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BAG zur Zurückweisung der Betriebsratsanhörung mangels Vollmachtsnachweises

Urteil des BAG vom 13. Dezember 2012 - 6 AZR 348/11

Der Be­triebs­rat kann die Anhörung zu ei­ner be­ab­sich­tig­ten Kündi­gung durch einen Bo­ten oder Ver­tre­ter des Ar­beit­ge­bers nicht ent­spre­chend § 174 Satz 1 BGB zurück­wei­sen, wenn der Anhörung keine Voll­machts­ur­kunde bei­gefügt ist.

Das be­klagte Luft­fahrt­un­ter­neh­men, eine Ak­ti­en­ge­sell­schaft grie­chi­schen Rechts mit Sitz in Grie­chen­land, be­schäftigte in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land an fünf Stand­or­ten 69 Ar­beit­neh­mer im Bo­den­be­trieb. Die Kläge­rin ar­bei­tete als „Sa­les Re­pre­sen­ta­tive“ am Stand­ort Stutt­gart. Die Flug­ge­sell­schaft wurde im Ok­to­ber 2009 der Son­der­li­qui­da­tion nach grie­chi­schem Recht un­ter­stellt. Als Son­der­li­qui­da­to­rin wurde eine an­dere Ak­ti­en­ge­sell­schaft grie­chi­schen Rechts ein­ge­setzt. Die Son­der­li­qui­da­to­rin ent­schloss sich, die deut­schen Stand­orte zu schließen und alle Ar­beits­verhält­nisse zu kündi­gen. Über Rechts­an­walt G hörte sie den Be­triebs­rat des Stand­orts Stutt­gart mit Schrei­ben vom 15. De­zem­ber 2009 zu der or­dent­li­chen Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses der Kläge­rin an. Dem Schrei­ben war keine Voll­machts­ur­kunde bei­gefügt. Der Be­triebs­rat wies die Anhörung des­halb un­ter dem 21. De­zem­ber 2009 zurück. Rechts­an­walt G kündigte das Ar­beits­verhält­nis der Kläge­rin mit Schrei­ben vom 29. De­zem­ber 2009 zum 31. März 2010. Die Kläge­rin hat mit der Kündi­gungs­schutz­klage so­wohl ihre Ar­beit­ge­be­rin als auch die Son­der­li­qui­da­to­rin un­be­dingt ver­klagt. Sie hält die Kündi­gung nach § 102 Abs. 1 Be­trVG für un­wirk­sam, weil der Anhörung des Be­triebs­rats kein Voll­machts­nach­weis des han­deln­den Rechts­an­walts bei­gefügt ge­we­sen sei.

Das Ar­beits­ge­richt hat die Klage ab­ge­wie­sen. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat ihr statt­ge­ge­ben. Die Re­vi­sion der Be­klag­ten hatte vor dem Sechs­ten Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts (BAG) Er­folg. Die Klage rich­tete sich nach ge­bo­te­ner Aus­le­gung von vorn­her­ein al­lein ge­gen die Ar­beit­ge­be­rin der Kläge­rin, weil die Son­der­li­qui­da­to­rin nach grie­chi­schem Recht nur Stell­ver­tre­te­rin war. Die Kündi­gung ist wirk­sam. Der Be­triebs­rat konnte seine Anhörung nicht ana­log § 174 Satz 1 BGB we­gen feh­len­den Voll­machts­nach­wei­ses zurück­wei­sen. Der Zweck des Anhörungs­er­for­der­nis­ses steht ei­ner ent­spre­chen­den An­wen­dung von § 174 BGB ent­ge­gen. Das Ver­fah­ren nach § 102 Be­trVG ist nicht an Form­vor­schrif­ten ge­bun­den. Eine münd­li­che oder te­le­fo­ni­sche Anhörung ist möglich. Auch in einem sol­chen Fall be­ginnt die Wo­chen­frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 Be­trVG zu lau­fen. Hat der Be­triebs­rat Zwei­fel an der Bo­ten- oder Ver­tre­ter­stel­lung der ihm ge­genüber bei der Anhörung auf­tre­ten­den Per­son, kann er sich nach dem Ge­bot der ver­trau­ens­vol­len Zu­sam­men­ar­beit un­mit­tel­bar ge­genüber dem Ar­beit­ge­ber äußern.

Quelle: Pres­se­mit­tei­lung des BAG Nr. 90/2012 vom 13.12.2012

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