Zur Bestimmung von Zinsaufwendungen i. S. d. Zinsschranke
Laut BFH ist ein Entgelt, mit dem nicht die zeitlich begrenzte Zurverfügungstellung von Fremdkapital, sondern eine andere Leistung des Kreditgebers vergütet wird, keine Zinsaufwendung i. S. d. Zinsschranke. Im Urteilsfall verneinte der BFH deshalb die Anwendung der Abzugsbeschränkung nach § 4h EStG bei einer sog. „arrangement fee“, die an eine Konsortialführerin gezahlt wurde.
Dem Beschluss des BFH vom 22.03.2023 (Az. XI R 45/19) lag der Sachverhalt zugrunde, dass eine GmbH als Organträger und deren Tochtergesellschaft als Organgesellschaft ein Darlehen als Konsortialkredit aufnahmen. Darlehensgeber waren fünf Banken, wobei eine Bank als Konsortialführerin auftrat. Laut einem „arrangement fee letter" war an diese Bank einmalig eine „arrangement fee" in Höhe von 4,25 % der vereinbarten Darlehenssumme zu zahlen, die nur dann nicht angefallen wäre, wenn es nicht zum Darlehensvertragsabschluss gekommen wäre.
Da nach der Zinsschrankenregelung in § 4h Abs. 3 Satz 2 EStG auf „Vergütungen für Fremdkapital" abzustellen ist und im Hinzurechnungstatbestand des § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG ein sehr ähnlicher Wortlaut verwendet wird, zieht der BFH die dazu bislang ergangene Rechtsprechung heran. Somit sei maßgeblich, dass sich das Entgelt bei wirtschaftlicher Betrachtung als Gegenleistung für die Fremdkapitalnutzungsmöglichkeit darstellt. Werden Entgelte für eine andere Leistung oder aus einem anderen Rechtsgrund erbracht, seien diese nicht als Zinsaufwendungen zu behandeln. Dazu habe das FG in tatsächlicher Hinsicht bindend festgestellt, dass die „arrangement fee" für die bis zum Abschluss des Kreditvertrags erfolgten Vermittlungstätigkeiten der Konsortialführerin zu zahlen war. Für eine Leistung über die Kapitalüberlassung hinaus spreche zudem, dass die Gebühr nicht nach dem tatsächlich abgerufenen Fremdkapital, sondern nach der vertraglich vereinbarten Darlehenssumme bemessen und auch bei vorzeitiger Beendigung des Darlehensverhältnisses nicht (anteilig) rückzuerstatten sei.
Hinweis: Der BFH widerspricht damit dem BMF-Schreiben vom 04.07.2008 (BStBl. I 2008, S. 718, Rz. 15), wonach auch Vergütungen, die „zwar nicht als Zins berechnet werden, aber Vergütungscharakter haben (z. B. Provisionen und Gebühren, die an den Geber des Fremdkapitals gezahlt werden)" Zinsaufwendungen i. S. d. Zinsschranke seien.
Mit dem Wachstumschancengesetz, zu dem das BMF einen Referentenentwurf mit Bearbeitungsstand 14.07.2023 vorgelegt hat, soll der Zinsbegriff i. S. d. Zinsschranke mit Wirkung ab 01.01.2024 ausgedehnt werden. Neben Vergütungen für Fremdkapital sollen demnach explizit auch wirtschaftlich gleichwertige Aufwendungen und sonstige Aufwendungen im Zusammenhang mit der Beschaffung von Fremdkapital der Zinsschranke unterliegen. Das BMF beabsichtigt damit eine Angleichung der Zinsschrankenregelung an die Vorgaben der ATAD-Richtlinie, wie sie sich aus der englischen und französischen Sprachfassung ergeben. Abzuwarten bleibt, ob die Änderung der Zinsschrankenregelung in dieser Form tatsächlich gesetzgeberisch umgesetzt wird.