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Rechtsberatung

Förderung auch bei vorzeitigem Maßnahmenbeginn eines Bauprojektes

Das OVG Müns­ter hat mit Be­schluss vom 08.09. 2023 (Az. 4 A 3042/19 und 4 A 2549/20) ent­schie­den, dass ein Pro­jekt trotz Ver­stoßes ge­gen das Ver­bot des vor­zei­ti­gen Maßnah­men­be­ginns förde­rungsfähig sein kann, wenn zwar schon mit der Ausführung des Pro­jek­tes vor Er­tei­lung der Förde­rungs­zu­sage be­gon­nen wurde, dies je­doch nur ein­zelne Leis­tungs­pha­sen des Pro­jekts be­trifft. Diese Vor­ge­hens­weise führe le­dig­lich zu ei­ner Re­du­zie­rung der Förde­rungs­summe, nicht aber zur Ab­leh­nung der Zu­wen­dung ins­ge­samt.

Die Be­klagte er­teilte den bei­den kla­gen­den Städten im Jahre 2015 je­weils Zu­wen­dungs­be­wil­li­gun­gen zur Sa­nie­rung kom­mu­na­ler Ab­was­ser­an­la­gen im Rah­men des In­ves­ti­ti­ons­pro­gram­mes „Res­sour­cen­ef­fi­zi­ente Ab­was­ser­be­sei­ti­gung NRW“. Nach Er­halt ei­nes Er­las­ses des Mi­nis­te­ri­ums für Um­welt, Land­wirt­schaft, Na­tur und Ver­brau­cher­schutz über den Um­gang mit Zu­wen­dungs­gewährun­gen nach vor­zei­ti­gem Maßnah­men­be­ginn im Jahre 2016 nahm sie die Be­wil­li­gungs­be­scheide trotz Er­halt von Ver­wen­dungs­nach­wei­sen sei­tens der Kläge­rin­nen mit der Begründung zurück, dass diese rechts­wid­rig er­las­sen wor­den wären. Nach den ein­schlägi­gen Förder­richt­li­nien würden Zu­wen­dun­gen nur dann gewährt, wenn mit der zu fördern­den Maßnahme zum Zeit­punkt des An­tra­ges noch nicht be­gon­nen wurde. Dies sei bei den Kläge­rin­nen, die be­reits vor Er­tei­lung der Zu­wen­dungs­zu­sage In­ge­nieur­verträge über ein­zelne Leis­tun­gen in der Ausführungs­phase ab­ge­schlos­sen hat­ten, nicht der Fall. Zu­dem be­inhal­te­ten die Verträge we­der einen kos­ten­freien Rück­tritt noch sonst einen Vor­be­halt für den Fall der Ver­sa­gung der be­an­trag­ten Be­wil­li­gung.

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Die da­ge­gen ge­rich­te­ten Kla­gen vor den Ver­wal­tungs­ge­rich­ten (VG) Düssel­dorf (Az. 11 K 2021/18) und Min­den (Az. 17 K 4582/18) hat­ten erst­in­stanz­lich kei­nen Er­folg. Die Ge­richte stützen sich im We­sent­li­chen dar­auf, dass die Städte ge­gen das Ver­bot des vor­zei­ti­gen Maßnah­men­be­ginns und da­mit ge­gen die Förder­richt­li­nien ver­stoßen hätten, in­dem sie - nicht mehr der Pla­nungs­phase zu­zu­rech­nende - In­ge­nieur­leis­tun­gen be­reits vor der Zu­stim­mung der Be­klag­ten zum vor­zei­ti­gen Maßnah­men­be­ginn in Auf­trag ge­ge­ben hat­ten. Die Kläge­rin­nen leg­ten ge­gen die Ur­teile beim Ober­ver­wal­tungs­ge­richt (OVG) Müns­ter Be­ru­fung ein.

Das OVG Müns­ter gab den Kläge­rin­nen nun Recht; für die Rechtmäßig­keit der Be­wil­li­gung ei­ner Zu­wen­dung komme es dar­auf an, wie die Behörde die maßgeb­li­che Förder­richt­li­nie im ent­schei­dungs­er­heb­li­chen Zeit­punkt des Er­las­ses des Zu­wen­dungs­be­schei­des in ständi­ger Ver­wal­tungs­pra­xis ge­hand­habt hat und in­wie­weit da­durch eine ver­wal­tungs­in­terne Bin­dung ein­ge­tre­ten sei. Es sei nicht er­sicht­lich, dass die in Streit ste­hen­den Be­wil­li­gun­gen ent­ge­gen ei­ner von der Be­klag­ten geübten Ver­wal­tungs­pra­xis und da­mit gleich­heits­wid­rig er­teilt wor­den wären. Zwar gelte der Grund­satz des Ver­bots vom vor­zei­ti­gen Maßnah­men­be­ginn, um u. a. den Zu­wen­dungs­empfänger da­vor zu schützen, dass er durch den vor­schnel­len Be­ginn der Maßnahme in fi­nan­zi­elle Schwie­rig­kei­ten gerät, wenn die be­an­tragte Zu­wen­dung nicht gewährt wird.

Die Be­auf­tra­gung von In­ge­nieur­leis­tun­gen zu ein­zel­nen Leis­tungs­pha­sen, die be­reits der Ausführung zu­zu­rech­nen sind, stelle die Förde­rungsfähig­keit des Ge­samt­pro­jek­tes nach der bis­lang von der Be­klag­ten ausgeübten Ver­wal­tungs­pra­xis je­doch nicht in Frage, son­dern führe le­dig­lich dazu, dass diese ein­zel­nen Leis­tungs­pha­sen nicht förde­rungsfähig seien. Die Förde­rung der Sa­nie­rung un­ter Ab­zug der Kos­ten für die vor­zei­tig be­auf­trag­ten In­ge­nieur­leis­tun­gen ent­spre­che der tatsäch­li­chen bis­he­ri­gen Ver­wal­tungs­pra­xis der be­klag­ten Behörde zu den Förder­richt­li­nien, wor­auf die Be­klagte die Kläge­rin­nen auch mehr­mals auf Nach­frage hin­wies. Da die Be­wil­li­gungs­be­scheide da­her ur­sprüng­lich rechtmäßig er­gan­gen sind, komme es auch nicht dar­auf an, ob in den Verträgen ein Rück­tritts­recht oder ein sons­ti­ger Vor­be­halt ver­ein­bart wurde. Diese Ver­wal­tungs­pra­xis sei zu­dem so­wohl für das Land als auch für die be­trof­fe­nen Kom­mu­nen unbüro­kra­ti­scher und wirt­schaft­li­cher als eine vollständige Ver­sa­gung der Förde­rung.

Auch die An­leh­nung der Be­klag­ten an § 44 Abs. 1 S.1 i. V. m. § 23 LHO NRW sei nicht zielführend. Die­sen Vor­schrif­ten ist le­dig­lich eine in­nen­recht­li­che Be­deu­tung und keine Außen­wir­kung zwi­schen Be­wil­li­gungs­behörde und Zu­wen­dungs­empfänger bei­zu­mes­sen.

Hin­weis: We­gen grundsätz­li­cher Be­deu­tung hat das OVG Müns­ter die Re­vi­sion zum BVerwG in bei­den Fällen zu­ge­las­sen. Das BVerwG hat da­her zu klären, ob und mit wel­chem In­halt sich aus re­vi­si­belem Ge­set­zes­recht ein zwin­gen­des Ver­bot des vor­zei­ti­gen Maßnah­men­be­ginns er­gibt.

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