„Die Freiheit der Erwachsenen heißt Verantwortung“ - Ein Abend mit Alt-Bundespräsident Joachim Gauck im Kölner Museum Ludwig
Bundespräsident a.D. Joachim Gauck war am 26. Mai 2025 zu Gast im Kölner Museum Ludwig. Auf Einladung von RSM Ebner Stolz sprach er dort im Rahmen einer exklusiven Veranstaltung für Mandanten über die Bedeutung von Freiheit, die aktuell durch externe Bedrohungen, die vom Putin Regime ausgehen, und inneren Extremismus sowie politischen Populismus in den westlichen Demokratien erschüttert wird.
Als Optimist betonte der Alt-Bundespräsident eingangs zunächst das positive Potenzial und die vielen Chancen, die das „beste Deutschland, das es je gab“, dem Einzelnen und der Gesellschaft bietet. Freiheit und die Möglichkeiten zur Gestaltung des eigenen Lebens seien „nicht selbstverständlich, sondern eine ganz große Gabe von Selbstbestimmtheit.“
Gewohnt meinungsstark fand er in seinen Ausführungen einmal mehr klare Worte für die Themen unserer Zeit, die auch zentrale Aspekte seines neuesten Buches „Erschütterungen: Was unsere Demokratien von außen und innen bedroht“ sind. Darauf aufbauend setzte er sich intensiv mit den aktuellen Krisen und Herausforderungen auseinander, die momentan unser Leben und ganze Gesellschaften ins Wanken zu bringen scheinen.
Er berichtete aus seiner eigenen Biografie – von einschneidenden Erfahrungen in der DDR-Diktatur bis hin zu seiner Rolle als Bundespräsident eines wiedervereinigten Deutschlands - und faszinierte das Publikum mit seiner Fähigkeit, Themen wie Demokratie, Freiheit und Menschlichkeit in einen globalisierten und oft polarisierten gesellschaftlichen Zusammenhang einzuordnen.
Kenntnisreich stellte Joachim Gauck den russischen Angriffskrieg in der Ukraine - die große externe Erschütterung der Nachkriegsordnung - in den historischen Kontext der zusammengebrochenen Sowjetunion und erläuterte die Prinzipien der Unfreiheit und Unterdrückung beispielhaft an der Persönlichkeit des im KGB sozialisierten russischen Staatschefs, der den Bedeutungsverlust seines Landes nie verwunden und die Aggression zur ultima ratio seiner Politik gemacht hat. Daraus leitet sich für Joachim Gauck eine klare Antwort ab: Pazifismus ist in diesem Fall kein Mittel der Politik, nur bewaffnete Friedfertigkeit bringt uns weiter. Das Wunschdenken der alten Ostpolitik muss einer neuen Realität weichen.
Getreu dem Motto „Weder Dummheit noch Verstocktheit sind vom Grundgesetz verboten“ richtete Joachim Gauck seinen Blick auch auf die interne Erschütterung der freiheitlichen Demokratien durch den jüngsten Aufstieg des Links- und Rechtspopulismus in Deutschland und Europa. Vor allem die Angst vor zu großem Wandel und zu vielen Krisen, auf welche die demokratischen Parteien der Mitte keine zufriedenstellende Antwort geben, ließen die „Anbieter neben den traditionellen Parteien“ erstarken. Doch auch hier gebe es teilweise noch unbekannte Möglichkeiten, den Populismus einzudämmen. An das Auditorium appellierte er: „Wir haben etwas geschaffen, was genug Zuspruch in der Mitte der Gesellschaft findet - wenn wir nur nicht dem Geist der Verzagtheit verfallen. Wir müssen mit unserem politischen Willen Zeichen setzen, statt abzuwarten und zuzuschauen, denn Zuschauer hat diese Republik genug, Akteure nicht immer.“
Seinen Vortrag schloss Joachim Gauck mit seinem eigenen „Geschenkekorb Demokratie“, den „dieses Land, in dem wir gemeinsam leben“, in den letzten Jahrzehnten geschaffen hat und den es zu erhalten gilt - vom Recht auf freie Wahlen über die Redefreiheit und die Herrschaft des Rechts bis zur Reisefreiheit. Zuversichtlich betonte er, dass „die hinterfragte und angegriffene Demokratie Zukunft hat, denn kein anderes System bietet so einen Raum der Möglichkeiten wie das beschriebene.“
Joachim Gauck bot den Zuhörern an diesem Abend in Köln nicht nur interessante Denkanstöße, sondern auch eine emotionale Perspektive auf die Herausforderungen für Gesellschaft und Demokratie im 21. Jahrhundert. Es war ein leidenschaftliches Plädoyer für Freiheit und Verantwortung, die in seinen Augen untrennbar miteinander verbunden sind und die er in dem Satz zusammenfasste: „Die Freiheit des Erwachsenen ist die Verantwortung.“ Das Publikum war tief beeindruckt und erhob sich zu einem lang andauernden Applaus für diese denkwürdige Rede eines engagierten Kämpfers für Frieden, Freiheit und Demokratie in Deutschland und Europa.
Den Abschluss dieses herausragenden und inspirierenden Abends in den Räumen des Museum Ludwig bildeten ein Rundgang durch die aktuelle Ausstellung „Kids Take Over“ des international hoch renommierten belgischen Fotografen, Malers, Aktions- und Videokünstlers Francis Alÿs, sowie ein Flying Dinner, das viel Raum für persönliche Gespräche und Reflexionen ließ.
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