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Corona-Lockdown: Versicherung muss Gastronom Schadensersatz zahlen

Die Recht­spre­chung ist sich un­ei­nig, ob Be­triebs­schließungs-Ver­si­che­run­gen auf­grund ei­ner Corona-be­ding­ten Be­triebs­schließung zu Ent­schädi­gungs­zah­lun­gen ver­pflich­tet sind. Rich­tung­wei­send war die Ent­schei­dung des LG München - das LG Bo­chum und das OLG Ol­den­burg neh­men je­doch eine an­dere Hal­tung ein. Maßgeb­lich dürfte je­weils die kon­krete Ver­si­che­rungs­ver­ein­ba­rung sein.

Das LG München I hat in einem rich­tungs­wei­sen­den Ur­teil der Klage ei­nes Münch­ner Bier­gar­ten­be­trei­bers auf Zah­lung ei­ner Ent­schädi­gung in Höhe von 1 Mio. Euro auf­grund der Corona-be­ding­ten Be­triebs­schließung ge­gen seine Be­triebs­schließungs-Ver­si­che­rung statt­ge­ge­ben.

Corona-Lockdown: Versicherung muss Gastronom Schadensersatz zahlen© Adobe Stock

Mit ei­ner Be­triebs­schließungs-Ver­si­che­rung können sich u. a. Gas­tro­no­men ge­gen Ver­luste ab­si­chern, wenn der Be­trieb durch behörd­li­che An­ord­nung ge­schlos­sen wird. In der Re­gel wird für die­sen Fall ein in­di­vi­du­el­ler Ta­ges­satz ver­ein­bart, der ma­xi­mal für 30 Tage ge­zahlt wird. Im Streit­fall wollte die Ver­si­che­rung für den Aus­fall auf­grund der Corona-be­ding­ten Be­triebs­schließung während des Corona-Lock­downs im März und April 2020 nicht auf­kom­men. Dies begründete sie da­mit, dass Corona in den Ver­si­che­rungs­be­din­gun­gen nicht auf­geführt sei und zu­dem nicht die zuständige Behörde, also das Ge­sund­heits­amt, son­dern die baye­ri­sche Staats­re­gie­rung die Schließung verfügt habe. Auch gelte die Ver­si­che­rung nur für den Fall, dass in dem kon­kre­ten Be­trieb eine Er­kran­kung auf­trete, nicht bei ei­ner präven­ti­ven, flächen­de­cken­den Schließung.

Dem­ge­genüber be­steht gemäß Ur­teil des Land­ge­richt Münchens I vom 1.10.2020 (Az. 12 O 5895/20) eine Leis­tungs­pflicht der Ver­si­che­rung. Es komme we­der auf die Rechts­form und die Rechtmäßig­keit der An­ord­nung an, noch habe der Kläger ge­gen die An­ord­nung vor­ge­hen müssen. Auch sei nicht er­for­der­lich, dass im kon­kre­ten Be­trieb eine Er­kran­kung an CO­VID-19 auf­ge­tre­ten sei. Nach den All­ge­mei­nen Ver­si­che­rungs­be­din­gun­gen komme es le­dig­lich dar­auf an, dass der Be­trieb auf­grund des In­fek­ti­ons­schutz­ge­set­zes (IfSG) ge­schlos­sen wor­den sei. Die maßgeb­li­che All­ge­mein­verfügung habe sich ausdrück­lich auf die Ermäch­ti­gungs­grund­la­gen in §§ 28 bis 32 IfSG be­zo­gen.

Da im maßgeb­li­chen Zeit­raum tatsäch­lich auch kein Außer­haus­ver­kauf statt­fand und ein sol­cher auch un­zu­mut­bar ge­we­sen sei, war der Be­trieb tatsäch­lich vollständig ge­schlos­sen. Dazu führt das Land­ge­richt aus, dass ein sol­cher Außer­haus­ver­kauf keine un­ter­neh­me­ri­sche Al­ter­na­tive dar­stellt, wenn es sich hier­bei um ein voll­kom­men un­ter­ge­ord­ne­tes Mit­nah­me­ge­schäft han­delt.

Hinweis

Das Ur­teil ist noch nicht rechtskräftig. Es ist da­von aus­zu­ge­hen, dass die Ver­si­che­rung hier­ge­gen Rechts­mit­tel ein­le­gen wird.

Das LG Bo­chum kommt zu einem an­de­ren Er­geb­nis. Es hatte im Ver­fah­ren des einst­wei­li­gen Rechts­schut­zes eben­falls über einen Leis­tungs­an­spruch aus der Be­triebs­schließungs­ver­si­che­rung zu ent­schei­den. Die­ser Ver­si­che­rung lag eine Klau­sel zu­grunde, in der die ver­si­cher­ten Krank­hei­ten und Krank­heits­er­re­ger ab­schließend auf­gezählt wa­ren, ohne dass eine (kon­krete) Ver­wei­sung auf das IfSG ent­hal­ten war. Da die Er­kran­kung Co­vid-19 und der Auslöser Sars-CoV in der Klau­sel nicht ent­hal­ten wa­ren, be­steht laut Ur­teil des LG Bo­chum vom 15.7.2020 (Az. 4 O 215/20) kein An­spruch aus der Be­triebs­schließungs­ver­si­che­rung.

Das LG Bo­chum hatte da­bei nicht über die Frage nach ei­ner dy­na­mi­schen Ver­wei­sung zu ent­schei­den, da in dem Klau­sel­werk nicht auf die Re­ge­lun­gen des IfSG ab­ge­stellt wurde.

Hinweis

Das LG Bo­chum stellte je­doch klar, dass es keine all­ge­meingültige recht­li­che Be­wer­tung von An­sprüchen aus Be­triebs­schließungs­ver­si­che­run­gen im Hin­blick auf die Corona-Pro­ble­ma­tik gibt. Viel­mehr ist eine dif­fe­ren­zierte Be­trach­tung der Ver­si­che­rungs­verträge, ins­be­son­dere der je­weils ver­wen­de­ten Ver­trags­be­din­gun­gen im kon­kre­ten Ein­zel­fall er­for­der­lich.

Auch gemäß noch nicht rechtskräfti­gem Ur­teil des OLG Ol­den­burg vom 06.05.2021 (Az. 1 U 10/21) sind Be­triebs­schließun­gen in­folge CO­VID-19 bzw. des Krank­heits­er­re­gers SARS-CoV-2 grundsätz­lich nicht vom Ver­si­che­rungs­schutz um­fasst, wenn die Ver­si­che­rungs­be­din­gun­gen mel­de­pflich­tige Krank­hei­ten oder Krank­heits­er­re­ger, als  „die im In­fek­ti­ons­schutz­ge­setz in den §§ 6 und 7 na­ment­lich ge­nannte Krank­hei­ten oder Krank­heits­er­re­ger“ de­fi­nie­ren und sich an die zi­tierte Klau­sel eine Auf­lis­tung ein­zel­ner Krank­hei­ten und Krank­heits­er­re­ger an­schließt, die we­der CO­VID-19 noch SARS-CoV-2 be­inhal­tet. Eine ent­spre­chende Klau­sel sei so zu ver­ste­hen, dass der dort ent­hal­tene Ka­ta­log ab­schließend sei. Da­durch werde ge­rade nicht der Ein­druck ver­mit­telt, dass es auf die Aufzählun­gen in §§ 6 und 7 IfSG an­komme.

 

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