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Verpflichtende Nachhaltigkeitsberichterstattung - und die Auswirkung auf den Mittelstand

Die Nach­hal­tig­keits­be­richt­er­stat­tung ge­winnt für mit­telständi­sche Un­ter­neh­men stark an Be­deu­tung. Die zu­neh­mende Sen­si­bi­li­sie­rung bei nicht­fi­nan­zi­el­len The­men geht mit einem stei­gen­den In­for­ma­ti­ons­be­darf bei In­ves­to­ren, Ver­brau­chern und Un­ter­neh­men ein­her. Darüber hin­aus stei­gert die An­fang 2023 in Kraft ge­tre­tene „Cor­po­rate Sus­tai­na­bi­lity Re­por­ting Di­rec­tive“, kurz CSRD, die Re­le­vanz der nicht­fi­nan­zi­el­len Be­richt­er­stat­tung noch­mals deut­lich. Die Ver­pflich­tung zur Nach­hal­tig­keits­be­richt­er­stat­tung wird ab 2025 auf alle großen Un­ter­neh­men aus­ge­wei­tet. Wel­che Aus­wir­kun­gen die Ver­pflich­tung zur nicht­fi­nan­zi­el­len Be­richt­er­stat­tung auf mit­telständi­sche Un­ter­neh­men hat, darüber spre­chen wir mit dem Nach­hal­tig­keits­ex­per­ten Björn Maier, Wirt­schaftsprüfer, Steu­er­be­ra­ter und Di­rec­tor bei RSM Eb­ner Stolz in Stutt­gart.

Über kurz oder lang wird die Nach­hal­tig­keits­be­richt­er­stat­tung für alle Un­ter­neh­men eine Um­set­zungs­not­wen­dig­keit. Wa­rum sollte sich der Mit­tel­stand schon frühzei­tig mit der ver­pflich­ten­den Be­richt­er­stat­tung be­fas­sen?

Björn Maier

Nach­hal­tig­keit rückt zu­neh­mend in den Fo­kus von Po­li­tik, Wirt­schaft und Öff­ent­lich­keit. Dies ist in­zwi­schen auch im Mit­tel­stand ganz deut­lich zu spüren. Schon heute ver­pflich­ten viele Großkun­den ihre Zu­lie­fe­rer, Nach­hal­tig­keits­in­for­ma­tio­nen zur Verfügung zu stel­len. Mit der CSRD ändern sich zu­dem in ab­seh­ba­rer Zeit die recht­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen. Ab dem Jahr 2025 sind alle großen Un­ter­neh­men im Sinne des HGB ver­pflich­tet, eine Nach­hal­tig­keits-Erklärung zu er­stel­len und diese als Teil des La­ge­be­richts zu veröff­ent­li­chen. Da­mit fal­len große Teile des Mit­tel­sands in den An­wen­dungs­be­reich der CSRD. Ent­spre­chende Be­richts­struk­tu­ren zu schaf­fen ist mit einem nicht zu un­ter­schätzen­den zeit­li­chen und per­so­nel­len Auf­wand ver­bun­den. Es ist da­her rat­sam, mit dem Pro­jekt Nach­hal­tig­keits­be­richt 2025 schon jetzt zu star­ten.

Auf wel­che The­men­be­rei­che er­streckt sich die Nach­hal­tig­keits­be­richt­er­stat­tung?

In der Nach­hal­tig­keits­be­richt­er­stat­tung fin­det man, un­abhängig vom kon­kre­ten Rah­men­werk, drei zen­trale Säulen. Dies sind En­viron­ment (Um­welt), So­cial (So­zia­les) und Go­ver­nance (Un­ter­neh­mensführung), kurz ESG. Diese drei Säulen spie­geln sich auch in den ak­tu­ell als Ent­wurf vor­lie­gen­den zwölf Stan­dards der EU zur Nach­hal­tig­keits­be­richt­er­stat­tung, die die in­halt­li­che Grund­lage für die ver­pflich­tende Be­richt­er­stat­tung bil­den, wi­der. Dem Thema Um­welt­be­lange wid­men sich fünf Stan­dards. Diese er­stre­cken sich in­halt­lich vom zen­tra­len Be­reich des Kli­ma­schut­zes hin zum Überg­ang auf eine Kreis­lauf­wirt­schaft bis zum Thema Bio­di­ver­sität. Für den Schwer­punkt So­cial sind vier Stan­dards vor­ge­se­hen. Diese for­dern u. a. In­for­ma­tio­nen zum Schutz und zur Gleich­be­rech­ti­gung der ei­ge­nen Be­leg­schaft und den Be­schäftig­ten in der Lie­fer­kette. Ab­ge­run­det wird das Ganze mit einem Stan­dard zur Go­ver­nance, also der Frage, wie Nach­hal­tig­keit in der Un­ter­neh­mensführung und -kul­tur ver­an­kert ist und wie bei­spiels­weise mit dem The­men Anti-Kor­rup­tion um­ge­gan­gen wird. Diese Be­richts­pflich­ten sind von al­len be­trof­fe­nen Un­ter­neh­men in vol­lem Um­fang zu erfüllen, un­abhängig da­von, ob es sich um einen Großkon­zern mit meh­re­ren tau­send Mit­ar­bei­ten­den oder ein Un­ter­neh­men aus dem Mit­tel­stand han­delt. Die ein­zige vor­ge­se­hene Er­leich­te­rung für den Mit­tel­stand be­steht darin, dass die­ser nicht schon wie die großen börsen­no­tier­ten Un­ter­neh­men ab dem Jahr 2024 die neuen Be­richts­pflich­ten erfüllen muss, son­dern erst mit einem Jahr Ver­satz, also dem Jahr 2025.

Eine frühzei­tige Vor­be­rei­tung auf die demnächst be­ste­hen­den ge­setz­li­chen Pflich­ten lohnt sich also. Wie soll­ten sich Mit­telständ­ler dem Thema der Nach­hal­tig­keits­be­richt­er­stat­tung sinn­vol­ler­weise nähern? Wie sollte der Pro­zess aus­se­hen?

Hier kommt es auf die in­di­vi­du­elle Si­tua­tion im Un­ter­neh­men an. So­fern ein Un­ter­neh­men be­reits Nach­hal­tig­keits­in­for­ma­tio­nen er­hebt, bie­tet es sich an, diese als Start­punkt zu ver­wen­den, um im Rah­men ei­ner Gap-Ana­lyse zu eva­lu­ie­ren, an wel­chen Stel­len die neuen Be­richts­an­for­de­rung noch nicht erfüllt wer­den. Bei einem Un­ter­neh­men, wel­ches sich bis­her noch we­nig mit dem Thema Nach­hal­tig­keits­be­richt­er­stat­tung be­schäftigt hat, ist es hin­ge­gen sinn­voll, zunächst eine Nach­hal­tig­keits­stra­te­gie zu ent­wi­ckeln. Aus­gangs­punkt dafür ist eine ge­naue Ana­lyse der Ist-Si­tua­tion und die Ent­wick­lung eins Ziel­bil­des.

Wel­che Ele­mente sollte eine Nach­hal­tig­keits­stra­te­gie im Mit­tel­stand ent­hal­ten?

Die Nach­hal­tig­keits­stra­te­gie ist am Ge­schäfts­mo­dell des Un­ter­neh­mens aus­zu­rich­ten. Es geht also zunächst darum zu er­he­ben, wie die Tätig­keit des Un­ter­neh­mens auf die ESG-Ziele wirkt. Dar­auf auf­bau­end ist fest­zu­le­gen, wie ne­ga­tive Wir­kun­gen auf die Ziele ver­min­dert wer­den können, aber auch, wel­che Chan­cen sich dem Un­ter­neh­men dar­aus un­ter Umständen eröff­nen. Um den Er­folg der ei­ge­nen Stra­te­gie be­wer­ten zu können, ist es zu­dem von Be­deu­tung, kon­krete Zeit­ho­ri­zonte und Ziel­werte fest­zu­le­gen, die dann auch nach­ge­hal­ten wer­den müssen.

Viel­fach gibt es im Un­ter­neh­men noch keine Nach­hal­tig­keits-Ab­tei­lung. Wo sollte diese Po­si­tion am sinn­volls­ten und res­sour­cen­scho­nends­ten an­ge­sie­delt sein.

Der nicht­fi­nan­zi­el­len Be­richt­er­stat­tung soll zukünf­tig die glei­che Be­deu­tung zu­kom­men wie der fi­nan­zi­el­len Be­richt­er­stat­tung. Es bie­tet sich im Mit­tel­stand an, das Thema or­ga­ni­sa­to­ri­sch im Rech­nungs­we­sen an­zu­sie­deln, so­fern keine ei­gene Ab­tei­lung auf­ge­baut wer­den soll. Un­abhängig da­von, ob eine ei­gene Ab­tei­lung oder eine An­glie­de­rung an das Rech­nungs­we­sen an­ge­dacht ist, ist auf eine an­ge­mes­sene per­so­nelle und fi­nan­zi­elle Res­sour­cen­aus­stat­tung des mit The­men der Nach­hal­tig­keit be­schäftig­ten Be­reichs zu ach­ten. Die kon­zern­weite Im­ple­men­tie­rung ei­ner Nach­hal­tig­keits­be­richt­er­stat­tung ist mit nicht un­er­heb­li­chen An­stren­gun­gen ver­bun­den.

Kom­men wir nun zum Kern­be­reich: die Nach­hal­tig­keits­be­richt­er­stat­tung. Wahr­schein­lich macht es Sinn, diese schritt­weise auf­zu­bauen. Was sind die Ba­sics, die ein sol­cher Be­richt ei­nes mit­telständi­schen Un­ter­neh­mens Stand heute zwin­gend ent­hal­ten muss und wo geht die Reise in den nächs­ten Jah­ren hin?

Die kon­kret zu be­rich­ten­den As­pekte sind durch eine We­sent­lich­keits­ana­lyse un­ter­neh­mens­in­di­vi­du­ell zu iden­ti­fi­zie­ren. Der Be­reich Kli­ma­schutz ist ein As­pekt, wel­cher in kei­nem Nach­hal­tig­keits­be­richt feh­len darf. Dem Thema De­kar­bo­ni­sie­rung, also dem Weg zur CO2-Neu­tra­lität des ei­ge­nen Ge­schäfts­mo­dells kommt in die­sem Kon­text eine zen­trale Rolle zu. Da­ne­ben ist fak­ti­sch je­des Un­ter­neh­men in Lie­fer­ket­ten ein­ge­bun­den, über die re­gelmäßig zu be­rich­ten sein wird.

Ori­en­tie­rung für kon­krete In­halte ei­ner frei­wil­li­gen Be­richt­er­stat­tung, als Vor­be­rei­tung auf die ge­setz­li­che Ver­pflich­tung, bie­ten di­verse in­ter­na­tio­nale wie auch na­tio­nale Rah­men­werke. Zu nen­nen sind hier ex­em­pla­ri­sch die sog. GRI-Stan­dards oder auch der Deut­sche Nach­hal­tig­keits­ko­dex (DNK).

Noch be­steht keine Prüfungs­pflicht für einen nicht­fi­nan­zi­el­len Be­richt. Emp­fiehlt es sich, die­sen den­noch ei­ner kri­ti­schen Durch­sicht durch einen Wirt­schaftsprüfer zu un­ter­zie­hen?

Er­stellt ein Un­ter­neh­men in Vor­be­rei­tung auf die Be­richts­pflicht ab dem Jahr 2025 vor­her be­reits frei­wil­lig einen Nach­hal­tig­keits­be­richt oder auch nur Teile da­von, ist es emp­feh­lens­wert, die­sen von einem Prüfer überprüfen zu las­sen. Man spricht hier oft­mals von einem sog. As­surance Rea­di­ness As­sess­ment. Dies bie­tet dem Un­ter­neh­men die Möglich­keit, Si­cher­heit über den Er­folg der bis­he­ri­gen An­stren­gun­gen zu ge­win­nen und noch be­ste­hende Schwächen zu be­he­ben. Der Nach­hal­tig­keits­be­richt für das Jahr 2025 wird dann ver­pflich­tend ei­ner ex­ter­nen Prüfung un­ter­zo­gen, wenn auch zunächst nur in ei­ner ver­min­der­ten Prüfungs­tiefe.

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