Deutsche Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise 2024

22.05.2025 | 4 Minuten Lesezeit

Mit dem Schreiben vom 12.12.2024 veröffentlichte das BMF die überarbeiteten Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise 2024. Die Überarbeitung bezieht sich insbesondere auf die im Wachstumschancengesetz beschlossenen Änderungen zu konzerninternen Finanzierungsbeziehungen und Finanzierungsdienstleistungen. Darüber hinaus greift die Finanzverwaltung erstmals die Regelungen zu Amount B (Pillar 1) auf.

Änderungen zu konzerninternen Finanzierungsbeziehungen nach § 1 Abs. 3d AStG

Die finalen Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise 2024 (VWG VP 2024) nehmen im Vergleich zu den ursprünglichen Entwürfen verschiedene Konkretisierungen und Neuerungen vor – insbesondere im Hinblick auf Prüfungskriterien und Nachweise im Rahmen von § 1 Abs. 3d AStG:

  • Wirtschaftlicher Bedarf der Finanzierung: Um den Anforderungen des Gesetzgebers an konzerninterne Finanzierungsleistungen zu entsprechen, muss die Finanzierung für den Betrieb oder zur Aufrechterhaltung der Geschäftstätigkeit erforderlich sein und für den Unternehmenszweck verwendet werden. Laut Auffassung des BMF soll darunter auch die Finanzierung von Gewinnausschüttungen fallen, sofern diese im Rahmen der unternehmensüblichen Ausschüttungspolitik erfolgen.
  • Glaubhaftmachung der Kapitaldienstfähigkeit: Dabei gilt es insbesondere festzustellen, ob von Anfang an ausreichende Vermögenswerte oder Zahlungsflüsse zu erwarten sind, um den Darlehensgeber zu befriedigen. Zudem stellt das BMF klar, dass weitere maßgebliche Indikatoren für die Glaubhaftmachung der Kapitaldienstfähigkeit u. a. das Vorhandensein eines festen Rückzahlungstermins, die Verpflichtung und die Modalitäten zur Zahlung von Zinsen sowie das Recht auf Durchsetzung der Kapital- und Zinszahlung sind. Bei kurzfristigen Finanzierungen wie Cash-Pool-Darlehen kann vereinfachend vom Vorliegen der Kapitaldienstfähigkeit ausgegangen werden. Weiterhin kann auch der Umstand, dass eine Anschlussfinanzierung notwendig sein wird, in die Betrachtung der Kapitaldienstfähigkeit einzubeziehen sein.
  • Umfang der Nichtanerkennung der Finanzierung: Klarstellend weist das BMF darauf hin, dass für den Fall, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Finanzierungsleistung dem Grunde nach nur teilweise glaubhaft gemacht werden können, nur insoweit zu einer Nichtanerkennung der Finanzierungsleistung führt, wie die Glaubhaftmachung nicht möglich war. Eine Korrektur soll damit nur in Höhe des fremdunüblichen Teils der Finanzierungsleistung erfolgen und nicht insgesamt für die gesamte Finanzierungsleistung.
  • Ermittlung des fremdüblichen Zinssatzes: Die VWG VP 2024 ergänzen zudem die bisherigen Erläuterungen zur Ermittlung des fremdüblichen Zinssatzes. U. a. wird erläutert, in welchen Fällen von einem Gruppenrating auszugehen sein soll und in welchen Fällen von einem stand-alone Rating bzw. von adjustierten Versionen davon. Darüber hinaus wird u.a. klargestellt, dass auch ein Rating der Deutschen Bundesbank als Bonitätseinschätzung anerkannt wird. Ob diese Regelungen nur auf Inbound-Finanzierungen oder auch auf Outbound-Finanzierungen Anwendung finden, bleibt derzeit offen, wenngleich das BMF in Rz. 3.3 der VWG VP 2024 den Grundsatz formuliert, dass der Fremdvergleichsgrundsatz - und als in Einklang damit sollten diese Regelungen zu den Finanzierungsbeziehungen zu verstehen sein - sowohl für In- als auch für Outboundfälle einheitlich anzuwenden ist.

Das neue BMF-Schreiben schafft damit mehr Klarheit bei der praktischen Anwendung der abstrakten Regelungen des § 1 Abs. 3d AStG. Für Unternehmen, die gruppeninterne Finanzierungen planen, ist es ratsam, diese Vorgaben frühzeitig in die Steuerplanung einzubeziehen, um potenzielle Risiken zu minimieren. Offen bleibt jedoch, inwieweit die primär auf grenzüberschreitende Sachverhalte zugeschnittenen Regelungen auch für rein nationale Finanzierungsverhältnisse bindend sind.

Änderungen zu konzerninternen Finanzierungsbeziehungen nach § 1 Abs. 3e AStG

Neben den Ausführungen zu den Neuregelungen in § 1 Abs. 3d AStG nimmt das BMF auch Stellung zur Neuregelung in § 1 Abs. 3e AStG. Hier geht es um eine fremdübliche Bepreisung von gruppeninternen Dienstleistungen im Zusammenhang mit Finanzierungsbeziehungen. Hierunter fallen die Vermittlung und Weiterleitung von Finanzierungsbeziehungen und Treasury-Dienstleistungen, wie Liquiditätsmanagement, Finanzrisikomanagement, Währungsrisikomanagement oder die Tätigkeit einer Finanzierungsgesellschaft. Die gesetzliche Grundannahme ist dabei, dass es sich insoweit um funktions- und risikoarme Dienstleistungen handelt, die entsprechend zu vergüten sind. Ein Gegenbeweis (nicht funktions- und risikoarme Dienstleistung) mit entsprechend anderer Vergütungslogik ist mittels einer Funktions- und Risikoanalyse möglich.

In diesem Zusammenhang betont das BMF insbesondere den Fall, in dem eine Finanzierungsgesellschaft Darlehen von externen Darlehensgebern aufnimmt und gruppenintern in Form von Darlehen weiterreicht. Über die reine Bepreisung des Darlehens hinaus soll hier nach Auffassung des BMF ergänzend geprüft werden, ob die Finanzierungsgesellschaft tatsächlich die wesentlichen mit der Intercompany-Darlehensausreichung verbundenen Risiken kontrolliert, oder ob dies nicht über eine andere (deutsche) Gruppengesellschaft erfolgt. Sollte letzteres der Fall sein, steht nach Auffassung des BMF der Finanzierungsgesellschaft nur eine risikolose Rendite zu (Vergütung für funktions- und risikoarme Dienstleistung). Die darüberhinausgehenden Ergebnisse aus diesen Finanzierungsgeschäften sollen hingegen als Vergütung für die Risikokontrolle und damit -tragung durch die andere (deutsche) Gesellschaft an diese andere Gesellschaft vergütet werden. Das BMF geht insoweit also von einer zusätzlich zu vergüteten Geschäftsbeziehung zwischen der Finanzierungsgesellschaft und der anderen (deutschen) Gesellschaft aus.

Eine umfassende Analyse der Erläuterungen das BMF zu grenzüberschreitenden Finanzierungsbeziehungen lesen Sie hier.

Umsetzung von Amount B (Pillar 1)

Darüber hinaus greift die Finanzverwaltung mit den VWG VP 2024 erstmals die Regelungen zu Amount B (Pillar 1) der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien auf, die Vereinfachungsregelungen zur Ermittlung einer fremdüblichen Routinevergütung für bestimmte Marketing- und Vertriebstätigkeiten enthalten. Mit den Erläuterungen in Kapitel G „Warenlieferungen und Dienstleistungen“ nimmt das Schreiben Bezug auf den finalen OECD-Bericht und stellt klar, dass die Verrechnungspreise für Geschäftsvorfälle, die in den Anwendungsbereich von Amount B (Pillar I) fallen, nach dem vereinfachten und abgestimmten Ansatz ermittelt werden können, sofern diese mit einer Gruppengesellschaft in einer sog. „covered jurisdiction“ gem. Anlage 5 der VWG VP 2024 erfolgt. Als weitere Voraussetzungen muss ein Doppelbesteuerungsabkommen mit diesem Steuerhoheitsgebiet bestehen, welches zudem kein nicht-kooperatives Steuerhoheitsgebiet i. S. d. Steueroasen-Abwehrgesetz sein darf.

Hinweis: Die überarbeiteten VWG VP 2024 sind – mit Ausnahme der Vorgaben zu Amount B (Pillar I) – erstmals für den Veranlagungszeitraum 2024 anzuwenden. Die Regelungen zu Amount B (Pillar I) treten ab dem Veranlagungszeitraum 2025 in Kraft. Für Veranlagungszeiträume bis einschließlich 2023 gelten weiterhin die VWG VP 2023 vom 06.06.2023.