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OLG Frankfurt a.M. zu den Offenlegungspflichten kapitalmarktorientierter Unternehmen

Urteil des OLG Frankfurt a.M. vom 28.6.2012, WpÜG 8/11

We­gen der Vor­be­halts­re­ge­lung des § 37 v Abs. 1 S. 1 letz­ter Hs. WpHG ist die Ba­Fin nicht ermäch­tigt, ge­gen Un­ter­neh­men, die als In­land­se­mit­ten­ten nach HGB pu­bli­zitätspflich­tig sind, zur Erfüllung der Of­fen­le­gungs­pflich­ten nach § 37 v Abs. 1 S. 1 WpHG ein­zu­schrei­ten. Die Vor­schrift ist in­so­weit an­ge­sichts des ein­deu­ti­gen Wort­lau­tes und der Ge­set­zes­begründung auch nicht ei­ner ab­wei­chen­den eu­ro­pa­rechts­kon­for­men Aus­le­gung zugäng­lich.

Der Sach­ver­halt:
Die Be­schwer­deführe­rin ist ein Un­ter­neh­men mit Sitz in Deutsch­land, des­sen Ak­tien an ei­ner inländi­schen Börse zum Han­del im re­gu­lier­ten Markt zu­ge­las­sen sind. Nach­dem die Ba­Fin fest­ge­stellt hatte, dass die Be­schwer­deführe­rin ihre Ver­pflich­tun­gen zur Fi­nanz­be­richt­er­stat­tung als ka­pi­tal­markt­ori­en­tier­tes Un­ter­neh­men für die Ge­schäfts­jahre 2008 und 2009 nicht ord­nungs­gemäß erfüllt hatte, ord­nete sie nach vor­aus­ge­gan­ge­ner Anhörung im Sep­tem­ber 2009 an, dass die Be­schwer­deführe­rin die dort näher be­zeich­ne­ten zehn Fi­nanz­be­richt­er­stat­tungs­pflich­ten nach §§ 37v - 37z WpHG frist­ge­recht zu erfüllen und de­ren Erfüllung nach­zu­wei­sen habe.

Ge­gen die­sen Grund­ver­wal­tungs­akt legte die Be­schwer­deführe­rin kei­nen Wi­der­spruch ein, so dass er be­standskräftig wurde. Die Be­schwer­deführe­rin zahlte das auf­er­legte Zwangs­geld, und nach­dem sie die Pflich­ten wei­ter­hin nicht erfüllt hatte, setzte die Ba­Fin wei­tere Zwangs­gel­der fest, die die Be­schwer­deführe­rin al­le­samt zahlte. Erst ge­gen den Fest­set­zungs­be­scheid aus De­zem­ber 2010 legte sie frist­ge­recht Wi­der­spruch ein. Die Ba­Fin wies den Wi­der­spruch je­doch ab.

Ge­gen den Zwangs­geld­fest­set­zungs­be­scheid in Ge­stalt des Wi­der­spruchs­be­scheids legte die Be­schwer­deführe­rin Be­schwerde ein, mit der sie im We­sent­li­chen gel­tend machte, aus dem Wort­laut des § 37v WpHG er­gebe sich, dass die dor­ti­gen Re­ge­lun­gen sub­sidiär ge­genüber den Re­ge­lun­gen des § 325 HGB seien, so dass zuständige Auf­sichts- und Voll­stre­ckungs­behörde das Bun­des­amt für Jus­tiz und nicht die Ba­Fin sei. Das OLG hob dar­auf­hin den Zwangs­geld­fest­set­zungs­be­scheid auf, so­weit darin we­gen Zu­wi­der­hand­lung ge­gen die Vor­schrift des § 37v Abs. 1 S. 1 WpHG ein Zwangs­geld von 24.000 € fest­ge­setzt wor­den war.

Die Gründe:
Die an­ge­foch­tene Verfügung hin­sicht­lich der Fest­set­zung des ers­ten Zwangs­gel­des i.H.v. 24.000 € we­gen Nichterfüllung der Ver­pflich­tung, den Jah­res­fi­nanz­be­richt für das Ge­schäfts­jahr 2008 zu er­stel­len und der Öff­ent­lich­keit zur Verfügung zu stel­len, war auf­zu­he­ben, weil in­so­weit ein Er­mes­sens­feh­ler vor­lag.

Die Ba­Fin hatte nicht nur bei Er­lass der Grund­verfügung aus Sep­tem­ber 2009, son­dern auch noch im Zeit­punkt der Fest­set­zung des Zwangs­gel­des nicht er­kannt, dass es für den Er­lass des dies­bezügli­chen Teils der Grund­verfügung nach § 37v Abs. 1 S. 1 WpHG an ei­ner wirk­sa­men Ermäch­ti­gungs­grund­lage fehlte. Der Vor­be­halt im letz­ten Hs. des § 37v Abs. 1 S. 1 WpHG nimmt ausdrück­lich sol­che Un­ter­neh­men von der Ver­pflich­tung aus, die nach den han­dels­recht­li­chen Vor­schrif­ten zur Of­fen­le­gung der in § 37v Abs. 2 WpHG ge­nann­ten Rech­nungs­le­gungs­un­ter­la­gen ver­pflich­tet sind. Hierzu zählen alle Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten, die ih­ren Sitz in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land ha­ben, da diese nach § 325 HGB zur Of­fen­le­gung ei­nes Jah­res­ab­schlus­ses ver­pflich­tet sind. Da­mit un­ter­fal­len be­reits nach dem in­so­weit ein­deu­ti­gen Wort­laut die schon nach HGB pu­bli­zitätspflich­ti­gen Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten mit Sitz in Deutsch­land nicht der Ver­pflich­tung des § 37v Abs. 1 S. 1 WpHG.

Darüber hin­aus er­gab sich auch aus der Ge­set­zes­begründung, dass die nach HGB of­fen­le­gungs­pflich­ti­gen Un­ter­neh­men von der Ver­pflich­tung des § 37v Abs. 1 S. 1 WpHG nicht er­fasst wer­den. In­fol­ge­des­sen spra­chen so­wohl der Wort­laut als auch die Ge­set­zes­begründung dafür, dass der An­wen­dungs­be­reich des § 37v Abs. 1 S. 1 WpHG sich auf Un­ter­neh­men be­schränkt, die ih­ren Sat­zungs­sitz nicht in Deutsch­land ha­ben und des­halb nicht nach HGB pu­bli­zitätspflich­tig sind. Über diese ge­setz­li­che Kom­pe­tenz­ab­gren­zung hatte die Ba­Fin sich mit den Er­lass der Grund­verfügung aus Sep­tem­ber 2009 hin­weg­ge­setzt. Ent­ge­gen ih­rer Auf­fas­sung konnte diese ein­deu­tig vor­ge­ge­bene ge­setz­li­che Zuständig­keits­re­ge­lung auch nicht im Wege ei­ner eu­ro­pa­rechts­kon­for­men Aus­le­gung außer Kraft ge­setzt wer­den.

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