
9. Unternehmerdialog Agrar und Ernährung
Wachstum neu denken
Drei starke Impulse, ein stimmiger Rahmen und ein offener Austausch unter Entscheiderinnen und Entscheidern. Der Unternehmerdialog bot vielfältige Einblicke in aktuelle Entwicklungen der Agrar- und Ernährungswirtschaft.
Rund 65 Persönlichkeiten aus dem gehobenen Mittelstand kamen in Düsseldorf zusammen, um gemeinsam über die Zukunft der Branche zu sprechen. Unter dem Motto „Rethink Growth: Die Kraft der Idee – Strategien für eine Welt im Wandel“ trafen sich Top Entscheider oder Manager und Eigentümer im „Place to be Forty Four“. Optimales Wetter und ein beindruckendender Blick über die Stadt boten beste Voraussetzungen für Vernetzung, intensive Diskussionen und neue Perspektiven.
Agrarhandel im Wandel: Erfolgsstrategien für eine profitable Zukunft
Jan Heinecke, Vorstand der AGRAVIS, gewährte einen eindrucksvollen Blick in die Realität eines großen, genossenschaftlich geprägten Agrarhändlers. Sein Vortrag war weit mehr als eine Präsentation von Zahlen. Heinecke zeigte, wie sich ein traditionelles Unternehmen im Spannungsfeld zwischen Digitalisierung, Nachhaltigkeit und wachsendem Effizienzdruck behauptet. Mit konkreten Beispielen, vom trimodalen Logistikstandort bis zur Automatisierung in der Stückgutlogistik, wurde deutlich, worauf es heute ankommt: konsequente Fokussierung, klare Strategien und Mut zur Veränderung.
Besonders betonte er dabei den Anspruch, dem Kunden echten Mehrwert zu bieten – und das wirtschaftlich tragfähig. „Wir müssen unsere Kosten im Griff haben, sonst können wir den Kundennutzen nicht finanzieren.“ Genau diese Verbindung aus Kundennähe und wirtschaftlicher Klarheit zieht sich wie ein roter Faden durch die strategische Neuausrichtung der AGRAVIS. Heineckes Vortrag machte deutlich, dass langfristiger Erfolg dort entsteht, wo Investitionen auf Augenmaß treffen und Verantwortung nicht delegiert, sondern übernommen wird.
Er zeigte auf, wie das Unternehmen mit zentralen Investitionen in moderne Logistikstandorte, neue Stückgut- und Flüssigumschlagsysteme sowie PV-Anlagen Effizienz, Nachhaltigkeit und Versorgungssicherheit verbindet. Digitalisierung wird dort eingesetzt, wo sie Prozesse verbessert, und konkrete Wirkung entfaltet. „Die AGRAVIS ist kein Wachstums-Getriebener, sondern ein zukunftsorientierter Versorger, der verlässlich im Hintergrund arbeitet und gerade dadurch einen stabilisierenden Beitrag für die gesamte Kette leistet.“
Erfolg im Wandel eines globalen Mittelständlers
Nils Meyer-Pries, CEO der Fuchs Gruppe, schilderte eindrucksvoll, wie der Übergang von einem jahrzehntelang patriarchalisch geführten Unternehmen hin zu einem modernen, international agierenden Mittelständler gelingen kann. Im Zentrum stand dabei der Wandel nach dem Tod von Dieter Fuchs. Über 65 Jahre lang hatte er die Fuchs Gruppe als unternehmerische Leitfigur entscheidend geprägt und sie mit Ausdauer, klarem Kompass und unternehmerischem Gespür zum unangefochtenen Marktführer in Deutschland entwickelt. Für Meyer-Pries, der selbst über 20 Jahre eng mit dieser außergewöhnlichen Gründerpersönlichkeit zusammengearbeitet hatte, stellte dieser Moment keine Zäsur mit klarer Linie dar. Vielmehr handelte es sich um einen langfristigen Transformationsprozess, der sich schrittweise vollzog.
„Wir haben gelernt, dass Kultur nicht verordnet werden kann. Sie muss gelebt werden.“ Dieser Satz beschreibt die Haltung, mit der sich die Fuchs Gruppe schrittweise neu aufstellte. Die Einführung einer offenen Du-Kultur, der Aufbau einer klaren Führungssystematik und die Entwicklung einer internationalen, partizipativen Strategiearbeit waren zentrale Elemente des Umbaus. Entscheidende Impulse kamen dabei von innen: Meyer-Pries betonte, dass Veränderung vor allem aus harter Arbeit, Konsequenz und Vertrauen entsteht – und nicht aus externen Heilsversprechen.
Ein wichtiger Hebel war die Herstellung von Steuerungsfähigkeit in einem System, das zuvor stark durch persönliche Entscheidungen geprägt war. Der Austausch des CFO markierte den Anfang. Auch die interne und externe Kommunikation wurde grundlegend neu aufgestellt. Dazu gehörten eine konsistente Arbeitgeberpositionierung, ein frisches Erscheinungsbild und ein klarer Fokus auf Employer Branding, um die Attraktivität als moderner Arbeitgeber zu steigern. Parallel hat die Fuchs Gruppe ihr Marken- und Produktportfolio weiterentwickelt. Bekannte Gewürzmarken wie Ostmann, Ubena und Fuchs wurden klar positioniert. Ergänzend sorgten strategische Zukäufe wie Bamboo Garden und Kattus von der Hamburger Zertus Gruppe für frische Impulse und stärkten gezielt die Sortimentsvielfalt.
Saftbranche sucht Alternativen zur Orange – In der Krise die Chancen nutzen
Guy Tiebackx, CEO von Eckes-Granini Deutschland, gab einen Einblick in die Herausforderungen eines Markenherstellers in einem zunehmend schwierigen Marktumfeld. Steigende Rohstoffpreise für Orangensaftkonzentrat, verändertes Konsumverhalten und die wachsende Dominanz des Handels stellen die Branche vor grundlegende Fragen. Eckes-Granini reagiert darauf mit einem klaren Fokus auf Markenführung und Sortimentsschärfung bis hin zu Produktauslistungen.
Besonders die Entwicklung im Orangensaftmarkt verdeutlicht den Handlungsdruck. Explodierende Preise, die sich nur langsam leicht rückläufig entwickeln, sowie ein seit Jahren sinkender Pro-Kopf-Konsum stellen die Branche vor große Herausforderungen. Tiebackx beschrieb, wie das Unternehmen auf die veränderten Rahmenbedingungen reagiert, ohne den Markenkern aus den Augen zu verlieren. Ziel sei es, weiterhin qualitativ hochwertige Produkte anzubieten, aber auch wirtschaftlich tragfähige Lösungen zu finden. Entscheidend sei dabei eine offene Kommunikation mit Handel und Verbrauchern.
Gleichzeitig investiert Eckes-Granini in neue Produktkategorien. Funktionale, nicht-alkoholische Getränke, viele davon mit ernährungsphysiologischem Mehrwert oder innovativen Geschmacksprofilen, gewinnen an Bedeutung.
Auch im Vertrieb verfolgt das Unternehmen neue Wege. Der Außer-Haus-Markt wird gezielt gestärkt, um unabhängiger vom klassischen Handel zu werden. Dort, so Tiebackx, entstehe Raum für partnerschaftliche Modelle mit gemeinsamem Wachstumspotenzial. Seine Botschaft war klar: Wer langfristig erfolgreich sein will, braucht starke Marken, echte Dialogbereitschaft und die Fähigkeit, sich immer wieder neu zu erfinden.
Dialog, der bleibt
Neben den Vorträgen war der Tag geprägt von intensiven Gesprächen, spannenden Diskussionen und Begegnungen auf Augenhöhe. Ob auf der Dachterrasse, beim Fingerfood oder beim gemeinsamen Abendessen, das Format hat sich als echte Dialogplattform bewährt. Besonders erfreulich war die große Zahl an Stammgästen, die den Unternehmerdialog über die Jahre hinweg begleiten und mitgestalten.
Im kommenden Jahr feiert der Unternehmerdialog Agrar und Ernährung sein zehnjähriges Bestehen. Ein guter Anlass, um besondere Momente und Entwicklungen Revue passieren zu lassen und gemeinsam neue Impulse zu setzen. Wir freuen uns auf das Jubiläum und viele vertraute und neue Gesichter.
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