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Rechtsberatung

Restrukturierungsinstrumente in der Praxis - welches Verfahren eignet sich wann?

Die seit ei­ni­gen Jah­ren an­dau­ern­den vielfälti­gen Kri­sen, nicht zu­letzt die Aus­wir­kun­gen von In­fla­tion, Zins­wende und ho­hen En­er­gie­kos­ten, ha­ben dazu geführt, dass sich die Kon­junk­tur in Deutsch­land deut­lich ab­ge­schwächt hat. Das be­kom­men auch die Un­ter­neh­men zu spüren und müssen sich ggfs. auf Kri­sen­ma­nage­ment ein­stel­len. In sol­chen Si­tua­tio­nen ist es wich­tig zu wis­sen, wel­che ge­richt­li­chen und außer­ge­richt­li­chen Sa­nie­rungs- und Re­struk­tu­rie­rungsmöglich­kei­ten zur Verfügung ste­hen.

Wel­ches In­stru­men­ta­rium ge­nutzt wer­den kann, hängt da­von ab, ob eine In­sol­venz­an­trags­pflicht gemäß § 15a InsO be­steht. Eine sol­che liegt vor, wenn das Un­ter­neh­men ent­we­der zah­lungs­unfähig oder über­schul­det ist. Können die In­sol­venz­an­tragsgründe nicht recht­zei­tig be­ho­ben wer­den, ist der Schuld­ner ge­setz­lich zur Ein­lei­tung ei­nes In­sol­venz­ver­fah­rens ver­pflich­tet. Bei ei­ner nur dro­hen­den Zah­lungs­unfähig­keit steht Un­ter­neh­men seit ei­ni­ger Zeit - ne­ben der freien Sa­nie­rung - ein außer­in­sol­venz­li­ches, aber ge­richtsförmi­ges Re­struk­tu­rie­rungs­ver­fah­ren zur Verfügung.

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Freie Sanierung

So­fern noch keine In­sol­venz­an­trags­pflicht be­steht, kann die Re­struk­tu­rie­rung ei­nes Un­ter­neh­mens frei, d. h. außer­halb ei­nes ge­richtsförmi­gen Ver­fah­rens, durch­geführt wer­den. Sind hierzu Ände­run­gen von Ver­trags­be­zie­hun­gen er­for­der­lich (z. B. An­pas­sung von Miet­verträgen, Verlänge­rung von Bank­dar­le­hen, mögli­cher­weise (Teil-)Ver­zichte von Gläubi­gern) ge­schieht dies im Ver­hand­lungs­weg. Der­ar­tige Sa­nie­run­gen fin­den viel­fach fern der Öff­ent­lich­keit statt. Es han­delt sich um eine fle­xi­ble Me­thode zur Bewälti­gung fi­nan­zi­el­ler Schwie­rig­kei­ten und zur Ver­bes­se­rung der fi­nan­zi­el­len Sta­bi­lität ei­nes Un­ter­neh­mens. Un­ter­neh­men können ihre fi­nan­zi­el­len Pro­bleme un­ter Auf­recht­er­hal­tung ih­res Ge­schäfts­be­triebs bspw. durch Ver­hand­lun­gen mit Gläubi­gern, den Ver­kauf von Vermögens­wer­ten bzw. Um­schul­dungsmaßnah­men fle­xi­bel lösen.

Viel­fach ist die freie Sa­nie­rung je­doch schwer um­setz­bar, da bei Ein­grif­fen in Ge­sell­schaf­ter- bzw. Gläubi­ger­rechte die Zu­stim­mung al­ler Be­trof­fe­nen er­for­der­lich, ein ent­spre­chen­der Kon­sens aber nicht im­mer er­reich­bar ist. Nicht sel­ten ma­chen sich ei­nige we­nige Gläubi­ger diese Si­tua­tion auch zu Nutze, um sich durch eine Blo­cka­de­po­si­tion Son­der­vor­teile zu ver­schaf­fen. Daran können freie Sa­nie­run­gen schei­tern.

Restrukturierungsverfahren gemäß StaRUG

Das Re­struk­tu­rie­rungs­ver­fah­ren gemäß StaRUG schließt die Lücke zwi­schen der freien, auf den Kon­sens al­ler Be­tei­lig­ten an­ge­wie­se­nen Sa­nie­rung und ei­ner Sa­nie­rung im In­sol­venz­ver­fah­ren. Un­ter­neh­men können sich bei dro­hen­der Zah­lungs­unfähig­keit auf der Grund­lage ei­nes von den Be­trof­fe­nen mehr­heit­lich an­ge­nom­me­nen Re­struk­tu­rie­rungs­plans sa­nie­ren. Mit­tels StaRUG können Wi­derstände ein­zel­ner Be­trof­fe­ner durch das Mehr­heits­prin­zip über­wun­den wer­den. Im Rah­men ei­nes sol­chen Re­struk­tu­rie­rungs­plans wer­den häufig Ver­bind­lich­kei­ten ge­gen so­for­tige Zah­lung ei­nes Teil­be­trags gekürzt bzw. ge­stun­det. For­de­run­gen aus Ar­beits­verhält­nis­sen sind da­bei aus­ge­nom­men. Leis­tungs­wirt­schaft­li­che Sa­nie­rungs­in­stru­mente (u. a. Möglich­kei­ten zur Ver­trags­be­en­di­gung und das In­sol­ven­zar­beits­recht) ste­hen im StaRUG-Ver­fah­ren nicht zur Verfügung.

Das StaRUG-Ver­fah­ren ist ge­eig­net für die Sa­nie­rung von Un­ter­neh­men, bei de­nen die Blo­cka­de­hal­tung ein­zel­ner Be­trof­fe­ner mit­tels Mehr­heits­ent­schei­dung über­wun­den wer­den muss und eine fi­nanz­wirt­schaft­li­che Re­struk­tu­rie­rung aus­reicht.

Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung

Die In­sol­venz­ord­nung gewährt mit dem Ei­gen­ver­wal­tungs­ver­fah­ren (§ 270 ff. InsO) auch einen recht­li­chen Rah­men für eine Sa­nie­rung durch In­sol­venz in „Ei­gen­re­gie“. Dies er­folgt al­ler­dings nur un­ter der Auf­sicht ei­nes ge­richt­lich be­stell­ten Sach­wal­ters. Im Ge­gen­satz zum StaRUG-Ver­fah­ren be­steht hier die Möglich­keit der leis­tungs­wirt­schaft­li­chen Sa­nie­rung. Be­tei­ligt sind nicht nur ein­zelne Gläubi­ger­grup­pen, son­dern alle Gläubi­ger. Be­zweckt wird die Sa­nie­rung des Un­ter­neh­mens bzw. des Recht­strägers bei bestmögli­cher Gläubi­ger­be­frie­di­gung.

Schutzschirmverfahren

Das Schutz­schirm­ver­fah­ren ist eine Va­ri­ante der Ei­gen­ver­wal­tung, bei dem es um die frühzei­tige Sa­nie­rung mit­tels In­sol­venz­plans geht, § 270d InsO. Im Rah­men die­ses Ver­fah­rens steht dem Schuld­ner ein weit­ge­hend bin­den­des Vor­schlags­recht für den Sach­wal­ter zu. Ein Schutz­schirm­ver­fah­ren setzt die Vor­lage ei­ner sog. Schutz­schirm­be­schei­ni­gung vor­aus, in der von einem Fach­mann bestätigt wird, dass das Un­ter­neh­men für ein sol­ches Ver­fah­ren ge­eig­net ist. Ein Schutz­schirm­ver­fah­ren ist aus­ge­schlos­sen, wenn be­reits die Zah­lungs­unfähig­keit ein­ge­tre­ten ist.

Insolvenzplanverfahren

Schließlich ermöglicht der In­sol­venz­plan nach § 218 InsO den Ver­fah­rens­be­tei­lig­ten eine von den ge­setz­li­chen Re­ge­lun­gen der In­sol­venz­ord­nung ab­wei­chende Ver­fah­ren­sab­wick­lung zum Er­halt des Un­ter­neh­mens. Die Be­tei­lig­ten können die Be­frie­di­gung der ab­son­de­rungs­be­rech­tig­ten Gläubi­ger, der In­sol­venzgläubi­ger so­wie die Ver­wer­tung der Masse und de­ren Ver­tei­lung an die Be­tei­lig­ten und schließlich die Haf­tung des Schuld­ners nach Be­en­di­gung des Ver­fah­rens i. R. d. all­ge­mein gel­ten­den ge­setz­li­chen Vor­schrif­ten re­geln.

Das In­sol­venz­plan­ver­fah­ren ist kein ei­ge­ner Ver­fah­rens­ty­pus. Viel­mehr han­delt es sich um einen Gläubi­ger­ak­kord zur Sa­nie­rung des Recht­strägers, der in je­dem In­sol­venz­ver­fah­ren (Re­gel- oder Ei­gen­ver­wal­tungs­ver­fah­ren) zur An­wen­dung kom­men kann.

Regelinsolvenzverfahren

Sollte ein Un­ter­neh­men nicht (mehr) ei­gen­ver­wal­tungs­ge­eig­net sein, kommt es zum Re­ge­lin­sol­venz­ver­fah­ren. Hier­bei wird vom Ge­richt ein In­sol­venz­ver­wal­ter be­stellt. Auch ein Re­ge­lin­sol­venz­ver­fah­ren be­deu­tet nicht zwangsläufig die Schließung und Ab­wick­lung. Viel­mehr ist der In­sol­venz­ver­wal­ter ge­hal­ten, das Un­ter­neh­men zur bestmögli­chen Gläubi­ger­be­frie­di­gung und zum Er­halt von Ar­beitsplätzen (einst­wei­len) fort­zuführen und eine Sa­nie­rungslösung zu su­chen. Es gibt viele nam­hafte Bei­spiele, in de­nen eine er­folg­rei­che Sa­nie­rung, sei es durch über­tra­gende Sa­nie­rung oder durch In­sol­venz­plan, aus einem Re­ge­lin­sol­venz­ver­fah­ren her­aus be­trie­ben wurde.

Handlungsoptionen für den Ernstfall eruieren

Un­ter­neh­men, bei de­nen Re­struk­tu­rie­rungs­be­darf be­steht, soll­ten frühzei­tig alle Op­tio­nen prüfen, um möglichst viele Hand­lungs­al­ter­na­ti­ven und genügend Zeit für de­ren Um­set­zung zu ha­ben. Auch wenn in vie­len Fällen Un­ter­neh­men be­rech­tig­ter­weise zunächst mit ei­ner freien Sa­nie­rung be­gin­nen, sollte vor­sorg­lich über­legt wer­den, ob nicht par­al­lel die Op­tion ei­nes förm­li­chen Ver­fah­rens geprüft und vor­be­rei­tet wird. Dies wapp­net vor Über­ra­schun­gen bei den Ver­hand­lun­gen mit den Sta­ke­hol­dern und schafft Hand­lungs­freiräume.

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