
EU-Kommission veröffentlicht Maßnahmen zur Vereinfachungen der Umsetzung der EUDR
Die EU-Kommission hat am 15.04.2025 mehrere wichtige Dokumente, darunter eine aktuelle Version der FAQs, einen Entwurf für neue Leitlinien sowie einen Verordnungsentwurf zur Änderung von Anhang I der EU-Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten (im Folgenden: EUDR) veröffentlicht, zu dem interessierte Stakeholder im „have your say“ Forum der EU-Kommission bis zum 13.05.2025 Stellung nehmen konnten. Diese Vorgaben sollen den Marktteilnehmern und Händlern zusätzliche Rechtssicherheit darüber geben, welche Produktkategorien in den Anwendungsbereich der EUDR fallen.
Durch die Maßnahmen soll die Umsetzung der Vorschriften der EUDR vereinfacht und der Verwaltungsaufwand und die Verwaltungskosten für Unternehmen und Behörden um bis zu 30 % verringert werden. Dies geht aus einer Pressemitteilung der EU-Kommission hervor. In dieser Pressemitteilung hat sich die EU-Kommission außerdem dazu verpflichtet, das System zur Risikoeinstufung von Ländern und Regionen, das sog. Benchmarking, bis spätestens 30.06.2025 in einem Durchführungsrechtsakt zu veröffentlichen. Das System wird ebenfalls zur Vereinfachung der Umsetzung der EUDR beitragen, da der Umfang der Sorgfaltspflichten der Unternehmen auch vom Risikostatus der Länder abhängt.
Hinweis: Derzeit wird angenommen, dass lediglich Belarus, Nordkorea, Russland und Myanmar zu den Hochrisikoländern zählen werden.
Mit den Vereinfachungen kommt die EU-Kommission ihrem Versprechen gegenüber dem Europäischen Parlament und dem Rat nach und garantiert zugleich regulatorische Sicherheit innerhalb der Grenzen der Verordnung.
Die wichtigsten Änderungen und Neuerungen in Bezug auf die Umsetzung der EUDR betreffen u. a. folgende Themen:
Verpackungsmaterialien und Verpackungsbehältnisse
Zunächst wurden die Fälle der Verwendung von Verpackungsmaterialien und Verpackungsbehälter (Verpackungen) konkretisiert. Bereits klargestellt ist, dass Verpackungen dann nicht in den Anwendungsbereich der EUDR fallen, wenn sie ausschließlich zur Unterstützung, zum Schutz oder zum Transport eines anderen in Verkehr gebrachten Erzeugnisses verwendet werden. Auch Verpackungen, die zur mehrfachen Verwendung geeignet sind, fallen ab dem Zeitpunkt ihrer Verwendung für die Unterstützung, den Schutz oder den Transport eines Erzeugnisses in den Anwendungsbereich der EUDR. Umgekehrt kann eine Verpackung, die vorher zur Unterstützung, zum Schutz oder zum Transport eines anderen Erzeugnisses gedient hat, auch wieder als eigenständiges Erzeugnis auf dem Markt in Verkehr gebracht, bereitgestellt oder ausgeführt werden, sodass sie mit diesem Zeitpunkt wieder in den Anwendungsbereich der EUDR fällt.
Nach den neuen Leitlinien ist für die Einordnung entscheidend, ob die Verpackung bei der Ein- oder Ausfuhr nach Nr. 5b der Allgemeinen Vorschriften zur Auslegung der Kombinierten Nomenklatur gemeinsam oder getrennt von der darin enthaltenen Ware eingestuft würde. Danach werden Verpackungen wie die darin enthaltenen Waren eingestuft, wenn sie zur Verpackung dieser Waren üblich sind. In diesem Fall kann davon ausgegangen werden, dass die Verpackung ausschließlich zur Unterstützung, zum Schutz oder zum Transport eines anderen Erzeugnisses verwendet wird und somit nicht unter die EUDR fällt.
Wird die Verpackung getrennt von darin enthaltenen Waren eingestuft und erhält einen eigenen HS-Code, dann fällt sie unter die EUDR, weil sie auch als eigenständiges Erzeugnis in Verkehr gebracht, bereitgestellt oder ausgeführt werden kann und nicht ausschließlich der Unterstützung, dem Schutz oder dem Transport eines anderen Erzeugnisses dient.
Zudem soll der Verkauf oder die Vermietung von gebrauchten Verpackungen an andere Unternehmen nicht unter die EUDR fallen. Dies gilt auch für leere Verpackungen, die bereits einmal zur Unterstützung, zum Schutz oder zum Transport eines anderen Erzeugnisses verwendet wurden, z. B. wenn sie im Rahmen eines geschlossenen Tauschsystems zur Wiederverwendung für den Transport weitergegeben wird.
Wenn eine Verpackung, die bereits zur Unterstützung, zum Schutz oder zum Transport eines anderen Erzeugnisses verwendet wurde, repariert und verkauft wird, muss das jeweilige Unternehmen die Vorschriften der EUDR nur in Bezug auf diejenigen Erzeugnisse erfüllen, die für die Reparatur verwendet wurden (z. B. muss bei einer Palette, die mit nicht recycelten Holzkomponenten repariert wird, eine neue Sorgfaltserklärung für die Palette eingereicht werden, aber nur die neuen Holzkomponenten unterliegen der Sorgfaltspflicht).
Wird ein anderes Erzeugnis vermietet oder im Rahmen einer ähnlichen vertraglichen Vereinbarung (Leasing) bereitgestellt, gilt das Erzeugnis nicht als in Verkehr gebracht oder bereitgestellt, da es sich hierbei nicht um die Übertragung des Eigentums oder eines anderen Eigentumsrechts an dem betreffenden Produkt handelt. Etwas anderes gilt jedoch, wenn das vermietete Erzeugnis zur Überlassung in den zollrechtlich freien Verkehr auf dem EU-Markt oder in das Zollverfahren „Ausfuhr“ überführt wird; dann gilt es als in Verkehr gebracht und unterliegt somit den Bestimmungen der EUDR.
Hinweis: Weitere Informationen hierzu finden sich unter Nr. 2.5, 2.6, 2.15 und 2.10 der FAQs.
Wiederverwendung von Sorgfaltserklärungen beim Re-Import von Erzeugnissen und jährliche Abgabe der Sorgfaltserklärung
Eine weitere wichtige Änderung betrifft die Möglichkeit für nachgelagerte Nicht-KMU-Marktteilnehmer, im Falle der Widereinfuhr eines Erzeugnisses, das zuvor aus dem EU-Markt exportiert wurde, auf die dafür bereits erstellte Sorgfaltserklärung zurückzugreifen und diese wiederzuverwenden. Darüber hinaus hat die EU-Kommission beschlossen, dass eine jährliche Übermittlung der Sorgfaltserklärungen durch Nicht-KMU-Marktteilnehmer und Nicht-KMU-Händler ausreicht und sie daher nicht unmittelbar nach jeder Lieferung/Charge eines Erzeugnisses eine Sorgfaltserklärung abgeben müssen.
Hinweis: Weitere Informationen hierzu finden sich in Nr. 5.4 und 5.19 der FAQ.
Benennung eines Bevollmächtigten für eine Unternehmensgruppe
Für Unternehmensgruppen ist es nunmehr möglich, eines ihrer Mitglieder als Bevollmächtigten der gesamten Unternehmensgruppe zu benennen, der im Namen aller Mitglieder der Unternehmensgruppe die Sorgfaltserklärungen abgibt und das Sorgfaltspflichtensystem verwaltet.
Die rechtliche Verantwortung für die Einhaltung der Vorschriften der EUDR verbleibt jedoch auch in diesem Fall bei den einzelnen Marktteilnehmern und Händlern.
Hinweis: Weitere Informationen hierzu finden sich in Nr. 3.13 der FAQ.
Verpflichtungen nachgelagerter Nicht-KMU-Marktteilnehmer und Nicht-KMU-Händler
Des Weiteren wurden die Pflichten nachgelagerter Nicht-KMU-Marktteilnehmer und Nicht-KMU-Händler im Sinne von Art. 4 Abs. 9 EUDR konkretisiert. Danach dürfen diese auf bereits übermittelte Sorgfaltserklärungen verweisen, wenn sie festgestellt haben, dass in der vorgelagerten Lieferkette die Sorgfaltspflicht für die relevanten Erzeugnisse erfüllt wurde; In den Erläuterungen der FAQs heißt es, dass sie zu diesem Zweck die Informationen im Informationssystem einsehen, die Referenznummern und Prüfnummern der vorgelagerten Sorgfaltserklärung erfassen und deren Gültigkeit überprüfen. Nachgelagerte Nicht-KMU-Unternehmen und Nicht-KMU-Händler reichen dann ihre eigenen Sorgfaltserklärungen ein und verweisen auf alle frühere Sorgfaltserklärungen und Referenznummern, die sie von ihren direkten Lieferanten erhalten haben.
Nachgelagerte Nicht-KMU-Marktteilnehmer und Nicht-KMU-Händler müssen sich demnach nur vergewissern, dass eine Sorgfaltserklärung für das betreffende Erzeugnis erstellt und dessen Referenznummer gültig ist, aber die Sorgfaltserklärung des Vorlieferanten insbesondere nicht inhaltlich überprüfen. Zur Begründung heißt es in den FAQ, dass die Feststellung der Erfüllung der Sorgfaltspflicht nicht unbedingt bedeute, dass jede einzelne eingereichte Sorgfaltserklärung systematisch überprüft werden muss. Ausreichend sei, dass der nachgelagerte Nicht-KMU-Marktteilnehmer überprüft, ob die vorgelagerten Marktteilnehmer und Händler ein funktionierendes und aktuelles Sorgfaltspflichtensystem etabliert und für die relevanten Erzeugnisse eine Sorgfaltserklärung übermittelt haben, um das Risiko der Nichtkonformität relevanter Erzeugnisse wirksam zu mindern.
Hinweis: Weitere Informationen hierzu finden sich unter Nr. 3.4 und Nr. 7.10 der FAQs.
Produktproben und Erzeugnisse zur Untersuchung, Analyse oder Prüfung
Darüber hinaus sieht der Verordnungsentwurf u. a. vor, dass Proben von Erzeugnissen, die von geringem Wert und von geringer Menge sind, vom Anwendungsbereich der EUDR auszunehmen sind, wenn sie nur dazu verwendet werden, Aufträge für Erzeugnisse desselben Typs zu erwirken und wenn der weitere Verbrauch oder die Nutzung zu einem anderen Zweck als der Auftragserlangung auszuschließen ist. Das wäre z. B. der Fall, wenn ein Kaffeeunternehmen eine kleine Probe von Kaffeebohnen aus einem neuen Anbaugebiet einführt, um sie in ihrem Unternehmen zu testen und zu verbrauchen, damit es anschließend entscheiden kann, ob es eine größere Menge dieser Kaffeebohnen bestellt.
Außerdem sollen Erzeugnisse, die zu Informations- oder Forschungszwecken untersucht, analysiert oder geprüft werden, um ihre Zusammensetzung, Qualität oder andere technische Eigenschaften zu bestimmen, vom Anwendungsbereich der EUDR ausgenommen werden, wenn diese Erzeugnisse im Verlauf der Untersuchung, Analyse oder Prüfung vollständig verbraucht oder zerstört werden.
Hinweis: Mehr Informationen und Beispiele hierzu finden sich unter Punkt 2.14 der FAQs.
Begleitmaterialien und der Austausch von Briefen und Schriftverkehr
Auch zu Begleitmaterialien eines Erzeugnisses sieht der Verordnungsentwurf Neuerungen vor. Danach sollen Zubehörmaterialien wie Bedienungsanleitungen, Broschüren, Kataloge, Werbematerialien und Etiketten, die einem anderen Erzeugnis beiliegen, nicht in den Anwendungsbereich der EUDR fallen. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn sie als eigenständige Erzeugnisse in der EU in Verkehr gebracht oder exportiert werden.
Außerdem sind der Austausch von Briefen und der allgemeine Schriftverkehr vom Anwendungsbereich der EUDR ausgenommen, da Briefsendungen innerhalb der EU nicht als in Verkehr gebracht oder als bereitgestellt gelten, sondern ausschließlich einem Kommunikationszweck dienen.
Allerdings können relevante Erzeugnisse, die in Briefsendungen (z. B. in einem Umschlag) enthalten sind, nicht als „Briefsendungen“ angesehen werden und daher ggf. der Pflicht zur Zollanmeldung und der Vorlage einer Referenznummer unterliegen.
Hinweis: Mehr Informationen hierzu finden sich unter Nr. 2.13 der FAQs.
Fazit
Auch wenn die veröffentlichten Maßnahmen wichtige Hilfestellungen zur Vereinfachung der Umsetzung der Vorschriften der EUDR bieten sollen, bleiben viele Fragen offen. Zudem kann man den Erläuterungen in den FAQ entgegenhalten, dass diese die Bestimmungen der EUDR nicht lediglich konkretisieren, sondern möglicherweise sogar im Widerspruch zum Wortlaut der Vorschriften der EUDR stehen. Dies gilt insbesondere für die Tatsache, dass sich die Pflicht der nachgelagerten Nicht-KMU-Marktteilnehmer und Nicht-KMU-Händler zur Feststellung der Erfüllung der Sorgfaltspflicht gemäß Art. 4 Abs. 9 EUDR bereits darauf beschränken soll, dass sie bestehende Referenznummern sammeln und in ihren Sorgfaltserklärungen auf diese verweisen, obwohl das Wort Feststellung nach seinem natürlichen Verständnis her eher eine inhaltliche Überprüfung der Sorgfaltserklärungen nahelegt. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die nachgelagerten Nicht-KMU-Marktteilnehmer und Nicht-KMU-Händler im Falle eines Verstoßes gegen die EUDR weiterhin haftbar bleiben (siehe Nr. 3.4 der FAQ).
Unklar bleibt auch, was neben der Vermietung von relevanten Erzeugnissen unter „ähnlichen vertraglichen Vereinbarungen“ im Rahmen der Bereitstellung eines Erzeugnisses zu verstehen ist.
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