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BGH zu den Voraussetzungen der Teilaufnahme eines gem. § 240 ZPO unterbrochenen Rechtsstreits

Beschluss des BGH vom 27.3.2013 - III ZR 367/12

Die Teil­auf­nahme ei­nes gem. § 240 ZPO un­ter­bro­che­nen Rechts­streits ist in der Re­gel nur möglich, wenn die Ge­fahr ein­an­der wi­der­spre­chen­der Ent­schei­dun­gen in Be­zug auf den auf­ge­nom­me­nen Teil des Rechts­streits und den nicht auf­ge­nom­me­nen Teil aus­ge­schlos­sen ist. Eine sol­che Ge­fahr ist na­ment­lich dann ge­ge­ben, wenn in einem Teil­ur­teil eine Frage ent­schie­den wird, die sich dem Ge­richt im wei­te­ren Ver­fah­ren über an­dere An­sprüche oder An­spruchs­teile noch ein­mal stellt oder stel­len kann.

Der Sach­ver­halt:
Die be­klagte Wirt­schaftsprüfungs­ge­sell­schaft wurde in zwei­ter In­stanz zur Zah­lung von Scha­dens­er­satz i.H.v. rd. 80.500 € nebst (Pro­zess-) Zin­sen an den Kläger we­gen Ver­let­zung vor­ver­trag­li­cher Aufklärungs­pflich­ten im Zu­sam­men­hang mit ei­ner Be­tei­li­gung des Klägers an der C-mbH & Co KG ver­ur­teilt. Das OLG ließ die Re­vi­sion nicht zu. Da­ge­gen legte die Be­klagte Be­schwerde ein. Das beim Se­nat anhängige Be­schwer­de­ver­fah­ren (III ZR 22/10) wurde gem. § 240 S. 2 ZPO da­durch un­ter­bro­chen, dass das AG - In­sol­venz­ge­richt - durch Be­schluss vom 5.8.2010 der Be­klag­ten ein all­ge­mei­nes Verfügungs­ver­bot auf­er­legte. Am 10.12.2010 wurde das In­sol­venz­ver­fah­ren über das Vermögen der Be­klag­ten eröff­net.

Mit Schrift­satz vom 10.2.2011 trat die H-AG auf Sei­ten der Be­klag­ten dem Rechts­streit bei. Im In­sol­venz­ver­fah­ren wi­der­sprach sie als Gläubi­ge­rin der Be­klag­ten der von dem Kläger i.H.v. rd. 100.000 € zur Ta­belle an­ge­mel­de­ten For­de­rung. Ein wei­te­rer Wi­der­spruch wurde - al­ler­dings nur be­tref­fend die zur Ta­belle an­ge­mel­de­ten Zin­sen von rd. 14.000 € und Kos­ten von rd. 8.700 € - vom In­sol­venz­ver­wal­ter er­ho­ben.

Mit Schrift­satz vom 15.11.2012 nahm der Kläger das un­ter­bro­chene Ver­fah­ren ausdrück­lich nur ge­gen die Streit­hel­fe­rin der Be­klag­ten als wi­der­spre­chende Gläubi­ge­rin gem. § 180 Abs. 2 InsO in Höhe des vom In­sol­venz­ver­wal­ter an­er­kann­ten Be­tra­ges von rd. 80.500 € auf. Die­ser Be­trag ent­spricht der dem Kläger vom Be­ru­fungs­ge­richt zu­er­kann­ten Haupt­for­de­rung. Die Streit­hel­fe­rin der Be­klag­ten be­an­tragte mit Schrift­satz vom 17.12.2012 fest­zu­stel­len, dass das Ver­fah­ren wei­ter­hin un­ter­bro­chen ist.

Der BGH stellte fest, dass das Ver­fah­ren wei­ter­hin un­ter­bro­chen ist.

Die Gründe:
Das Ver­fah­ren ist mit der Erklärung des Klägers vom 15.11.2012 nicht wirk­sam auf­ge­nom­men wor­den und da­her wei­ter­hin un­ter­bro­chen.

Eine Teil­auf­nahme ei­nes un­ter­bro­che­nen Rechts­streits ist zwar grundsätz­lich möglich. Vor­lie­gend steht ei­ner wirk­sa­men Ver­fah­ren­sauf­nahme je­doch ent­ge­gen, dass über den vom Kläger auf­ge­nom­me­nen Teil des Rechts­streits nicht durch ein dem Ge­bot der Wi­der­spruchs­frei­heit von Teil- und Schlus­sur­teil ent­spre­chen­des Teil­ur­teil ent­schie­den wer­den könnte. Nach ständi­ger Recht­spre­chung des BGH darf auch bei grundsätz­li­cher Teil­bar­keit des Streit­ge­gen­stands ein Teil­ur­teil (§ 301 ZPO) nur er­ge­hen, wenn die Ge­fahr ein­an­der wi­der­spre­chen­der Ent­schei­dun­gen aus­ge­schlos­sen ist.

Eine Ge­fahr wi­der­spre­chen­der Ent­schei­dun­gen ist na­ment­lich dann ge­ge­ben, wenn in einem Teil­ur­teil eine Frage ent­schie­den wird, die sich dem Ge­richt im wei­te­ren Ver­fah­ren über an­dere An­sprüche oder An­spruchs­teile noch ein­mal stellt oder stel­len kann. Das gilt auch in­so­weit, als es um die Möglich­keit ei­ner un­ter­schied­li­chen Be­ur­tei­lung von bloßen Ur­teils­ele­men­ten geht, die we­der in Rechts­kraft er­wach­sen noch das Ge­richt nach § 318 ZPO für das wei­tere Ver­fah­ren bin­den. Eine sol­che Ge­fahr ein­an­der wi­der­spre­chen­der Ent­schei­dun­gen ist vor­lie­gend ge­ge­ben.

Das Teil­ur­teils­ver­bot gilt bei Ge­fahr ein­an­der wi­der­spre­chen­der Ent­schei­dun­gen zwar nicht aus­nahms­los. Es hat zurück­zu­tre­ten, wenn der An­spruch ei­ner Pro­zess­par­tei auf ef­fek­ti­ven Rechts­schutz über­wiegt. Bei der vor­lie­gen­den Kon­stel­la­tion han­delt es sich al­ler­dings nicht um einen sol­chen Aus­nah­me­fall, in dem trotz der be­ste­hen­den Ge­fahr ei­ner ab­wei­chen­den Ent­schei­dung ein Teil­ur­teil zulässig wäre.

Link­hin­weis:
  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf den Web­sei­ten des BGH veröff­ent­licht.
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