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Praxiserfahrungen zur steuerlichen Forschungsförderung in Deutschland

Seit 01.01.2020 können Un­ter­neh­men in Deutsch­land eine steu­er­li­che For­schungsförde­rung be­an­tra­gen. Die steu­er­li­che For­schungsförde­rung stellt einen wich­ti­gen Bau­stein in der In­no­va­ti­onsförde­rung dar und soll An­reize für Un­ter­neh­men schaf­fen, in For­schung und Ent­wick­lung zu in­ves­tie­ren.

Gefördert wer­den Pro­jekte in den Be­rei­chen Grund­la­gen­for­schung, in­dus­tri­elle For­schung und ex­pe­ri­men­telle Ent­wick­lung mit einem brei­ten Förder­spek­trum. So ist nicht nur die Ent­wick­lung neuer Pro­dukte, Ver­fah­ren und Dienst­leis­tun­gen begüns­tigt, son­dern un­ter be­stimm­ten Vor­aus­set­zun­gen auch die Ent­wick­lung kom­mer­zi­ell nutz­ba­rer Pro­to­ty­pen und Pi­lot­pro­jekte. Die Förde­rung beträgt 25 % der Per­so­nal­kos­ten für die mit der For­schung und Ent­wick­lung be­schäftig­ten Mit­ar­bei­ter. Bei Un­ter­neh­men, die For­schungs- und Ent­wick­lungs­leis­tun­gen in Auf­trag ge­ben, beläuft sich die For­schungs­zu­lage auf 60 % der Kos­ten für die Auf­trags­for­schung. Mit der steu­er­li­chen For­schungsförde­rung kann eine Steu­er­gut­schrift von jähr­lich bis zu 1 Mio. Euro be­an­tragt wer­den.

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Antragstellung - aber wie?

Das An­trags­ver­fah­ren für die Gewährung der For­schungs­zu­lage ist dop­pel­stu­fig auf­ge­baut. Im ers­ten Schritt müssen Un­ter­neh­men bei ei­ner beim Bun­des­mi­nis­te­rium für Bil­dung und For­schung an­ge­sie­del­ten Stelle, der Be­schei­ni­gungs­stelle For­schungs­zu­lage, eine Be­schei­ni­gung be­an­tra­gen, mit der sie nach­wei­sen können, dass ihr For­schungs­vor­ha­ben die Vor­aus­set­zun­gen für die Gewährung der For­schungs­zu­lage erfüllt. Im zwei­ten Schritt ist nach Ab­lauf des Ge­schäfts­jahrs, in dem der Per­so­nal­auf­wand für das je­wei­lige For­schungs- und Ent­wick­lungs­vor­ha­ben an­ge­fal­len ist, beim Fi­nanz­amt ein An­trag auf Fest­set­zung der For­schungs­zu­lage zu stel­len.

Antrag bei der Bescheinigungsstelle Forschungszulage

Für die Förderfähig­keit ei­nes FuE-Pro­jek­tes ist Vor­aus­set­zung, dass das Vor­ha­ben neu­ar­tig, schöpfe­ri­sch, un­ge­wiss in Be­zug auf das End­er­geb­nis, sys­te­ma­ti­sch so­wie über­trag­bar ist. In­diz für eine Förderfähig­keit ei­nes Vor­ha­bens kann insb. sein, wenn ein Pro­dukt ent­wi­ckelt wird, wel­ches bis­her ver­gleich­bar auf dem Markt noch nicht vor­han­den ist. In­wie­weit ein For­schungs- und Ent­wick­lungs­vor­ha­ben die Förder­kri­te­rien erfüllt, kann am ehes­ten von den im Pro­jekt in­vol­vier­ten Mit­ar­bei­tern be­ur­teilt wer­den, da diese re­gelmäßig die ein­schlägi­gen Pa­tente, Ent­wick­lun­gen von Wett­be­wer­bern etc. be­reits im Blick ha­ben. Nach un­se­ren Er­fah­run­gen soll­ten diese Per­so­nen da­her von An­fang an in den Pro­zess der Be­an­tra­gung der For­schungs­zu­lage ein­ge­bun­den und eine ge­mein­same Be­wer­tung der ein­zel­nen Förder­kri­te­rien vor­ge­nom­men wer­den.

In dem An­trag bei der Be­schei­ni­gungs­stelle For­schungs­zu­lage muss u. a. eine aus­sa­gekräftige und nach­voll­zieh­bare in­halt­li­che Dar­stel­lung des For­schungs- und Ent­wick­lungs­vor­ha­bens er­fol­gen, die auch An­ga­ben zum zeit­li­chen, per­so­nel­len und fi­nan­zi­el­len Um­fang des Pro­jekts enthält. Bei der Prüfung der Begüns­ti­gungsfähig­keit des Vor­ha­bens ori­en­tiert sich die Be­schei­ni­gungs­stelle For­schungs­zu­lage an der All­ge­mei­nen Grup­pen­frei­stel­lungs­ver­ord­nung (AGVO) und den in ihr de­fi­nier­ten For­schungs­ar­ten Grund­la­gen­for­schung, in­dus­tri­elle For­schung oder ex­pe­ri­men­telle Ent­wick­lung.

Hin­weis: Nach den ers­ten Er­fah­rungs­wer­ten sollte bei der in­halt­li­chen Dar­le­gung der For­schungs­vor­ha­ben dar­auf ge­ach­tet wer­den, dass die not­wen­di­gen Kri­te­rien für die Förderfähig­keit des Vor­ha­bens hin­rei­chend kon­kret her­aus­ge­ar­bei­tet und erläutert wer­den. Dies be­trifft insb. die Neu­ar­tig­keit des For­schungs- und Ent­wick­lungs­vor­ha­bens so­wie das Ri­siko/die Unwägbar­keit hin­sicht­lich des Er­geb­nis­ses des Vor­ha­bens und die Planmäßig­keit des FuE-Pro­jek­tes.

Ne­ben der in­halt­li­chen Be­schrei­bung der Vor­ha­ben sollte auch eine de­tail­lierte Kal­ku­la­tion des Per­so­nal­ein­sat­zes so­wie der an­fal­len­den Kos­ten vor­ge­nom­men wer­den und die not­wen­dige Do­ku­men­ta­ti­ons­ba­sis im Un­ter­neh­men ge­schaf­fen wer­den. Bei der An­trag­stel­lung sollte insb. dar­auf ge­ach­tet wer­den, dass die Kal­ku­la­tion der Per­so­nal­auf­wen­dun­gen und der ge­plante Mit­ar­bei­ter­ein­satz zu­ein­an­der in nach­voll­zieh­ba­rem Verhält­nis ste­hen. Wir emp­feh­len hier­bei insb. einen kon­ti­nu­ier­li­chen Soll-/Ist-Ab­gleich der Kos­ten vor­zu­neh­men. 

Hin­weis: Die Be­schei­ni­gungs­stelle For­schungs­zu­lage prüft nach un­se­ren ers­ten Er­fah­run­gen u. a. auch, in­wie­weit die ge­plan­ten Per­so­nal­mo­nate zu den an­ge­setz­ten Per­so­nal­kos­ten für FuE-Mit­ar­bei­ter plau­si­bel sind. Wir emp­feh­len da­her, eine in­terne Kos­ten- und Per­so­nal­kal­ku­la­tion für das For­schungs- und Ent­wick­lungs­vor­ha­ben zu er­stel­len und diese kon­ti­nu­ier­lich fort­zu­ent­wi­ckeln.

Die Be­an­tra­gung der Be­schei­ni­gung bei der Be­schei­ni­gungs­stelle For­schungs­zu­lage kann vor Be­ginn oder während der Durchführung des For­schungs- und Ent­wick­lungs­vor­ha­bens oder nach Ab­lauf des Wirt­schafts­jah­res, für das die Zu­lage be­an­tragt wer­den soll, er­fol­gen. Insb. für die Pla­nungs­si­cher­heit im Un­ter­neh­men so­wie die Ak­zep­tanz zur Führung de­tail­lier­ter Zeit­nach­weise emp­fiehlt sich eine frühzei­tige An­trag­stel­lung.

Antrag bei der Finanzverwaltung

Seit dem 01.04.2021 können Un­ter­neh­men, die ein von der Be­schei­ni­gungs­stelle For­schungs­zu­lage be­schei­nig­tes begüns­tig­tes For­schungs- und Ent­wick­lungs­vor­ha­ben durchführen, den An­trag auf Fest­set­zung der For­schungs­zu­lage bei der Fi­nanz­ver­wal­tung stel­len. Die Be­an­tra­gung der For­schungs­zu­lage er­folgt über ein elek­tro­ni­sches An­trags­for­mu­lar, dass über das On­line-Por­tal „ELS­TER“ be­reit­ge­stellt wird. In dem An­trag sind alle für die Fest­set­zung der For­schungs­zu­lage er­for­der­li­chen An­ga­ben ein­zu­tra­gen. Dem An­trag sind zunächst keine wei­te­ren Be­lege bei­zufügen. Das Fi­nanz­amt prüft die An­ga­ben im An­trag auf For­schungs­zu­lage und setzt die For­schungs­zu­lage, so­weit alle Vor­aus­set­zun­gen vor­lie­gen, in einem Be­scheid fest. Die For­schungs­zu­lage wird nach der Fest­set­zung al­ler­dings nicht so­fort aus­ge­zahlt, son­dern im Rah­men der nächs­ten erst­ma­li­gen Fest­set­zung von Ein­kom­men- oder Körper­schaft­steuer vollständig auf die fest­ge­setzte Steuer an­ge­rech­net. Er­gibt sich nach die­ser An­rech­nung ein Über­schuss, wird die­ser als Ein­kom­men- oder Körper­schaft­steu­er­er­stat­tung aus­ge­zahlt. Es sollte des­halb zunächst der An­trag auf For­schungs­zu­lage beim Fi­nanz­amt ein­ge­reicht und die Ver­an­la­gung ab­ge­war­tet wer­den. Im An­schluss er­folgt die Ein­rei­chung der nächs­ten, of­fe­nen Steu­er­erklärung.

Hin­weis: Vor­aus­set­zung für die Gewährung der For­schungs­zu­lage ist eine nachprüfbare Do­ku­men­ta­tion der Ar­beits­stun­den, wel­che die Ar­beit­neh­mer für das je­wei­lige FuE-Vor­ha­ben leis­ten. Die ent­spre­chende Do­ku­men­ta­tion der förderfähi­gen Per­so­nal­kos­ten sollte im Hin­blick auf eine mögli­che Be­triebsprüfung die An­for­de­run­gen der Fi­nanz­ver­wal­tung zwin­gend erfüllen. Ebenso sind ent­spre­chende Do­ku­men­ta­tio­nen von Ei­gen­leis­tun­gen des Ein­zel- und Mit­un­ter­neh­mers zu führen. Eine pau­schale Zu­ord­nung der Ar­beit­neh­mer der For­schungs- und Ent­wick­lungs­ab­tei­lung und ih­rer Ar­beits­zei­ten reicht hierfür nicht aus. Im An­trag auf For­schungs­zu­lage müssen die ein­zel­nen Ar­beit­neh­mer je­doch nicht na­ment­lich auf­geführt wer­den. Hier können die Un­ter­neh­men eine an­ony­mi­sierte Per­so­nal­num­mer ver­wen­den, die je­doch auf Nach­frage des Fi­nanz­am­tes mit den Lohn-/Ge­halts­aus­wer­tun­gen ab­stimm­bar sein müssen.

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