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Rechtsberatung

Das „Heizungsgesetz“ kommt!

Nach­dem der Bun­des­tag die in den Me­dien oft als „Hei­zungs­ge­setz“ be­zeich­nete um­strit­tene No­velle des Gebäude­en­er­gie­ge­set­zes (GEG) am 08.09.2023 be­schlos­sen hatte, hat am 29.09.2023 nun auch der Bun­des­rat die Ge­set­zesände­rung ge­bil­ligt. Einem In­kraft­tre­ten des Ge­set­zes zum 01.01.2024 steht nun nichts mehr im Wege. Wor­auf müssen sich Ei­gentümer, Ver­mie­ter und Mie­ter ein­stel­len?

Sel­ten ist ein Ge­set­zes­vor­ha­ben im Schnitt­be­reich von Um­welt- und En­er­gie­recht im Vor­feld der­art kon­tro­vers dis­ku­tiert wor­den. Die Neu­re­ge­lung des GEG soll ein zen­tra­ler Be­stand­teil der sog. Wärme­wende sein, mit dem erklärten Ziel, dass in Deutsch­land bis 2045 kli­ma­neu­tral ge­heizt wird. Da die­ses Ge­setz je­doch u. a. auf eine schritt­weise Ver­pflich­tung zum Aus­tausch von Hei­zun­gen in Wohn­gebäuden ab­zielt, war ins­be­son­dere die Ver­tei­lung der da­mit ein­her­ge­hen­den beträcht­li­chen Kos­ten ein zen­tra­ler Streit­punkt. Da­her drehte sich die mo­na­te­lange De­batte be­son­ders um Überg­angs­fris­ten, tech­ni­sche Wahlmöglich­kei­ten für Ei­gentümer, Härte­fall­klau­seln, Um­la­gefähig­keit von Kos­ten für Ver­mie­ter auf der einen Seite, Schutz für Mie­ter vor überhöhten Kos­ten auf der an­de­ren Seite so­wie zusätz­li­che staat­li­che Förder­pro­gramme. Der Ge­setz­ge­ber hat sich nun­mehr auf ein Re­gel­werk von be­acht­li­cher Kom­ple­xität fest­ge­legt.

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Pflicht zum Einbau von klimaneutralen Heizungen

Der Kern der Neu­re­ge­lung ist die Ver­pflich­tung, dass eine Hei­zungs­an­lage in einem Gebäude nur ein­ge­baut wer­den darf, wenn sie min­des­tens 65% der mit der An­lage be­reit­ge­stell­ten Wärme mit er­neu­er­ba­ren En­er­gien oder un­ver­meid­ba­rer Abwärme er­zeugt. Der Gebäude­ei­gentümer kann da­bei frei wählen, mit wel­cher Art von Hei­zungs­an­lage er diese An­for­de­run­gen erfüllen will („Tech­no­lo­gie­frei­heit“).

Der Ge­setz­ge­ber geht da­von aus, dass ins­be­son­dere die fol­gen­den tech­ni­schen Lösun­gen hierfür in Be­tracht kom­men:

  • Strom­di­rekt­hei­zun­gen,
  • so­lar­ther­mi­sche An­la­gen,
  • Hei­zungs­an­la­gen zur Nut­zung von Bio­masse oder grünem oder blauen Was­ser­stoff,
  • Wärme­pum­pen-Hy­bridhei­zun­gen,
  • So­lar­ther­mie-Hy­bridhei­zun­gen
  • und - vor­aus­sicht­lich mit der höchs­ten Pra­xis­re­le­vanz - der An­schluss an ein Wärme­netz so­wie der Ein­bau von elek­tri­sch an­ge­trie­be­nen Wärme­pum­pen.

Lange um­strit­ten war hier­bei ins­be­son­dere die Frage, ab wel­chem Zeit­punkt diese Ver­pflich­tung für die Gebäude­ei­gentümer gel­ten soll. Das GEG sieht hierzu vor, dass die Pflicht nur für Neu­bau­ten ab 01.01.2024 gilt. Ei­gentümern von Be­stands­gebäuden wird eine Überg­angs­phase gewährt, de­ren Länge je­doch un­ter­schied­lich aus­fal­len kann. Es be­steht so­mit keine so­for­tige Aus­tausch­pflicht. Be­ste­hende Hei­zun­gen können zunächst wei­ter­lau­fen und dürfen auch re­pa­riert wer­den. Zum Verständ­nis des GEG ist in­so­fern aber noch ein wei­te­res Ge­set­zes­vor­ha­ben in Blick zu neh­men, das Wärme­pla­nungs­ge­setz (WPG).

Verknüpfung mit der kommunalen Wärmeplanung

Das WPG be­fin­det sich ge­genwärtig eben­falls auf der Ziel­ge­ra­den des Ge­setz­ge­bungs­ver­fah­rens und wird vor­aus­sicht­lich zum 01.01.2024 in Kraft tre­ten. Es ver­pflich­tet die Bun­desländer si­cher­zu­stel­len, dass die Ge­mein­den kom­mu­nale Wärmepläne er­stel­len. Diese Pläne die­nen - kurz ge­fasst - zur Iden­ti­fi­ka­tion des vor Ort bes­ten und kos­ten­ef­fi­zi­en­tes­ten Wegs zu ei­ner kli­ma­freund­li­chen und fort­schritt­li­chen Wärme­ver­sor­gung. Ge­mein­den mit mehr als 100.000 Ein­woh­nern müssen diese Pla­nung bis spätes­tens 30.06.2026 ab­ge­schlos­sen ha­ben. Ge­mein­den mit we­ni­ger Ein­woh­nern ha­ben hierfür Zeit bis 30.06.2028. Die An­for­de­run­gen, die das WPG an Ab­lauf und In­halte der kom­mu­na­len Wärm­pla­nung stellt, sind beträcht­lich. Es müssen hierfür eine ganze Reihe von Pla­nungs­schrit­ten (u. a. Vorprüfun­gen, Be­stands­ana­ly­sen, Po­ten­ti­al­ana­ly­sen, Ent­wick­lung von Ziel­sze­na­rien, Ent­wick­lung von Um­set­zungs­stra­te­gien) durch­lau­fen wer­den. Es ist da­bei schon jetzt ab­zu­se­hen, dass die Durchführung die­ser kom­ple­xen Pla­nung ge­rade für klei­nere Kom­mu­nen eine enorme Her­aus­for­de­rung dar­stel­len wird.

Ein we­sent­li­cher Be­stand­teil die­ser Pla­nung soll die Klärung der Frage sein, in wel­chen Ge­mein­de­ge­bie­ten ein An­schluss von Gebäuden an ein Wärme­netz möglich ist und in wel­chen Ge­gen­den es bei der in­di­vi­du­el­len Ver­ant­wor­tung der Gebäude­ei­gentümer für die Wärme­ver­sor­gung bleibt. Die­ser Ge­danke bil­det die Verknüpfung zu den Vor­ga­ben des GEG: In Ge­mein­den, die noch keine Wärme­pla­nung ha­ben, dürfen in Be­stands­gebäuden bis 30.06.2026 (größere Ge­mein­den) bzw. 30.06.2028 (klei­nere Ge­mein­den) wei­ter­hin Hei­zun­gen aus­ge­tauscht oder ein­ge­baut wer­den, wel­che die An­for­de­run­gen des GEG (65% er­neu­er­bare En­er­gien) nicht erfüllen. In Ge­mein­den, in de­nen eine kom­mu­nale Wärme­pla­nung auf Grund­lage des WPG je­doch schon vor Ab­lauf die­ser Fris­ten ver­ab­schie­det wird, gel­ten grundsätz­lich de­ren Vor­ga­ben über die Aus­wei­sung von Wärme­net­zen oder Was­ser­stoff­netz­aus­bau­ge­bie­ten und - an­sons­ten - die Ver­pflich­tung des GEG zum Ein­bau von Hei­zun­gen auf Ba­sis von 65% er­neu­er­ba­rer En­er­gien. Für die Grund­ei­gentümer wird die­ses prin­zi­pi­elle Zu­sam­men­spiel von Wärme­pla­nung und Hei­zungs­ein­bau durch eine Reihe von Überg­angs­fris­ten für un­ter­schied­li­che Sze­na­rien ab­ge­mil­dert, die si­cher­stel­len sol­len, dass diese nicht zu ab­rup­ten In­ves­ti­ti­ons­ent­schei­dun­gen ge­zwun­gen wer­den.

Lastenverteilung zwischen Vermietern und Mietern

Um die Wärme­wende zu be­schleu­ni­gen, will der Ge­setz­ge­ber ei­ner­seits An­reize für Ver­mie­ter set­zen, in mo­derne Hei­zungs­sys­teme zu in­ves­tie­ren. Auf der an­de­ren Seite ist der Neu­re­ge­lung deut­lich zu ent­neh­men, dass Mie­ter vor zu ho­hen fi­nan­zi­el­len Be­las­tun­gen ge­schützt wer­den sol­len. Die­ser Ba­lance-Akt soll so­wohl durch An­pas­sun­gen des GEG als auch durch Neu­re­ge­lun­gen im Miet­recht des Bürger­li­chen Ge­setz­buchs (BGB) ge­lin­gen. U. a. wird dort ex­pli­zit klar­ge­stellt, dass der Hei­zungs­ein­bau zur Erfüllung der An­for­de­run­gen des GEG als Mo­der­ni­sie­rungsmaßnahme gilt, wel­che grundsätz­lich zur Miet­erhöhung be­rech­tigt. Je­doch wird hierfür eine Kap­pungs­grenze ein­geführt: Die Miet­erhöhung auf­grund des Hei­zungs­ein­baus darf nicht mehr als 50 Cent pro Qua­drat­me­ter Wohnfläche in­ner­halb von sechs Jah­ren be­tra­gen.

Hat der Ver­mie­ter für den Hei­zungs­ein­bau öff­ent­li­che Förde­run­gen in An­spruch ge­nom­men, darf er die jähr­li­che Miete um 10% (statt an­sons­ten 8%) der für die Woh­nung auf­ge­wen­de­ten Kos­ten abzüglich der in An­spruch ge­nom­me­nen Dritt­mit­tel erhöhen. Ver­mie­ter sol­len da­durch einen zusätz­li­chen An­reiz ha­ben, die staat­li­chen Fördermöglich­kei­ten zu nut­zen.

Beim prak­ti­sch be­deut­sa­men Fall des Ein­baus ei­ner Wärme­pumpe muss der Ver­mie­ter nach­wei­sen, dass die Jah­res­ar­beits­zahl der Wärme­pumpe über 2,5 liegt. Kann er die­sen Nach­weis nicht er­brin­gen, kann er für eine Miet­erhöhung auf Grund ei­ner Mo­der­ni­sie­rungsmaßnahme nur 50% der für die Woh­nung auf­ge­wen­de­ten Kos­ten zu­grunde le­gen. Dies soll einen ho­hen Wir­kungs­grad der neuen Wärme­pum­pen si­cher­stel­len, die dann auch wie­derum den Mie­tern zu­gu­te­kom­men.

Ausblick

Vor die­sem Hin­ter­grund wer­den Ei­gentümer von Be­stands­im­mo­bi­lien künf­tig ge­nau ver­fol­gen müssen, wie sich die kom­mu­nale Wärme­pla­nung in ih­rer Ge­meinde ent­wi­ckelt, um ihre In­ves­ti­ti­ons­ent­schei­dun­gen vor­aus­schau­end pla­nen zu können. Zeich­nen sich auf Ba­sis von Wärmeplänen An­schlussmöglich­kei­ten an ein Wärme­netz ab? Wel­che tech­ni­schen Lösungsmöglich­kei­ten bie­ten sich an­sons­ten für eine be­stimmte Im­mo­bi­lie an? Wel­che Überg­angs­fris­ten sind für ein kon­kre­tes Sze­na­rio an­wend­bar? Wel­che der flan­kie­ren­den staat­li­chen Fördermöglich­kei­ten können in An­spruch ge­nom­men wer­den? In wel­chem Um­fang dürfen be­stimmte Kos­ten auf Mie­ter um­ge­legt wer­den? Diese Fra­gen können alle nicht pau­schal be­ant­wor­tet wer­den, son­dern bedürfen ein­ge­hen­der Prüfung und Abwägung im Ein­zel­fall.

Zu berück­sich­ti­gen ist da­bei auch, dass in ein­zel­nen Bun­desländern die Er­ar­bei­tung von kom­mu­na­len Wärmeplänen auf Ba­sis von Lan­des­recht be­reits in vol­lem Gange ist, z. B. in Ba­den-Würt­tem­berg auf Grund­lage des Kli­ma­schutz- und Kli­ma­wan­de­lan­pas­sungs­ge­set­zes (Kli­maG BW). Hier müssen bei­spiels­weise Stadt­kreise und Große Kreisstädte be­reits bis zum 31.12.2023 einen kom­mu­na­len Wärme­plan vor­le­gen. Das be­deu­tet also, dass Im­mo­bi­li­en­ei­gentümer ne­ben der Kom­ple­xität des GEG auch un­ter­schied­li­che Ge­schwin­dig­kei­ten bei der Wärme­pla­nung in den je­wei­li­gen Bun­desländern im Blick be­hal­ten müssen.

Mit Blick auf diese Verknüpfung von GEG und Wärme­pla­nung blei­ben ge­genwärtig noch ei­nige recht­li­che Fra­gen of­fen. Si­cher er­scheint der­zeit nur, dass das „Hei­zungs­ge­setz“ wei­ter­hin An­lass zur Dis­kus­sion und vor­aus­sicht­lich wei­te­ren ge­setz­ge­be­ri­schen An­pas­sun­gen ge­ben wird.

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