Viele der Vereinfachungen und Maßnahmen, die in diesem Scheiben aufgeführt sind, sind bereits aus anderen sog. „Katastrophenerlassen“ bekannt. Das Schreiben gilt zunächst für alle Unterstützungsleistungen, die vom 24.02.2022 bis zum 31.12.2022 durchgeführt werden.
Hinweis: Wie in früheren Fällen ist davon auszugehen, dass die Maßnahmen verlängert werden, solange die Krisensituation andauert.
Die Regelungen betreffen sowohl die ertragsteuerliche und umsatzsteuerliche Beurteilung der Mittelverwendung steuerbegünstigter Körperschaften und juristischer Personen des öffentlichen Rechts. Wir haben aber auch die Maßnahmen, die nicht gemeinnützige Unternehmen oder Arbeitnehmer betreffen dargestellt, um Sie möglichst umfassend zu informieren.
Vereinfachter Zuwendungsnachweis
Bei Spenden zugunsten der vom Krieg in der Ukraine Geschädigten, die bis zum 31.12.2022 an eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts, eine inländische öffentliche Dienststelle oder einen inländischen amtlich anerkannten Verband der freien Wohlfahrtspflege einschließlich seiner Mitgliedsorganisationen geleistet werden, wird statt einer Zuwendungsbestätigung der Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung eines Kreditinstitutes (z. B. Kontoauszug, Lastschrifteinzugsbeleg oder der PC-Ausdruck bei Online-Banking) als Nachweis anerkannt. Dies gilt bei Zahlung auf ein von den betreffenden öffentlich-rechtlichen Organisationen eingerichtetes Sonderkonto, aber auch schon im Vorfeld bis zur Einrichtung eines solchen Sonderkontos bei Zahlung auf ein bestehendes Konto.
Wird die Zuwendung über ein als Treuhandkonto geführtes Konto eines Dritten auf eines der genannten Sonderkonten eingezahlt, genügt als Nachweis der Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung des Kreditinstituts des Zuwendenden zusammen mit einer Kopie des Bareinzahlungsbelegs oder der Buchungsbestätigung des Kreditinstituts des Dritten (§ 50 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStDV). Die Zuwendung muss von dem Dritten weitergeleitet werden. Zudem ist dem Zuwendungsempfänger eine Liste mit den einzelnen Zuwendenden und ihrem jeweiligen Anteil an der Zuwendungssumme auszuhändigen (§ 50 Abs. 5 EStDV). Die für den Nachweis jeweils erforderlichen Unterlagen sind vom Zuwendenden auf Verlangen der Finanzbehörde vorzulegen und im Übrigen bis zum Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe der Steuerfestsetzung aufzubewahren (§ 50 Abs. 8 EStDV).
Sonderaktionen steuerbegünstigter gemeinnütziger Körperschaften
Auch steuerbegünstigte gemeinnützige Körperschaften, die nicht mildtätige oder andere für die humanitäre Hilfe geeignete Zwecke verfolgen oder die regional gebunden sind, können nach dem Erlass Mittel aus einer Sonderaktionen für die Unterstützung der vom Krieg Geschädigten ohne entsprechende Änderung ihrer Satzung unmittelbar selbst für den in der Sonderaktion angegebenen Zweck verwenden. In entsprechender Anwendung der Nr. 12 des AEAO zu § 53 AO kann bei vom Krieg in der Ukraine Geschädigten auf den Nachweis der Hilfebedürftigkeit verzichtet werden.
Außerdem ist die Mittelweiterleitung an eine steuerbegünstigte Körperschaft, die mildtätige Zwecke verfolgt, oder an eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. eine inländische öffentliche Dienststelle zur Unterstützung der vom Krieg in der Ukraine Geschädigten nach § 58 Nr. 1 AO zulässig. Die steuerbegünstigte Einrichtung, die die Spenden gesammelt hat, bescheinigt in diesen Fällen dem Zuwendenden die Spende, wobei in der Zuwendungsbestätigung auf die Sonderaktion hinzuweisen ist.
Abweichend vom Grundsatz, dass steuerbegünstigte Körperschaften Mittel, die sie zur Verwirklichung ihrer satzungsmäßigen Zwecke erhalten hat, nicht für andere Zwecke verwenden darf, ist es ausnahmsweise auch unschädlich für die Steuerbegünstigung der Körperschaft, wenn sie sonstige bei ihr vorhandene Mittel, die keiner anderweitigen Bindungswirkung unterliegen, ohne Änderung der Satzung zur unmittelbaren Unterstützung der vom Krieg in der Ukraine Geschädigten einsetzt.
Hinweis: Zuwendungen, die eine Körperschaft unter einer Auflage erhalten hat, z. B. weil sie aus einer Spendensammelaktion für ein bestimmtes Projekt stammen, können hierfür demgegenüber nicht verwendet werden.
Erleichterte Überlassung von Personal und Räumlichkeiten
Die Erleichterung gilt auch für die Überlassung von Personal und von Räumlichkeiten. In entsprechender Anwendung der Nr. 12 des AEAO zu § 53 AO kann bei vom Krieg in der Ukraine Geschädigten auf den Nachweis der Hilfebedürftigkeit verzichtet werden. Die Weiterleitung vorhandener Mittel an andere steuerbegünstigte Körperschaften ist nach Maßgabe des § 58 Nr. 1 AO zulässig.
Von besonderer Bedeutung sind die Regelungen zur vorübergehenden Unterbringung von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine. Hier ist zwischen der Unterbringung in Einrichtungen steuerbegünstigter Körperschaften oder in Einrichtungen, die zum Vermögensbereich einer juristischen Person des öffentlichen Rechts gehören, zu unterscheiden.
Erfolgt die vorübergehende Unterbringung in Einrichtungen, die ausschließlich dem satzungsmäßigen Zweck einer Körperschaft dienen, einschließlich der Zweckbetriebe und der Vermögensverwaltung, gelten die für die vorherigen Leistungen dieser Einrichtung anzuwendenden besonderen steuerlichen Vorschriften weiter. Dies gilt z. B. bei Umsatzsteuerbefreiungen nach § 4 Nr. 18, 23 bzw. 24 UStG oder Ermäßigung des Umsatzsteuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG.
Erfolgt eine entgeltliche vorübergehende Unterbringung in einer zum Vermögensbereich einer juristischen Person des öffentlichen Rechts gehörenden Einrichtungen, ist sie ohne weitere Prüfung dem hoheitlichen Bereich zuzuordnen. Gehört die Einrichtung, in der die entgeltliche Unterbringung erfolgt, zu einem BgA, richtet sich die steuerliche Behandlung grundsätzlich nach den allgemeinen steuerlichen Vorschriften. Aus Billigkeitsgründen führt die vorübergehende Nutzung von zu einem BgA gehörenden Betriebsvermögen zugunsten der vom Krieg Geschädigten nicht zu einer gewinnwirksamen Überführung ins Hoheitsvermögen und somit auch nicht zur Aufgabe des BgA. Für die Zeitspanne bis zur (Wieder-) Nutzung der Unterbringungsmöglichkeit zu ihrem ursprünglichen Zweck (z. B. als Sporthalle) ist das Einkommen des BgA aber insoweit mit Null anzusetzen. Ein tatsächlicher Verlustausgleich des BgA durch die juristische Person des öffentlichen Rechts ist nicht als Zugang zum steuerlichen Einlagekonto zu behandeln.
Sponsoringmaßnahmen
Auch Sponsoringmaßnahmen können in Zusammenhang mit der Hilfe für die vom Krieg in der Ukraine Geschädigten zwischen steuerbegünstigten Körperschaften und Unternehmen vereinbart werden. Sofern ein Unternehmen auch wirtschaftliche Vorteile durch die Aufwendungen anstrebt, können diese auch als umsatzsteuerpflichtiges Sponsoring nach Maßgaben des BMF-Schreibens vom 18.02.1998 (BStBl. I S. 212) zum Betriebsausgabenabzug zugelassen werden.
Arbeitslohnspenden
Wie bereits in früheren Katastrophenerlassen, sind auch wieder sog. Arbeitslohnspenden geregelt. Verzichten Arbeitnehmer auf die Auszahlung von Teilen des Arbeitslohns oder auf Teile eines angesammelten Wertguthabens zugunsten einer steuerfreien Beihilfe und Unterstützung des Arbeitgebers an vom Krieg in der Ukraine geschädigte Arbeitnehmer des Unternehmens oder Arbeitnehmer von Geschäftspartnern, bleiben diese Lohnteile bei der Feststellung des steuerpflichtigen Arbeitslohns außer Ansatz, wenn der Arbeitgeber die Verwendungsauflage erfüllt und dies dokumentiert. Unter den Begriff des Unternehmens fallen auch mit dem Arbeitgeber verbundene Unternehmen i. S. d. § 15 AktG. Gleiches gilt auch bei Arbeitslohnspenden zugunsten einer Zahlung des Arbeitgebers auf ein Spendenkonto einer spendenempfangsberechtigten Einrichtung.
Hinweis: Die Regelung erfasst auch die teilweise Lohnverwendung eines Beamten, Richters, Soldaten oder Tarifbeschäftigten auf den gesetzlich oder tarifvertraglich zustehenden Arbeitslohn, wenn der Arbeitgeber die Verwendungsauflage erfüllt und dies dokumentiert.
Der außer Ansatz bleibende Arbeitslohn ist im Lohnkonto aufzuzeichnen (§ 4 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 LStDV). Hierauf kann verzichtet werden, wenn stattdessen der Arbeitnehmer seinen Verzicht schriftlich erteilt hat und diese Erklärung zum Lohnkonto genommen worden ist. Der außer Ansatz bleibende Arbeitslohn ist nicht in der Lohnsteuerbescheinigung (§ 41b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 EStG) anzugeben.
Hinweis: Die steuerfrei belassenen Lohnteile dürfen allerdings in der Einkommensteuerveranlagung nicht als Spende berücksichtigt werden, weil die steuerliche Nutzung bereits durch die Freistellung erfolgt ist.
Erleichterungen bei der Umsatzsteuer
Auch im Rahmen der Umsatzsteuer werden durch das BMF Erleichterungen gewährt. Stellen steuerbegünstigte Körperschaften entgeltlich Personal, Räumlichkeiten, Sachmittel oder andere Leistungen in Bereichen zur Verfügung, die für die Bewältigung der Auswirkungen und Folgen des Krieges in der Ukraine notwendig sind, können diese Leistungen sowohl ertragsteuerlich als auch umsatzsteuerlich dem Zweckbetrieb i. S. d. § 65 AO zugeordnet werden.
Dies gilt unabhängig davon, welchen steuerbegünstigten Zweck die jeweilige Körperschaft, die Personal, Räumlichkeiten, Sachmittel oder andere Leistungen zur Verfügung stellt, satzungsmäßig verfolgt. Ist die Überlassung von Sachmitteln, Räumen sowie von Personal umsatzsteuerbar, sind diese unter den weiteren Voraussetzungen des § 4 Nr. 14, 16, 18, 23 und 25 UStG als eng verbundene Umsätze umsatzsteuerfrei, soweit diese zwischen steuerbegünstigten Einrichtungen erfolgen, deren Umsätze jeweils nach derselben Vorschrift befreit sind.
Hinweis: Es wird nicht beanstandet, dass umsatzsteuerliche Vorschriften (z. B. Umsatzsteuerbefreiungen nach § 4 Nr. 18, 23, 24 bzw. 25 UStG oder Umsatzsteuerermäßigungen nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG), die auf vergleichbare Leistungen der jeweiligen Einrichtung an andere Leistungsempfänger (z. B. Obdachlose) bereits Anwendung finden, auch auf Leistungen dieser Einrichtung, die der Betreuung und Versorgung von Kriegsflüchtlingen dienen, angewendet werden, wenn Entgelte dafür aus öffentlichen Kassen oder von anderen steuerbegünstigten Körperschaften gezahlt werden.
Pragmatisch geregelt wurde die unentgeltliche Bereitstellung von Gegenständen oder auch Personal für humanitäre Zwecke durch Unternehmen, wenn diese an Einrichtungen, die einen unverzichtbaren Einsatz zur Bewältigung der Auswirkungen und Folgen bei den vom Krieg in der Ukraine Geschädigten leisten, erfolgt. Hier werden insbesondere Hilfsorganisationen, Einrichtungen für geflüchtete Menschen und zur Versorgung Verwundeter sowie weitere öffentliche Institutionen, genannt. Die unentgeltlichen Wertabgabe muss im Billigkeitswege nicht versteuert werden. Auch wenn ein Unternehmer bereits beim Leistungsbezug, die Leistungen ausschließlich und unmittelbar für die genannten Zwecke zu verwenden beabsichtigt, sind die entsprechenden Vorsteuerbeträge unter den übrigen Voraussetzungen des § 15 UStG im Billigkeitswege entgegen Abschn. 15.15 Abs. 1 UStAE abzugsfähig.
Bei Nutzungsänderungen von Räumlichkeiten von Unternehmen der öffentlichen Hand wird ebenfalls aus sachlichen Billigkeitsgründen von der Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe nach § 3 Abs. 9a UStG und einer Vorsteuerkorrektur nach § 15a UStG abgesehen, wenn und soweit der Sachverhalt in einer unentgeltlichen Nutzung zur Bewältigung der Auswirkungen und Folgen des Kriegs in der Ukraine begründet ist. Diese Regelung ist auch auf Vorsteuern aus laufenden Kosten anzuwenden.
Hinweis: Die Billigkeitsregelung gilt entsprechend für in privater Rechtsform betriebene Unternehmen der öffentlichen Hand.
Von der Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe und einer Vorsteuerkorrektur nach § 15a UStG wird außerdem abgesehen, wenn private Unternehmen Unterkünfte, die für eine umsatzsteuerpflichtige Verwendung vorgesehen waren (Hotelzimmer, Ferienwohnungen o. ä.), unentgeltlich Personen zur Verfügung stellen, die aufgrund des Kriegs in der Ukraine geflüchtet sind. Beabsichtigen diese Unternehmer bereits bei Bezug von Nebenleistungen (Strom, Wasser o. ä.) eine entsprechende unentgeltliche Beherbergung, wird ausnahmsweise unter den oben genannten Bedingungen und den weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG zusätzlich im Billigkeitswege ein entsprechender Vorsteuerabzug gewährt. Die folgende unentgeltliche Wertabgabe wird nach dem vorangegangenen Absatz im Billigkeitswege nicht besteuert.
Schenkungen
Handelt es sich bei den Zuwendungen um Schenkungen, können bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen Steuerbefreiungen nach § 13 ErbStG gewährt werden. Hierunter fallen u. a Zuwendungen an gemeinnützige Körperschaften nach § 13 Abs. 1 Nr. 16 ErbStG und Zuwendungen, die ausschließlich kirchlichen, gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken gewidmet sind, sofern deren Verwendung zu diesem Zweck gesichert ist (§ 13 Abs. 1 Nr. 17 ErbStG).
Abschließende Bewertung
Auch wenn das Schreiben an vielen Stellen Klarheit schafft und steuerliche Erleichterungen bringt, bleiben leider einige Punkte unberücksichtigt, für die in der aktuellen Situation Erleichterungen wünschenswert gewesen wären. So bleiben direkte Spenden an Empfänger in der Ukraine unberücksichtigt. Da die Ukraine nicht Mitglied in der Europäischen Union ist, können außerdem auch keine Spenden an ukrainische, gemeinnützige Organisationen vor Ort steuerlich berücksichtigt werden. Diese können nur in Zusammenarbeit mit steuerbegünstigten Körperschaften mit Sitz in Deutschland bzw. der EU unterstützt werden.