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Rechtsberatung

Umwandlungsrecht: Europaweite Harmonisierung und nationale Änderungen

Am 01.03.2023 trat - wenn­gleich verspätet - das Ge­setz zur Um­set­zung der Um­wand­lungs­richt­li­nie und zur Ände­rung wei­te­rer Ge­setze (Um­RUG) in Kraft. Es ergänzt und mo­di­fi­ziert be­reits be­ste­hende Re­ge­lun­gen in Be­zug auf grenzüber­schrei­tende Um­wand­lun­gen. Be­reits zu­vor, am 31.01.2023, wa­ren durch das Ge­setz zur Um­set­zung der Be­stim­mun­gen der Um­wand­lungs­richt­li­nie über die Mit­be­stim­mung der Ar­beit­neh­mer bei grenzüber­schrei­ten­den Um­wand­lun­gen (Um­RUG­Mit­bestG) mit­be­stim­mungs­recht­li­che Re­ge­lun­gen in na­tio­na­les Recht um­ge­setzt wor­den. Beide Ge­setze be­ru­hen auf der sog. EU-Um­wand­lungs­richt­li­nie.

Die Um­set­zung eu­ro­pa­recht­li­cher Vor­ga­ben durch das Um­RUG be­trifft ne­ben grenzüber­schrei­tende Um­wand­lun­gen auch Er­leich­te­run­gen für in­ner­staat­li­che Um­wand­lun­gen. Erst­ma­lig wird ein eu­ro­pa­weit ein­heit­li­cher recht­li­cher Rah­men in die­sem Be­reich ge­schaf­fen und das Ver­fah­ren für grenzüber­schrei­tende Um­wand­lun­gen no­vel­liert.

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Das neue Sechste Buch im Um­wand­lungs­ge­setz mit dem Ti­tel „Grenzüber­schrei­tende Um­wand­lung“ um­fasst die §§ 305 bis 345 UmwG und greift die bis­he­rige Re­ge­lungs­sys­te­ma­tik im Um­wand­lungs­recht auf. Es re­gelt die grenzüber­schrei­tende Ver­schmel­zung und Spal­tung so­wie den grenzüber­schrei­ten­den Form­wech­sel, wo­bei in­ner­halb die­ses Bu­ches die Be­stim­mun­gen zur grenzüber­schrei­ten­den Ver­schmel­zung dem Ver­fah­ren der Spal­tung und des Form­wech­sels als Re­ge­lungs­vor­bild die­nen.

Die Ände­run­gen ste­hen in en­gem Zu­sam­men­hang mit der Nie­der­las­sungs­frei­heit für EU-Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten und der diese be­tref­fen­den EuGH-Recht­spre­chung. Die na­tio­nale Um­set­zung be­zieht sich im Hin­blick auf die be­tei­lig­ten Recht­sträger grundsätz­lich auf Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten (GmbH, AG, SE, KGaA).

Ei­nige we­sent­li­che Ände­run­gen im Über­blick

  • Der Re­gis­ter­voll­zug wird grenzüber­schrei­tend har­mo­ni­siert. Die be­tei­lig­ten Re­gis­ter­ge­richte kom­mu­ni­zie­ren hierfür di­gi­tal über das Eu­ropäische Sys­tem der Re­gis­ter­ver­net­zung („BRIS“), das der Ver­net­zung der eu­ropäischen Re­gis­ter­stel­len dient. Er­for­der­li­che In­for­ma­tio­nen und Un­ter­la­gen bei Ver­schmel­zung, Spal­tung und Form­wech­sel wer­den hierüber zugäng­lich ge­macht. Der In­for­ma­ti­ons­aus­tausch ist Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten und Zweig­nie­der­las­sun­gen von Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten vor­be­hal­ten. Für die Per­so­nen­han­dels­ge­sell­schaft gilt in­so­fern die Son­der­re­ge­lung der Vor­lage ei­nes ent­spre­chen­den Nach­wei­ses.
  • Wei­ter­hin wurde für die Re­gis­ter­ge­richte eine Miss­brauchs­kon­trolle ein­geführt. Die Re­gis­ter­ge­richte ha­ben zu prüfen, ob die grenzüber­schrei­tende Um­wand­lungsmaßnahme zu missbräuch­li­chen oder betrüge­ri­schen Zwecken er­folgt, die dazu ge­dacht sind, sich Uni­ons­recht oder na­tio­na­lem Recht zu ent­zie­hen oder es zu um­ge­hen, oder zu kri­mi­nel­len Zwecken vor­ge­nom­men wer­den. Im Ein­zel­fall kann hier­un­ter nach der Ge­set­zes­begründung auch die ge­zielte Ent­zie­hung oder Um­ge­hung von Ar­beit­neh­mer­rech­ten fal­len. In sol­chen Miss­brauchsfällen lehnt das Re­gis­ter­ge­richt die Ein­tra­gung ab.
  • Auch der Schutz der Min­der­heits­ge­sell­schaf­ter wurde no­vel­liert. So wurde etwa die eu­ro­pa­recht­li­che Vor­gabe des uni­ons­weit um­zu­set­zen­den Aus­tritts­rechts der Ge­sell­schaf­ter bei Um­wand­lun­gen ge­gen eine an­ge­mes­sene Bar­ab­fin­dung so­wie das Recht auf Ver­bes­se­rung ei­nes un­an­ge­mes­se­nen Um­tausch­verhält­nis­ses um­ge­setzt. Es be­steht die Möglich­keit, er­for­der­li­che An­pas­sun­gen der Wert­verhält­nisse über­tra­gen­der und über­neh­men­der Ge­sell­schaf­ten an­stelle der ba­ren Zu­zah­lung durch zusätz­li­che Ak­tien aus­zu­glei­chen. Die hierfür ge­schaf­fe­nen Re­ge­lun­gen sol­len nach der Ge­set­zes­begründung insb. die über­neh­mende Ge­sell­schaft vor ei­ner nachträgli­chen Li­qui­ditäts­be­las­tung in un­ge­wis­ser Höhe schützen.
  • Zum Schutz der Ge­sell­schaftsgläubi­ger wur­den neue Be­stim­mun­gen ein­geführt, de­ren An­lie­gen der Schutz der Gläubi­ger vor den Aus­wir­kun­gen ei­ner Ände­rung des an­wend­ba­ren Rechts und der ge­richt­li­chen Zuständig­keit ist. Diese ge­ben den Gläubi­gern die Möglich­keit, Si­cher­heit für eine durch die grenzüber­schrei­tende Um­wand­lung gefähr­dete For­de­rung zu ver­lan­gen.
  • Ergänzt wer­den diese Re­ge­lun­gen durch das Ge­setz über die Mit­be­stim­mung der Ar­beit­neh­mer bei grenzüber­schrei­ten­dem Form­wech­sel und grenzüber­schrei­ten­der Spal­tung (MgFSG). Ziel die­ses Ge­set­zes ist, die in der form­wech­seln­den oder in der sich spal­ten­den Ge­sell­schaft er­wor­be­nen Mit­be­stim­mungs­rechte der Ar­beit­neh­mer zu si­chern. Das grenzüber­schrei­tende Vor­ha­ben darf nicht dazu miss­braucht wer­den, Ar­beit­neh­mern Mit­be­stim­mungs­rechte zu ent­zie­hen oder vor­zu­ent­hal­ten. Die Mit­be­stim­mung der Ar­beit­neh­mer soll in der aus dem grenzüber­schrei­ten­den Vor­ha­ben her­vor­ge­hen­den Ge­sell­schaft ge­si­chert und gefördert wer­den.
  • Auf na­tio­na­ler Ebene wer­den Kon­zern­pri­vi­le­gien aus­ge­baut und bei der Kon­zern­ver­schmel­zung Ver­fah­ren­ser­leich­te­run­gen zum Ver­schmel­zungs- und Prüfungs­be­richt auf­ge­nom­men. Auch für grenzüber­schrei­tende Um­wand­lungsmaßnah­men be­ste­hen Kon­zern­pri­vi­le­gien.
  • Flan­kiert wird die No­vel­lie­rung des UmwG wei­ter durch Ände­run­gen im Spruch­ver­fah­rens­ge­setz (SpruchG), wel­ches schon bis­her auf Um­wand­lun­gen An­wen­dung fand. Bei den Neue­run­gen han­delt es sich ne­ben re­dak­tio­nel­len, auch um ei­nige ver­fah­rens­recht­li­che Ände­run­gen. Bei­spiels­weise ist der An­wen­dungs­be­reich des Spruch­ver­fah­rens nun­mehr auch für die Be­stim­mung der Zu­zah­lung, der zusätz­lich zu gewähren­den Ak­tien oder der Bar­ab­fin­dung an An­teils­in­ha­ber bei der Gründung oder Sitz­ver­le­gung ei­ner SE eröff­net.

Ab­zu­war­ten bleibt, wie sich die Um­set­zung der No­vel­lie­run­gen in der Pra­xis bewährt. Zu begrüßen ist, dass nun je­den­falls ein maßgeb­li­cher Grund­stein für das Ziel der eu­ro­pa­wei­ten Ho­mo­ge­ni­sie­rung des Um­wand­lungs­rechts seine na­tio­nale Um­set­zung ge­fun­den hat.

Au­to­ren: Mo­ritz Bur­wick, Ta­mara von Bock

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