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BGH: Hersteller müssen nicht jeder abstrakten Gefahr durch vorbeugende Maßnahmen begegnen

Urteil des BGH vom 5.2.2013 - VI ZR 1/12

Von einem Her­stel­ler i.S.d. Prod­HaftG kann nicht ver­langt wer­den, für sämt­li­che Fälle ei­nes un­sorgfälti­gen Um­gangs mit dem Pro­dukt, zu dem auch die fach­wid­rige In­stal­la­tion gehören kann, Vor­sorge zu tref­fen. Die be­rech­tigte Si­cher­heits­er­war­tung geht nicht da­hin, dass je­der ab­strak­ten Ge­fahr durch vor­beu­gende Maßnah­men be­geg­net wird.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger hatte im Fe­bruar 2007 in einem Bau­markt ein in China her­ge­stell­tes und von der Be­klag­ten in Eu­ropa ein­geführ­tes Heißwas­ser-Un­ter­tisch­gerät ge­kauft. In der Ge­brauchs­an­wei­sung gab es den Hin­weis, dass die In­stal­la­tion von qua­li­fi­zier­tem Per­so­nal durch­geführt wer­den sollte und das Gerät an eine Nie­der­druck­ar­ma­tur an­ge­schlos­sen wer­den müsse. Vor dem An­schluss an das Strom­ver­sor­gungs­netz sei das Gerät un­be­dingt mit Was­ser zu füllen. Es dürfe außer­dem erst ein­ge­schal­tet wer­den, wenn es vollständig mit Was­ser gefüllt sei.

Der Kläger in­stal­lierte das Heißwas­ser­gerät selbst, wor­auf­hin das Gerät ex­plo­dierte. Der Kläger er­litt Ver­let­zun­gen und nahm die Be­klagte un­ter dem Ge­sichts­punkt der Pro­dukt­haf­tung auf Er­satz ma­te­ri­el­len so­wie im­ma­te­ri­el­len Scha­dens in An­spruch. Das LG wies die Klage ab; das OLG gab ihr dem Grunde nach statt. Auf die Re­vi­sion der Be­klag­ten hob der BGH das Be­ru­fungs­ur­teil auf und wies die Sa­che zur er­neu­ten Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das OLG zurück.

Die Gründe:
Die bis­he­ri­gen Fest­stel­lun­gen des OLG recht­fer­tig­ten Scha­dens­er­satz­an­spruch gem. § 1 Abs. 1 S. 1 Prod­HaftG.

Zwar hat ein Pro­dukt gem. § 3 Abs. 1 Prod­HaftG einen Feh­ler, wenn es nicht die Si­cher­heit bie­tet, die un­ter Berück­sich­ti­gung al­ler Umstände be­rech­tig­ter­weise er­war­tet wer­den kann. Ab­zu­stel­len ist da­bei nicht auf die sub­jek­tive Si­cher­heits­er­war­tung des je­wei­li­gen Be­nut­zers, son­dern ob­jek­tiv dar­auf, ob das Pro­dukt die­je­nige Si­cher­heit bie­tet, die die in dem ent­spre­chen­den Be­reich herr­schende Ver­kehrs­auf­fas­sung für er­for­der­lich hält. Es liegt auch ein Kon­struk­ti­ons­feh­ler vor, wenn das Pro­dukt schon sei­ner Kon­zep­tion nach un­ter dem ge­bo­te­nen Si­cher­heits­stan­dard bleibt. Al­ler­dings konnte dem OLG nicht da­hin­ge­hend ge­folgt wer­den, dass ein feh­ler­freies Pro­dukt so be­schaf­fen sein müsse, dass es die körper­li­che Un­ver­sehrt­heit des Be­nut­zers oder ei­nes Drit­ten nicht ver­letze, was auch dann gelte, wenn das Pro­dukt feh­ler­haft an­ge­schlos­sen wor­den sei.

Die be­rech­tigte Si­cher­heits­er­war­tung geht grundsätz­lich nur da­hin, dass von einem Pro­dukt bei vor­her­seh­ba­rer übli­cher Ver­wen­dung un­ter Be­ach­tung der Ge­brauchs- bzw. In­stal­la­ti­ons­an­lei­tung keine er­heb­li­chen Ge­fah­ren für Leib und Le­ben der Nut­zer oder un­be­tei­lig­ter Drit­ter aus­ge­hen, das Pro­dukt also so kon­zi­piert ist, dass es un­ter Be­ach­tung der In­stal­la­ti­ons- und Ge­brauchs­an­lei­tung bei be­stim­mungs­gemäßem Ge­brauch oder vor­her­seh­ba­rem Fehl­ge­brauch ge­fahr­los be­nutzt wer­den kann. Von dem Her­stel­ler kann da­ge­gen nicht ver­langt wer­den, für sämt­li­che Fälle ei­nes un­sorgfälti­gen Um­gangs mit dem Pro­dukt, zu dem auch die fach­wid­rige In­stal­la­tion gehören kann, Vor­sorge zu tref­fen.

Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Be­ru­fungs­ge­richts ver­mag auch "al­lein die theo­re­ti­sche Möglich­keit", dass durch das Pro­dukt Rechtsgüter an­de­rer ver­letzt wer­den, einen Feh­ler i.S.v. § 3 Prod­HaftG nicht zu begründen. Die be­rech­tigte Si­cher­heits­er­war­tung geht nicht da­hin, dass je­der ab­strak­ten Ge­fahr durch vor­beu­gende Maßnah­men be­geg­net wird. Es kann nicht von je­dem Pro­dukt in je­der Si­tua­tion ab­so­lute Si­cher­heit ver­langt wer­den.

Link­hin­weis:
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