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Steuerberatung

Grunderwerbsteuer: Anzeigepflichten bei Auseinanderfallen von Signing und Closing

Mit dem Jah­res­steu­er­ge­setz 2022 hat der Ge­setz­ge­ber das Vor­ge­hen der Fi­nanz­ver­wal­tung bezüglich der Grund­er­werb­steu­er­fest­set­zung bei Share Deals bestätigt. Steu­er­pflich­tige müssen in die­sen Fällen bei der Erfüllung der grund­er­werb­steu­er­li­chen An­zei­ge­pflich­ten be­son­ders auf­merk­sam sein.

Bei An­teilsüber­tra­gun­gen an Ka­pi­tal- oder Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten liegt zwi­schen dem schuld­recht­li­chen Ver­pflich­tungs­ge­schäft (Si­gning) und dem Überg­ang der An­teile (Clo­sing) oft­mals ein ge­raumer Zeit­raum. Verfügt die Ge­sell­schaft, an der die An­teile über­tra­gen wer­den, über Grund­be­sitz, kann dies zu Kom­pli­ka­tio­nen hin­sicht­lich der Grund­er­werb­steuer führen.

Grund dafür ist, dass die Fi­nanz­ver­wal­tung so­wohl durch das Si­gning als auch durch das Clo­sing zwei Grund­er­werb­steu­er­tat­bestände als erfüllt an­sieht (Ober­ste Fi­nanz­behörden der Länder v. 10.05.2022, für wei­tere In­for­ma­tio­nen siehe hier). Dem­nach ver­wirk­licht das Si­gning als schuld­recht­li­ches Ver­pflich­tungs­ge­schäft den grund­er­werb­steu­er­li­chen Tat­be­stand der An­teils­ver­ei­ni­gung (§ 1 Abs. 3 oder 3a GrEStG - Er­werb­st­at­be­stand), während durch das Clo­sing, also dem Überg­ang der An­teile an der Ge­sell­schaft, die Vor­aus­set­zun­gen des Be­we­gungs­tat­be­stands nach § 1 Abs. 2a bzw. 2b GrEStG erfüllt wer­den. Im Zeit­punkt des Si­gning ist zunächst nur der Er­werb­st­at­be­stand erfüllt. Im Zeit­punkt des Clo­sings sind dann aber beide Tat­bestände erfüllt. Zwar hat die An­wen­dung des Be­we­gungs­tat­be­stand (§ 1 Abs. 2a bzw. 2b GrEStG) Vor­rang vor dem Er­werb­st­at­be­stand. Fal­len die Zeit­punkte von Si­gning und Clo­sing aber aus­ein­an­der - wie in der Pra­xis häufig der Fall - nimmt die Fi­nanz­ver­wal­tung zunächst zwei Grund­er­werb­steu­er­fest­set­zun­gen vor, wo­mit auch ein dop­pel­tes Be­wer­tungs­er­for­der­nis ein­her­geht.

Diese Vor­ge­hens­weise der Fi­nanz­ver­wal­tung wurde nun durch den Ge­setz­ge­ber bestätigt. Mit dem durch das Jah­res­steu­er­ge­setz 2022 neu ein­gefügten § 16 Abs. 4a Satz 1 GrEStG ist es auf An­trag möglich, die in Folge des Si­gning fest­ge­setzte Grund­er­werb­steuer auf­zu­he­ben oder ändern zu las­sen, wenn die An­teile in Erfüllung die­ses Rechts­ge­schäfts über­ge­hen und da­durch der Grund­er­werb­steu­er­tat­be­stand des § 1 Abs. 2a bzw. 2b GrEStG ver­wirk­licht wird (Clo­sing). Da­mit stellt der Ge­setz­ge­ber si­cher, dass die An­teilsüber­tra­gung von grund­be­sitz­hal­ten­den Ge­sell­schaf­ten letzt­end­lich nur ein­mal mit Grund­er­werb­steuer be­las­tet wird. Vor­aus­set­zung dafür ist al­ler­dings, dass so­wohl für das Si­gning als auch für das Clo­sing eine frist­ge­rechte und in al­len Tei­len vollständige An­zeige des je­wei­li­gen Grund­er­werb­steu­er­vor­gangs vor­ge­nom­men wird. Wird eine der bei­den An­zei­gen nicht, nicht recht­zei­tig oder un­vollständig beim zuständi­gen Fi­nanz­amt ein­ge­reicht, führt dies hin­ge­gen endgültig zur dop­pel­ten Fest­set­zung der Grund­er­werb­steuer.

Hin­weis: Für Steu­er­pflich­tige wird es zukünf­tig also noch wich­ti­ger, für grund­er­werb­steu­er­li­che Zwecke frist­ge­recht vollständige An­zei­gen vor­zu­neh­men. Auf­grund der kurzen An­zei­ge­frist von zwei Wo­chen für in Deutsch­land ansässige Steu­er­schuld­ner und den er­for­der­li­chen um­fang­rei­chen An­ga­ben, emp­fiehlt es sich, ggf. be­reits im Rah­men des Ver­trags­ver­hand­lungs­pro­zes­ses die benötig­ten In­for­ma­tio­nen zu­sam­men­zu­tra­gen, um die recht­zei­tige Erfüllung der An­zei­ge­pflicht si­cher­zu­stel­len.

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