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Formelle Satzungsmäßigkeit der Satzung einer ausländischen Körperschaft

Mit Ur­teil vom 18.8.2022 (Az. V R 15/20, DStRE 2023, S. 167) hat sich der BFH zu den Vor­aus­set­zun­gen für die An­er­ken­nung der for­mel­len Sat­zungsmäßig­keit der Sat­zung ei­ner ausländi­schen Stif­tung geäußert.

Österreichische Stiftung begehrt in Deutschland Feststellung der formellen Satzungsmäßigkeit

Im Streit­fall be­gehrte eine nach öster­rei­chi­schem Recht er­rich­tete Stif­tung die Fest­stel­lung der for­mel­len Sat­zungsmäßig­keit in Deutsch­land nach § 60a AO. Mit ei­ner sol­chen Be­schei­ni­gung bestätigt das Fi­nanz­amt, dass die Sat­zung ei­ner neu gegründe­ten Körper­schaft die Vor­aus­set­zun­gen für die Steu­er­be­frei­ung auf­grund ge­meinnützi­ger, kirch­li­cher oder mildtäti­ger Zwecke erfüllt. Die Körper­schaft ist da­mit auch be­rech­tigt, Zu­wen­dungs­bestäti­gun­gen aus­zu­stel­len; Erb­schaf­ten, die die Körper­schaft erhält, sind von der Erb­schaft­steuer be­freit.

Das Fi­nanz­amt und an­schließend der BFH hat­ten also zu prüfen, ob die Sat­zung der Stif­tung die nach deut­schem Steu­er­recht vor­ge­ge­be­nen Vor­aus­set­zun­gen erfüllte. Die Stif­tung förderte laut ih­rer Sat­zung Kunst und Kul­tur so­wie (in die­sem Zu­sam­men­hang) mildtätige Zwecke i. S. d. öster­rei­chi­schen Bun­desAO (BAO). Pro­ble­ma­ti­sch war, dass die Vor­ga­ben der BAO zur Mildtätig­keit nicht dem deut­schen Pen­dant ent­spre­chen.

Deutsches Recht entscheidet über mildtätigen Zweck

In § 53 AO (Deutsch­land) wird der hilfs­bedürf­tige Per­so­nen­kreis ge­nau ab­ge­grenzt. Hin­ge­gen wer­den in § 37 BAO (Öster­reich) nur ganz all­ge­mein „hilfs­bedürf­tige Per­so­nen“ erwähnt. Auch aus den übri­gen Sat­zungs­for­mu­lie­run­gen er­gab sich keine den deut­schen Re­ge­lun­gen ent­spre­chende Dif­fe­ren­zie­rung. Doch die Un­terstützung ei­ner „hilfs­bedürf­ti­gen Per­son“, die nicht zu dem in § 53 AO ab­ge­grenz­ten Per­so­nen­kreis gehört, fällt nicht un­ter die mildtäti­gen Zwecke nach deut­schem Steu­er­recht. Letzt­lich wur­den da­her in der Sat­zung die na­tio­na­len Re­ge­lun­gen zur Er­lan­gung der Steu­er­be­frei­ung nicht ein­ge­hal­ten. Dies führte dazu, dass der BFH die Er­tei­lung ei­ner Be­schei­ni­gung nach § 60a AO ab­lehnte.

Zur Begründung führte er aus, dass die Mit­glied­staa­ten in den Gren­zen des EU-Rechts selbst ent­schei­den dürfen, wel­che In­ter­es­sen der All­ge­mein­heit sie wie fördern möch­ten und wel­che Vor­aus­set­zun­gen durch die Körper­schaf­ten für die Er­lan­gung der Steu­er­be­frei­ung zu erfüllen sind. Der na­tio­nale Ge­setz­ge­ber sei in der Folge auch uni­ons­recht­lich nicht dazu ver­pflich­tet, den Ge­meinnützig­keits­sta­tus nach ausländi­schem Recht im In­land an­zu­er­ken­nen.

Un­er­heb­lich war, dass ne­ben dem vor­lie­gend nicht begüns­tig­ten Zweck der Mildtätig­keit noch der begüns­tigte Zweck der Förde­rung von Kunst und Kul­tur ver­folgt wurde, da die Sat­zung ins­ge­samt ge­gen den Grund­satz der Aus­schließlich­keit ver­stieß.

Wirtschaftliche und rechtliche Struktur wie bei Körperschaftsteuersubjekt erforderlich

Aus Sicht des Fi­nanz­am­tes kam noch ein wei­te­rer As­pekt hinzu, der die Er­tei­lung ei­ner Be­schei­ni­gung nach § 60a AO aus­schloss. Für die An­er­ken­nung ei­ner ausländi­schen Ein­rich­tung als ge­meinnützig nach deut­schem Recht sei eine wei­tere Vor­aus­set­zung, dass sie nach ih­rer wirt­schaft­li­chen und recht­li­chen Struk­tur einem Körper­schaft­steu­er­sub­jekt ent­spricht (BFH, Ur­teil vom 25.10.2016, Az. I R 54/14, BStBl. II 2017, S. 1216). Dies hatte das Fi­nanz­amt im vor­lie­gen­den Fall eben­falls in­frage ge­stellt. Das Vermögen der Stif­tung durfte laut Sat­zung bis zu einem Rest­be­trag von 50.000 Euro zur Zweck­er­rei­chung ein­ge­setzt wer­den. Un­ter­schritt das Vermögen die­sen Be­trag, war die Kläge­rin in einen Fonds i. S. d. öster­rei­chi­schen Bun­des-Stif­tungs- und Fonds­ge­set­zes 2015 um­zu­wan­deln. Nach Auf­fas­sung des Fi­nanz­am­tes wi­der­sprach dies dem deut­schen Stif­tungs­recht, wes­halb die Körper­schaft nach einem Ty­pen­ver­gleich nicht als Stif­tung an­zu­se­hen sei.

Der BFH hatte die Steu­er­begüns­ti­gung der Stif­tung in Deutsch­land be­reits we­gen der feh­len­den Ein­gren­zung der mildtäti­gen Zwecke aus­ge­schlos­sen. Er konnte da­her ausdrück­lich of­fen­las­sen, ob die Stif­tung auf­grund die­ser Re­ge­lun­gen zur Um­wand­lung bei Un­ter­schrei­ten der Grenze von 50.000 Euro nach einem Ty­pen­ver­gleich über­haupt ei­ner Stif­tung nach na­tio­na­lem Recht ent­sprach. Darüber hin­aus hat er be­wusst nicht be­ant­wor­tet, ob die Sat­zung ge­ge­be­nen­falls zusätz­lich auf­grund der ge­nann­ten Re­ge­lun­gen zur Vermögens­bin­dung so­wie durch die grundsätz­li­che Ab­wei­chung von der in der AO vor­ge­ge­be­nen Mus­ter­sat­zung die An­for­de­run­gen an die for­melle Sat­zungsmäßig­keit ver­fehlte.

Auswirkungen auch für deutsche Spender

Ne­ben der feh­len­den Steu­er­be­frei­ung der Stif­tung für de­ren inländi­sche Einkünfte hat das Ur­teil auch Aus­wir­kun­gen für inländi­sche Spen­der. Da die Sat­zung den inländi­schen An­for­de­run­gen nicht ent­sprach, konn­ten we­der ein Spen­den­ab­zug noch die Be­frei­ung von der Erb­schaft- und Schen­kung­steuer gel­tend ge­macht wer­den. Dies ist be­son­ders pro­ble­ma­ti­sch, wenn die Gründung - wie im Ur­teils­fall - auf ei­ner letzt­wil­li­gen Verfügung be­ruht. In der Pra­xis emp­fiehlt es sich da­her ganz grundsätz­lich (auch im rei­nen In­lands­fall), Stif­tun­gen mit ge­rin­ge­rem Ka­pi­tal be­reits zu Leb­zei­ten zu gründen und die Sat­zung im Vor­hin­ein mit dem Fi­nanz­amt ab­zu­stim­men. An­schließend kann die Stif­tung im Tes­ta­ment als Er­bin ein­ge­setzt wer­den. Auf­grund der ho­hen for­mel­len An­for­de­run­gen bei Spen­den an ausländi­sche Körper­schaf­ten wird da­ne­ben in der Pra­xis re­gelmäßig emp­foh­len, Zu­wen­dun­gen zunächst an eine inländi­sche Förderkörper­schaft zu er­brin­gen, die sie an die ausländi­sche Empfänge­rin wei­ter­lei­tet.

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