Abschied vom klassischen Konsummodell
Bisher galt das klassische Konsummodell. Vereinfacht heißt das: Das Unternehmen nutzt Vorprodukte von Lieferanten zur Herstellung des eigenen Produktes. Nach der Weiterverarbeitung verkauft es seine Produkte entweder direkt oder über einen Zwischenhändler an die Kunden. Dieses Modell hat zahlreiche Nachteile insbesondere für Hersteller. Durch den indirekten Vertrieb realisiert der Hersteller nicht sein volles Gewinnpotenzial. Außerdem hat er keinen Zugriff auf die Kundendaten. Die Kundenbeziehungen sind dabei primär einseitig und transaktionsorientiert. Der Kunde entscheidet sich für einen Kauf, wenn ein Bedarf für das Produkt auftritt. Der Hersteller kann individualisierte Leistungen nicht proaktiv oder lediglich stark eingeschränkt anbieten. Darüber hinaus haben Kunden jederzeit die Wahl, sich für einen günstigeren oder qualitativ hochwertigeren Anbieter zu entscheiden. Denn das schlichte Produkt ohne Zusatzleistungen anzubieten, erlaubt keine erfolgreiche Differenzierung von Wettbewerbern.
Nachteile des Konsummodells
- Volles Gewinnpotenzial wird nicht realisiert
- Kundendaten liegen beim Händler
- Mangelnde Differenzierung führt zu hohem Substitutionsrisiko
Mehrdimensionale Kommunikation und übergreifende Lösungen
Zwei Trends beeinflussen das Konsummodell signifikant: Der technologische Wandel ermöglicht mit seiner systemischen Vernetzung völlig neue Dimensionen der Kommunikation. Das heißt, dass auch die Beziehung zwischen Unternehmen und Kunden tiefer, mehrschichtiger und schneller wird. Außerdem lässt sich eine starke Veränderung
Dieses neue Anforderungsprofil kann einschüchternd wirken. Doch wer sein Geschäftsmodell rechtzeitig transformiert und das enorme Potenzial nutzt, kann zum Gewinner und sogar Marktvorreiter werden.
Das Potenzial der digitalen Ökosysteme
Digitale Ökosysteme sind offene Systeme, in denen unterschiedliche Marktteilnehmer Kunden gebündelt Produkte und Dienstleistungen anbieten. Anders als beim linearen Konsummodell handelt es sich um ein vernetztes, verteiltes System, bei dem Marktteilnehmer Rollen flexibel übernehmen, wenn sie es können. Ähnlich einem natürlichen Ökosystem.
Das Vorgehen lässt sich gut an aktuellen Bankenlösungen erklären. In dieser Branche gibt es bereits Beispiele erfolgreich umgesetzter digitaler Ökosysteme. Viele Zusatzfunktionen für Geschäftskunden im Online-Portal der Banken kommen nicht von den Banken selbst. Vielmehr sorgt ein umfassendes Partnernetzwerk für die Befriedigung verschiedenster Bedürfnisse auf einer gebündelten Plattform. Die Kunden sehen sich einem vernetzten Ökosystem etablierter Spieler und junger Start-ups auf einer einheitlichen Web-Oberfläche gegenüber. So erhalten sie zum Beispiel Unterstützung bei der Buchhaltung und bei Finanzprozessen mit Hilfe von künstlichen Intelligenzen. Sie können ihre Finanzdaten und Belege verwalten oder erhalten Zugang zu einem Marktplatz für Freiberufler, über den sie beispielsweise unkompliziert Programmierer oder Webdesigner finden können. So entsteht zusätzliches, nachhaltiges Geschäft.
Ein weiterer Vorteil ist die erfolgreiche Differenzierung von Wettbewerbern. Durch die Transformation des Geschäftsmodells zu einem Ökosystem etabliert sich das Unternehmen als fester Bestandteil im Leben des Kunden. Es wird unverzichtbarer Teil des Konsumentenalltags. Ein Wechsel hat für den Kunden zahlreiche Nachteile, die beteiligten Unternehmen profitieren daher vom Lock-In-Effekt.
Durch den Interaktionsfokus des digitalen Ökosystems und den intensiven Austausch mit dem Kunden kann der Anbieter enorme Datenmengen sammeln. Der größere Datenpool führt zu einer verbesserten Datenauswertung und neuen Erkenntnissen über Konsumenten. Die datenbasierten „Insights“ kann er zur Effizienzsteigerung in der Geschäftsabwicklung nutzen und die Erreichung der Unternehmensziele fördern. Darüber hinaus können neue kundenorientierte Produkte und Services entwickelt werden.
Digitale Ökosysteme differenzieren sich von bisherigen Marktplätzen aufgrund der extrem niedrigen Transaktionskosten. Transaktionskosten bestehen lediglich aus den allgemeinen Verwaltungskosten der Plattform und bleiben mit steigender Größe auf einem konstanten Level.
Anbieter profitieren außerdem vom Zugang zu einer breiten Kundenbasis und der Erweiterung ihrer Lieferantenbasis. Durch die Plattform können Unternehmen Kunden gebündelt erreichen, ein individueller Kundenzugang ist nicht mehr nötig.
Merkmale digitaler Ökosysteme
- Netzwerk statt linearer Kunden-/Lieferantenbeziehung
- Mehrdimensionale Kommunikation
- Integrierte Lösungen mit zusätzlichen Services
- Effizienzsteigerung
- Niedrigere Transaktionskosten
- Sammeln und Auswerten von Kundendaten
- Langfristige Kundenbindung
- Neuer Kundenzugang für den Anbieter
- Kontrolle über Anbieter auf der Plattform
Fazit
Der technologische Fortschritt und die sich nachhaltig verändernden Kundenanforderungen befeuern einander. Hindernisse, Zeitverluste, Komplikationen, Intransparenz oder fehlende Zusatzleistungen werden von heutigen Konsumenten kaum noch toleriert. Anbieter müssen sich darauf einstellen. Aber diese Entwicklung birgt auch enorme Chancen. Besonders im Mittelstand. Wer sein Geschäftsmodell rechtzeitig hinterfragt und die Vorteile digitaler Ökosysteme nutzt, kann Gewinne langfristig erhöhen und seine Marktposition signifikant verbessern.