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Fehlende Buchwertübertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften

BFH 10.4.2013, I R 80/12

Ist in der feh­len­den ge­setz­li­chen Möglich­keit ei­ner Buch­wert­fortführung bei Über­tra­gun­gen von Wirt­schaftsgütern zwi­schen be­tei­li­gungs­iden­ti­schen Schwes­ter­per­so­nen­ge­sell­chaf­ten einen Ver­stoß ge­gen den all­ge­mei­nen Gleich­heits­satz des Art. 3 Abs. 1 GG zu se­hen? Diese Ver­fas­sungs­frage hat der BFH dem BVerfG zur Nor­men­kon­trolle vor­ge­legt.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ist eine GmbH, auf die eine GmbH & Co. KG im Streit­jahr 2001 ihr Vermögen im Wege der Ver­schmel­zung durch Auf­nahme un­ter Auflösung ohne Ab­wick­lung nach § 3 Abs. 1 des Um­wand­lungs­ge­set­zes 1995 über­tra­gen hat. Be­reits zu­vor hatte die KG zwei mit einem Fa­brik- und einem Ver­wal­tungs­gebäude be­baute Grundstücke an ihre be­tei­li­gungs­iden­ti­sche Schwes­ter­ge­sell­schaft, eben­falls eine KG, zu einem Kauf­preis i.H.d. Buch­werts von rund 6,9 Mio. DM veräußert. Die Kläge­rin be­an­spruchte in die­sem Zu­sam­men­hang die Über­tra­gung ei­ner von ihr i.H.v. rund 1,6 Mio. DM ge­bil­de­ten sog. Re­inves­ti­ti­onsrück­lage nach Maßgabe von § 6b EStG 1997, für die Ge­wer­be­steuer i.V.m. § 7 S. 1 des Ge­wer­be­steu­er­ge­set­zes 1999.

Das Fi­nanz­amt folgte dem nicht. Es war der An­sicht, in­folge der Grundstücksüber­tra­gung seien stille Re­ser­ven i.H.v. rund 1,6 Mio. DM auf­zulösen. Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Auf die Re­vi­sion des Fi­nanz­am­tes hat der BFH den Rechts­streit aus­ge­setzt und dem BVerfG die Frage zur Ent­schei­dung vor­ge­legt, ob § 6 Abs. 5 S. 3 EStG ge­gen den all­ge­mei­nen Gleich­heits­satz verstößt, weil hier­nach eine Über­tra­gung von Wirt­schaftsgütern zwi­schen be­tei­li­gungs­iden­ti­schen Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten nicht zum Buch­wert möglich ist.

Die Gründe:
Der Se­nat sieht in der feh­len­den ge­setz­li­chen Möglich­keit ei­ner Buch­wert­fortführung bei Über­tra­gun­gen von Wirt­schaftsgütern zwi­schen be­tei­li­gungs­iden­ti­schen Schwes­ter­per­so­nen­ge­sell­chaf­ten einen Ver­stoß ge­gen den all­ge­mei­nen Gleich­heits­satz des Art. 3 Abs. 1 GG.

Nach § 6 Abs. 5 EStG ist bei der Überführung ei­nes Wirt­schafts­guts von einem Be­triebs­vermögen in ein an­de­res Be­triebs­vermögen der sog. Buch­wert des Wirt­schafts­guts an­zu­set­zen, wenn das Wirt­schafts­gut

  • von einem Be­triebs­vermögen in ein an­de­res Be­triebs­vermögen des­sel­ben Steu­er­pflich­ti­gen,
  • aus einem ei­ge­nen Be­triebs­vermögen des Steu­er­pflich­ti­gen in des­sen Son­der­be­triebs­vermögen bei ei­ner Mit­un­ter­neh­mer­schaft und um­ge­kehrt so­wie
  • zwi­schen ver­schie­de­nen Son­der­be­triebs­vermögen des­sel­ben Steu­er­pflich­ti­gen bei ver­schie­de­nen Mit­un­ter­neh­mer­schaf­ten

überführt wird. Wird ein Wirt­schafts­gut von dem Be­triebs­vermögen ei­ner Mit­un­ter­neh­mer­schaft in das Be­triebs­vermögen ei­ner be­tei­li­gungs­iden­ti­schen an­de­ren Mit­un­ter­neh­mer­schaft überführt, sind hin­ge­gen die stil­len Re­ser­ven des Wirt­schafts­guts auf­zu­de­cken.

In Li­te­ra­tur und Recht­spre­chung wird diese un­ter­schied­li­che steu­er­recht­li­che Be­hand­lung viel­fach be­an­stan­det und teil­weise als gleich­heits­wid­rig an­ge­se­hen. Auch in­ner­halb des BFH wird diese Auf­fas­sung ver­tre­ten. Da­bei be­steht Streit darüber, ob sich die ein­ge­for­derte Gleich­be­hand­lung durch Ge­set­zes­aus­le­gung er­rei­chen lässt. Der IV. Se­nat be­jaht eine sol­che Möglich­keit, der I. Se­nat lehnt sie ab.

All­seits wurde er­war­tet, dass die­ser be­reits als "Zoff im BFH" be­kannt ge­wor­dene Streit zu ei­ner sog. Di­ver­genz­an­ru­fung an den Großen Se­nat führen würde. Doch der I. Se­nat hat einen an­de­ren Weg ein­ge­schla­gen. Auch ihn über­zeu­gen nun­mehr die gel­tend ge­mach­ten Gleich­heits­be­den­ken. Da an­ge­sichts der ent­ge­gen­ste­hen­den Re­ge­lung nach wie vor keine Möglich­keit zu se­hen ist, diese Über­zeu­gung mit­tels ei­ner Ge­set­zes­aus­le­gung durch­zu­set­zen, wurde des­we­gen die Ver­fas­sungs­frage dem BVerfG zur Nor­men­kon­trolle vor­ge­legt.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
  • Um di­rekt zum Voll­text zu ge­lan­gen, kli­cken Sie bitte hier.
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