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FG Köln zum Zufluss bei Schneeballsystemen

Urteil des FG Köln vom 13.3.2013 - 10 K 2820/12

Ver­zich­tet ein An­le­ger bei Vor­lie­gen ei­nes Schnee­ball­sys­tems auf ein mas­si­ves Vor­ge­hen ge­gen den noch zah­lungsfähi­gen An­la­ge­be­ra­ter und stimmt ei­ner Wie­der­an­lage der Zin­sen mit neuer Ver­zin­sung zu, dann stimmt er ei­ner Um­wand­lung der Zins­schuld in eine neue Dar­le­hens­schuld zu und verfügt da­mit über die Zin­sen. Diese fließen ihm in die­sem Zeit­punkt steu­er­lich zu.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin reichte die Ein­kom­men­steu­er­erklärung für die Ka­len­der­jahre 2000 und 2001 beim Fi­nanz­amt ein. In bei­den Steu­er­erklärun­gen war an­ge­kreuzt, dass die Ein­nah­men aus Ka­pi­tal­vermögen nicht mehr als 3.100 DM be­tra­gen. Die Steu­er­erklärun­gen wur­den un­ter Mit­wir­kung ei­nes An­gehöri­gen der steu­er­be­ra­ten­den Be­rufe ge­fer­tigt. Die Ein­kom­men­steu­er­be­scheide für 2000 und 2001 wur­den be­standskräftig.

Die Kläge­rin hatte bei einem Herrn A Ka­pi­tal­an­la­gen getätigt. Herr L zahlte 2001 an die Kläge­rin 30.000 DM und 20.000 DM. Außer­dem zahlte er an an­dere An­le­ger bis 2002 ca. 2 Mio. DM aus. Im Jahr 2007 be­gann we­gen ih­rer Ge­schäfts­be­zie­hung zu Herrn A eine Steu­er­fahn­dungsprüfung ge­genüber der Kläge­rin. Das Fi­nanz­amt er­ließ dar­auf­hin geänderte Ein­kom­men­steu­er­be­scheide für 2000 und 2001, in de­nen es die Ein­nah­men aus Ka­pi­tal­vermögen ent­spre­chend den Fest­stel­lun­gen der Steu­er­fahn­dungs­stelle berück­sich­tigte.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Die Re­vi­sion zum BFH wurde we­gen grundsätz­li­cher Be­deu­tung der Rechts­sa­che zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Das Fi­nanz­amt hat zu Recht in den Ände­rungs­be­schei­den Ein­nah­men der Kläge­rin aus Ka­pi­tal­vermögen gem. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG an­ge­setzt. Die strei­ti­gen Zin­sen sind der Kläge­rin i.S.d. § 11 Abs. 1 S. 1 EStG zu­ge­flos­sen.

Nach BFH-Recht­spre­chung führen auch Gut­schrif­ten über wie­der­an­ge­legte Ren­di­ten in Schnee­ball­sys­te­men zu Ein­nah­men aus Ka­pi­tal­vermögen i.S.v. § 20 EStG, so­lange der Schuld­ner der Erträge leis­tungs­be­reit und leis­tungsfähig ist. Da­nach sind Ein­nah­men (§ 8 Abs. 1 EStG) i.S.v. § 11 Abs. 1 EStG zu­ge­flos­sen, so­bald der Steu­er­pflich­tige über sie wirt­schaft­lich verfügen kann. Der Gläubi­ger muss in der Lage sein, den Leis­tungs­er­folg ohne wei­te­res Zu­tun des im Übri­gen leis­tungs­be­rei­ten und leis­tungsfähi­gen Schuld­ners her­bei­zuführen. Ein Zu­fluss kann durch eine ge­son­derte Ver­ein­ba­rung zwi­schen Schuld­ner und Gläubi­ger be­wirkt wer­den, dass der Be­trag fortan aus einem an­de­ren Rechts­grund ge­schul­det sein soll.

Von einem Zu­fluss des auf­grund der Alt­for­de­rung ge­schul­de­ten Be­trags i.S.v. § 11 Abs. 1 EStG kann in der­ar­ti­gen Fällen der Schuld­um­wand­lung (No­va­tion) laut BFH al­ler­dings nur dann aus­ge­gan­gen wer­den, wenn sich die No­va­tion als Folge der Ausübung der wirt­schaft­li­chen Verfügungs­macht des Gläubi­gers (Steu­er­pflich­ti­gen) über den Ge­gen­stand der Alt­for­de­rung dar­stellt, also auf einem freien Ent­schluss des Gläubi­gers be­ruht. Bzgl. der Frage der Leis­tungsfähig­keit ist nach der bis­he­ri­gen Recht­spre­chung des BFH ent­schei­dend, ob der Steu­er­pflich­tige in sei­nem kon­kre­ten Fall eine Aus­zah­lung hätte er­rei­chen können. Auf eine hy­po­the­ti­sche Zah­lung an alle An­le­ger könne nicht ab­ge­stellt wer­den. Daran ändere auch eine Dis­kre­panz zwi­schen den tatsäch­lich zur Verfügung ste­hen­den fi­nan­zi­el­len Mit­teln und den tatsäch­lich be­ste­hen­den For­de­run­gen nichts.

Dar­aus ließe sich für die Frage des Zu­flus­ses von Erträgen je­den­falls so lange nichts her­lei­ten, wie das Schnee­ball­sys­tem als sol­ches funk­tio­niere, d.h. die Aus­zah­lungs­ver­lan­gen der An­le­ger ohne Ein­schränkung be­dient wer­den. Dass Schnee­ball­sys­teme zu­sam­men­bre­chen, wenn alle An­le­ger gleich­zei­tig die Rück­zah­lung ih­rer Gelder ver­lan­gen, sage über den Ab­fluss bzw. Zu­fluss beim ein­zel­nen An­le­ger nichts aus. Aus all­dem er­gibt sich für den Streit­fall, dass die Zin­sen der Kläge­rin durch No­va­tion zu­ge­flos­sen sind. Die Nicht­aus­zah­lung der Zin­sen, son­dern de­ren Wie­der­an­lage lag auch im In­ter­esse der Kläge­rin. Dies er­gibt sich aus den ho­hen Zin­sen, die ihr hierfür ver­spro­chen wur­den. Dass die Nicht­aus­zah­lung auch im In­ter­esse des Gläubi­gers liegt, reicht aus. Die Nicht­aus­zah­lung muss nicht im ganz über­wie­gen­den In­ter­esse des Gläubi­gers lie­gen.

Die Kläge­rin ist ge­gen die Nicht­aus­zah­lung nicht mas­siv vor­ge­gan­gen, son­dern hat der Wie­der­an­lage zu­ge­stimmt. Der An­la­ge­be­ra­ter hat ihr einen er­heb­li­chen Teil zurück­ge­zahlt. Des­halb hätte die Kläge­rin bei mas­si­ve­rem Vor­ge­hen wohl auch den übri­gen Be­trag ein­schließlich der Zin­sen von dem An­la­ge­be­ra­ter aus­ge­zahlt er­hal­ten. Die­ser war zu die­sem Zeit­punkt noch zah­lungsfähig. Ver­zich­tet die Kläge­rin auf ein sol­ches mas­si­ves Vor­ge­hen und stimmt viel­mehr ei­ner Wie­der­an­lage der Zin­sen mit neuer Ver­zin­sung zu, dann hat sie ei­ner Um­wand­lung der Zins­schuld in eine neue Dar­le­hens­schuld zu­ge­stimmt und da­mit über die Zin­sen verfügt. Diese sind ihr in die­sem Zeit­punkt steu­er­lich zu­ge­flos­sen.

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