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Steuerberatung

BFH folgt EuGH und hebelt Aufteilungsgebot bei mitvermieteten Betriebsvorrichtungen aus

Nach­dem der EuGH mit Ur­teil vom 04.05.2023 (Rs. C-516/21, Y/FA X, DStR 2023, S. 1076) auf ein Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chen des BFH bei der Ver­mie­tung ei­nes Grundstücks nebst Be­triebs­vor­rich­tun­gen der Ein­heit­lich­keit der Leis­tung Vor­rang vor dem Auf­tei­lungs­ge­bot ein­geräumt hat, folgt der BFH die­ser Auf­fas­sung nun mit Be­schluss vom 17.08.2023 (Az. V R 7/23 (V R 22/20), DStR 2023, S. 2005) und ändert seine bis­he­rige Recht­spre­chung.

Worum geht es?

Bis­her ging der V. Se­nat des BFH in Be­zug auf die Mit­ver­mie­tung von Be­triebs­vor­rich­tun­gen von einem Auf­tei­lungs­ge­bot nach § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG aus, dem auch die Fi­nanz­ver­wal­tung in Ab­schn. 4.12.10 Satz 1 UStAE folgte.

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Mit Be­schluss vom 17.08.2023 (Az. V R 7/23 (V R 22/20), DStR 2023, S. 2005) schließt sich der V. Se­nat des BFH nun der vor­ste­hend auf­geführ­ten Recht­spre­chung des EuGH an und hält – un­ter Ände­rung sei­ner bis­he­ri­gen Recht­spre­chung – nicht mehr an der An­nahme ei­nes Auf­tei­lungs­ge­bo­tes nach § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG bei der Mit­ver­mie­tung von Be­triebs­vor­rich­tun­gen fest, wenn diese eine wirt­schaft­lich ein­heit­li­che Leis­tung mit der Ver­mie­tung oder Ver­pach­tung des Grundstücks dar­stellt.

So­mit ent­spre­che die Be­ur­tei­lung der Mit­ver­mie­tung von Be­triebs­vor­rich­tun­gen nun­mehr der Über­las­sung von In­ven­tar, die gemäß BFH-Ur­teil vom 11.11.2015 (Az. V R 37/14, BStBl. II 2017, S. 1259) als Ne­ben­leis­tung das Schick­sal der Haupt­leis­tung teilt.

Aus die­sem Grund sei z.B. auch die Ver­mie­tung von Plätzen für das Ab­stel­len von Fahr­zeu­gen wie die Ver­mie­tung von Grundstücken für Wohn­zwe­cke steu­er­frei, wenn sie im Rah­men ei­nes ein­heit­li­chen wirt­schaft­li­chen Vor­gangs mit die­ser eng ver­bun­den ist (so z.B. zu­letzt BFH-Ur­teil vom 10.12.2020, Az. V R 41/19, BFH/NV 2021, S. 949).

Zu­dem bestätigte der BFH die Würdi­gung des Fi­nanz­ge­richts, nach der im Streit­fall von ei­ner ein­heit­li­chen Leis­tung aus­zu­ge­hen war, bei der die Über­las­sung der Be­triebs­vor­rich­tun­gen Ne­ben­leis­tung zur um­satz­steu­er­freien Stallüber­las­sung war. Vor­ran­gig gewähr­leiste das Gebäude Schutz und Wärme, so­dass nach An­sicht des BFH die Be­triebs­vor­rich­tun­gen primär für die Nut­zung der ge­pach­te­ten Ställe nütz­lich wa­ren.

Hin­weis: Auf die EuGH-Ent­schei­dung ha­ben wir be­reits am 28.07.2023 mit einem Um­satz­steuer Im­puls hin­ge­wie­sen. Auch in Fällen der Steu­er­be­frei­ung teilt bei Vor­lie­gen ei­ner wirt­schaft­lich ein­heit­li­chen Leis­tung die Ne­ben­leis­tung mehr­wert­steu­er­lich das Schick­sal der Haupt­leis­tung in dem Sinne, dass auch die Ne­ben­leis­tung von der Steu­er­be­frei­ung er­fasst werde. Art. 135 Abs. 2 Satz 1 Buchst. c) MwSt­Sys­tRL, der die Ver­mie­tung von Be­triebs­vor­rich­tun­gen von der Steu­er­be­frei­ung aus­nimmt, ver­langt da­her nicht die Auf­spal­tung ei­ner ein­heit­li­chen Leis­tung in meh­rere (un­ter­schied­lich zu ver­steu­ernde) Ein­zel­leis­tun­gen und die­ser Norm lässt sich auch kein Auf­tei­lungs­ge­bot ent­neh­men.

Was be­deu­tet das für Sie in der Pra­xis?

  • Vor­rang der Grundsätze der ein­heit­li­chen Leis­tung bei der Mit­ver­mie­tung von Be­triebs­vor­rich­tun­gen nun­mehr geklärt

Mit­ver­mie­tete Be­triebs­vor­rich­tun­gen wer­den zukünf­tig re­gelmäßig das Schick­sal der Haupt­leis­tung tra­gen. Zu­min­dest bei der Mit­ver­mie­tung von Be­triebs­vor­rich­tun­gen wer­den die Grundsätze der Ein­heit­lich­keit der Leis­tung nicht mehr durch ein sog. Auf­tei­lungs­ge­bot auf­grund von § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG über­schrie­ben.

Mit ei­ner An­pas­sung des Ab­schn. 4.12.10 UStAE ist zu rech­nen. Un­ter­neh­mer ge­nießen auf­grund der Veröff­ent­li­chung des Be­schlus­ses nur noch ein­ge­schränk­ten Ver­trau­ens­schutz; es ist je­doch mit ei­ner Überg­angs­re­ge­lung durch das BMF zu rech­nen.

Im Be­reich der ge­werb­li­chen Ver­mie­tung von Gebäuden dürfte die Aus­strahl­wir­kung über­schau­bar sein, da übli­cher­weise bei der Ver­mie­tung an zum Vor­steu­er­ab­zug be­rech­tigte Un­ter­neh­mer an­ders als im Ent­schei­dungs­fall hin­sicht­lich der Gebäude­ver­mie­tung zur Um­satz­steu­er­pflicht op­tiert wird und es in der Re­gel zu kei­nem Aus­ein­an­der­fal­len der um­satz­steu­er­li­chen Be­hand­lung von Haupt- und Ne­ben­leis­tung auf­grund der Berück­sich­ti­gung des Auf­tei­lungs­ge­bo­tes kam.

In­so­fern dürfte die geänderte Recht­spre­chung nur in den Fällen re­le­vant sein, in de­nen die Mie­ter oder Pächter selbst keine zum Vor­steu­er­ab­zug be­rech­ti­gen­den Umsätze er­zie­len. In die­sem Fall können in Be­zug auf die Be­triebs­vor­rich­tun­gen § 15a UStG-Kor­rek­tur­ver­pflich­tun­gen aus der Ände­rung der Recht­spre­chungs­grundsätze re­sul­tie­ren.

Zu­dem hat der Ver­mie­ter bei einem of­fe­nen Um­satz­steu­er­aus­weis Ri­si­ken nach § 14c UStG und der Mie­ter kor­re­spon­die­rend das Ri­siko der Vor­steu­er­ver­sa­gung. Eine zügige Überprüfung und An­pas­sung mit ei­ner großzügi­gen Überg­angs­frist durch die Fi­nanz­ver­wal­tung wären da­her wünschens­wert.

  • Nut­zungsüber­las­sung von Sport­an­la­gen und an­de­ren An­la­gen

Da­bei sollte auch das in Ab­schn. 4.12.11 Abs. 2 UStAE ver­an­kerte Auf­tei­lungs­ge­bot durch die Fi­nanz­ver­wal­tung überprüft wer­den. Da­nach ist bei der Über­las­sung ei­ner ge­sam­ten Sport­an­lage zwar die Grundstücksüber­las­sung steu­er­frei, die Ver­mie­tung der Be­triebs­vor­rich­tun­gen soll je­doch um­satz­steu­er­pflich­tig er­fol­gen.

In die­sem Zu­sam­men­hang wird auch zu prüfen sein, ob für die ins­ge­samt zu be­stim­mende Haupt­leis­tung die Über­las­sung der Be­triebs­vor­rich­tun­gen oder die Grundstücks­ver­mie­tung Vor­rang ge­nießen wer­den.

  • Aus­strahl­wir­kung auf wei­tere Be­rei­che frag­lich: Ho­te­lumsätze

Ob diese Ent­schei­dung schon eine In­di­ka­tion für die of­fe­nen Fra­gen zum Auf­tei­lungs­ge­bot bei Ho­te­lumsätzen dar­stellt, ist zu­min­dest vor dem Hin­ter­grund der Ausführun­gen des V. Se­na­tes im vor­lie­gen­den Be­schluss nicht geklärt (vgl. BFH Be­schluss vom 07.03.2022, Az. XI B 2/21 (AdV), DStR 2022, S. 984; siehe auch Um­satz­steuer Im­puls vom 15.06.2022).

Folgt man sei­nen Ausführun­gen in Rz. 19 des Be­schlus­ses, so scheint die­ser gleich­wohl ein die Grundsätze von Haupt- und Ne­ben­leis­tung über­schrei­ben­des Auf­tei­lungs­ge­bo­tes für möglich und mit Ge­mein­schafts­recht ver­ein­bar zu hal­ten, wenn die­ses wie z.B. § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG ein ein­deu­ti­ges Auf­tei­lungs­ge­bot begründe.

Die Ar­gu­men­ta­tion über­zeugt nicht. Aus dem EuGH-Ur­teil meinte man eher ab­le­sen zu können, dass der EuGH einem Auf­tei­lungs­ge­bot ab­leh­nend ge­genüber­steht. Es wird sich zei­gen, ob der XI. Se­nat in den bei ihm anhängi­gen Ver­fah­ren an den EuGH vor­legt.

Schließlich können auch Im­mo­bi­lienüber­tra­gun­gen be­trof­fen sein, bei de­nen nach der­zei­ti­ger Les­art die Steu­er­be­frei­ung nach § 4 Nr. 9a UStG wie auch die Steu­er­schuld­um­kehr nach § 13b UStG nur die Grundstücks­lie­fe­rung, nicht aber die Lie­fe­rung von be­weg­li­chen Ge­genständen und Be­triebs­vor­rich­tun­gen um­fasst.

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