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Unternehmensberatung

Trends im Blick: Die Handelsblatt Journal Redaktion im Gespräch mit Dr. Carsten Nagel

Der Mo­tor der deut­schen Wirt­schaft brummt. Die Zahl der In­sol­ven­zen ist so nied­rig wie nie. Doch es gibt er­ste An­zei­chen für eine Trend­wende. Wie die Ma­nage­ment Con­sul­tants von Eb­ner Stolz da­mit um­ge­hen, verrät Dr. Cars­ten Na­gel im In­ter­view mit dem „Han­dels­blatt Jour­nal“. Außer­dem be­wer­tet er, wie pra­xis­taug­lich der neue Sa­nie­rungs­stan­dard IDW S6 tatsäch­lich ist.

Trends im Blick: Die Handelsblatt Journal Redaktion im Gespräch mit Dr. Carsten Nagel © Thinkstock

Sehr ge­ehr­ter Herr Dr. Na­gel, wel­che ak­tu­el­len Trends se­hen Sie in der Re­struk­tu­rie­rungs­bran­che?

Nach Bewälti­gung der Leh­mann-Pleite er­le­ben wir eine lange Hoch­kon­junk­tur­phase, in der die Zahl der In­sol­ven­zen und Re­struk­tu­rie­run­gen auf ein his­to­ri­sches Tief ge­sun­ken ist. Nun ver­dich­ten sich die Zei­chen für eine Trend­wende. Auch des­we­gen ha­ben wir un­ser Re­struk­tu­rie­rungs­team verstärkt, zu­letzt mit Mar­kus Mühlen­bruch und Dr. Tho­mas Fuchs in un­se­rem Stutt­gar­ter Büro. Wenn die Fall­zah­len lang­sam wie­der stei­gen, wird es span­nend, wie sich dies auf die Re­struk­tu­rie­rungs­pra­xis der Ban­ken aus­wirkt. Denn da ihre In­ten­sive-Care-Ab­tei­lun­gen in den letz­ten Jah­ren we­nig zu tun hat­ten, ha­ben sie diese im Zuge der all­ge­mei­nen Kon­so­li­die­rung ver­klei­nert. Nun hören wir aus Ban­ken­krei­sen zu­neh­mend, dass es künf­tig an Ka­pa­zitäten feh­len wird. Ge­rade in klei­ne­ren Fällen wer­den dann ex­terne Be­ra­ter für bis­lang ori­ginäre Ban­ken­auf­ga­ben hin­zu­ge­zo­gen, z. B. die Si­cher­hei­ten­poolführung. Das könnte sich nach­tei­lig auf die be­trof­fe­nen Un­ter­neh­men aus­wir­ken.

Können Sie dies ein we­nig ausführen?

Er­fah­rungs­gemäß wird der Brei durch viele Köche nicht bes­ser: Je mehr Par­teien in­vol­viert sind, desto mehr Rei­bungs­punkte ent­ste­hen und desto größer ist das Ri­siko für Miss­verständ­nisse und In­ter­es­sen­kon­flikte. Wenn dann die Ban­ken aus Ka­pa­zitätsgründen eine pas­si­vere Rolle spie­len und – was ich persönlich für wahr­schein­lich halte – auch die Be­reit­schaft zum NPL-Han­del wie­der zu­nimmt, stei­gen die Kom­ple­xität und die Kos­ten für „Be­ra­ter al­ler Art“. Zu­dem dau­ert al­les länger. Es würde mich nicht über­ra­schen, wenn der An­teil außer­ge­richt­li­cher Sa­nie­run­gen sinkt.

Der neue Sa­nie­rungs­stan­dard IDW S6 ist nun seit ei­ni­gen Wo­chen final veröff­ent­licht. Wie schätzen Sie die Pra­xis­taug­lich­keit ein?

Bern­hard Stef­fan, mein Part­ner­kol­lege bei Eb­ner Stolz, hat als Vor­sit­zen­der des IDW-Fach­aus­schus­ses „Sa­nie­rung und In­sol­venz“ die Neu­fas­sung maßgeb­lich mit­ge­stal­tet. Da­mit ist auch die ge­sam­melte Pra­xis­er­fah­rung von Eb­ner Stolz in den Pro­zess ein­ge­flos­sen. Persönlich be­werte ich die No­velle po­si­tiv. Sie bringt mehr Klar­heit bzgl. der für die Be­ur­tei­lung der nach­hal­ti­gen Wett­be­werbsfähig­keit her­an­zu­zie­hen­den KPIs und hat wich­tige ak­tu­elle The­men auf­ge­grif­fen, wie den di­gi­ta­len Rei­fe­grad des Un­ter­neh­mens so­wie die di­gi­tale Ro­bust­heit sei­nes Ge­schäfts­mo­dells. Der Me­ga­trend Di­gi­ta­li­sie­rung be­ein­flusst viele Un­ter­neh­men im­mens bis hin zur Dis­rup­tion; viele an­dere sind nur mar­gi­nal be­trof­fen. In­so­fern be­darf es ei­ner sehr dif­fe­ren­zier­ten Be­trach­tung. Es gibt aber auch Stim­men, die Di­gi­ta­li­sie­rung im S6-Kon­text für über­be­tont hal­ten – und dem kann ich durch­aus et­was ab­ge­win­nen. Denn die Würdi­gung re­le­van­ter Trends war bei der De­fi­ni­tion des Leit­bilds und der Stra­te­gie des sa­nier­ten Un­ter­neh­mens schon im­mer Pflicht – und bei Eb­ner Stolz ge­lebte Pra­xis. Los­gelöst da­von wer­den künf­tig Um­set­zungs­kom­pe­tenz und -ge­schwin­dig­keit pra­xis­na­her Re­struk­tu­rie­rungmaßnah­men durch ein strin­gen­tes Pro­gramm-Ma­nage­ment wich­ti­ger. Denn wenn sich die Märkte im­mer schnel­ler verändern, bleibt Un­ter­neh­men im­mer we­ni­ger Zeit, dar­auf zu rea­gie­ren. Auch des­we­gen gilt es wei­ter­hin, die Rah­men­be­din­gun­gen für Sa­nie­run­gen re­gelmäßig kri­ti­sch zu hin­ter­fra­gen und an ak­tu­elle Ent­wick­lun­gen an­zu­pas­sen.

Hinweis

Die­ses In­ter­view ist im „Han­dels­blatt Jour­nal“ zum Thema „Re­struk­tu­rie­rung & Trans­for­ma­tion“ im Ok­to­ber 2018 er­schie­nen.

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