere der An­teil vom Um­satz, die In­ves­ti­tio­nen („Ca­pEx“) und Be­triebs­aus­ga­ben („OpEx“), die in Ver­bin­dung mit nach­hal­ti­gen („ta­xo­no­mie­kon­for­men“) Wirt­schaftstätig­kei­ten ste­hen.

Durch die CSRD wer­den alle Un­ter­neh­men, die un­ter ih­ren An­wen­dungs­kreis fal­len, zur Be­richt­er­stat­tung gemäß Ta­xo­no­mie Ver­ord­nung ver­pflich­tet, die - zu­sam­men mit den ergänzen­den de­le­gier­ten Rechts­ak­ten - die In­halte de­fi­niert.

Prüfungspflicht

Die Nach­hal­tig­keits­be­richt­er­stat­tung un­ter­liegt zukünf­tig ei­ner ex­ter­nen Prüfungs­pflicht. Diese ist zunächst für eine Prüfung mit be­grenz­ter Si­cher­heit („li­mited as­surance“) vor­ge­se­hen, die Er­wei­te­rung auf eine Prüfung mit hin­rei­chen­der Si­cher­heit („re­ason­able as­surance“) ana­log zur Ab­schlussprüfung ist mit­tel­fris­tig be­reits an­gekündigt.

Weiterer Gesetzgebungsprozess

So­bald die Richt­li­nie fi­nal auf EU-Ebene ver­ab­schie­det wurde, sind die Mit­glieds­staa­ten ver­pflich­tet, die Vor­ga­ben in­ner­halb von 18 Mo­na­ten in na­tio­na­les Recht zu überführen. Eine Ver­ab­schie­dung der sek­torüberg­rei­fen­den Stan­dards ist ak­tu­ell bis zum 30.06.2023 vor­ge­se­hen. Die Ver­ab­schie­dung der sek­tor­spe­zi­fi­schen ESRS so­wie für Nicht-EU-Un­ter­neh­men folgt vor­aus­sicht­lich 2024.

Was jetzt zu tun ist

Auf­grund der großen Kom­ple­xität von ESRS und Ta­xo­no­mie soll­ten sich Un­ter­neh­men frühzei­tig auf die erst­ma­lige An­wen­dung vor­be­rei­ten.

Hierzu gehören eine Be­trof­fen­heits­ana­lyse und die Be­stim­mung von Zuständig­kei­ten im Un­ter­neh­men. Im An­schluss bie­tet sich eine mo­du­lare Aus­ein­an­der­set­zung mit den in­halt­li­chen An­for­de­run­gen an, um frühzei­tig Struk­tu­ren und ro­buste Pro­zesse für die Er­mitt­lung der qua­li­ta­ti­ven und quan­ti­ta­ti­ven An­ga­ben zu eta­blie­ren. Dazu ist eine We­sent­lich­keits­ana­lyse für die Iden­ti­fi­zie­rung der re­le­van­ten The­men durch­zuführen.

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