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FG Düsseldorf zur Frage eines Verstoßes der pauschalen Besteuerung von Erträgen aus sog. "intransparenten" Investmentfonds gegen EU-Recht

Beschluss des FG Düsseldorf vom 3.5.2012 - 16 K 3383/10 F

Verstößt die pau­schale Be­steue­rung von Erträgen aus sog. "in­trans­pa­ren­ten" (inländi­schen und) ausländi­schen In­vest­ment­fonds gemäß § 6 In­vStG ge­gen eu­ropäisches Ge­mein­schafts­recht (Art. 56 EG), weil sie eine ver­schlei­erte Be­schränkung des freien Ka­pi­tal­ver­kehrs (Art. 58 Abs. 3 EG) dar­stellt? Diese Frage hat das FG Düssel­dorf nun dem EuGH zur Vor­ab­ent­schei­dung vor­ge­legt.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ist Al­lein­er­bin ih­res im Au­gust 2002 ver­stor­be­nen aus Bel­gien stam­men­den Ehe­man­nes. Die­ser hatte An­teile an ausländi­schen In­vest­ment­fonds er­wor­ben und diese in einem De­pot bei der BBL/ING-Bank Bel­gien ge­hal­ten. Nach­dem der ge­mein­same Sohn und Kläger zu 2) sei­nen Pflicht­teils­an­spruch gel­tend ge­macht hatte, über­trug die Kläge­rin zur Erfüllung des Pflicht­teils­an­spruchs im Jahre 2003 das De­pot zur Hälfte auf den Kläger. Dem­ent­spre­chend wur­den Erträge aus den (fort­geführ­ten) Ka­pi­tal­an­la­gen ab 2003 ein­heit­lich und ge­son­dert fest­ge­stellt und den Klägern hälf­tig zu­ge­rech­net.

Die Kläger er­ziel­ten hier­aus im Jahr 2003 so­wie in den Streit­jah­ren 2004 bis 2008 un­strei­tig ge­ringfügige Zin­sen (aus lau­fen­der Rech­nung) so­wie Erträge aus den In­vest­ment­an­tei­len ("Fond­serträge"). Be­zo­gen auf die Streit­jahre bis 2006 han­delte es sich bei sämt­li­chen In­vest­ment­an­tei­len um An­teile an sog. "schwar­zen" Fonds, de­ren Be­steue­rung bis zum Jahre 2003 in § 18 Abs. 3 Aus­lIn­vestmG ge­re­gelt war, bzw. um An­teile an sog. "in­trans­pa­ren­ten" Fonds, de­ren Be­steue­rung ab dem Jahre 2004 (u.a.) in § 6 In­vStG ge­re­gelt ist. Ge­nauer ge­sagt han­delte es sich sämt­lich um the­sau­rie­rende Fonds.

Die Kläger wa­ren der An­sicht, dass die für Jahre ab 2004 gel­tende Re­ge­lung in § 6 In­vStG ge­mein­schafts­rechts­wid­rig sei. Das FG hat das Ver­fah­ren aus­ge­setzt und dem EuGH mit der Rechts­frage, ob die pau­schale Be­steue­rung von Erträgen aus sog. "in­trans­pa­ren­ten" (inländi­schen und) ausländi­schen In­vest­ment­fonds gem. § 6 In­vStG ge­gen eu­ropäisches Ge­mein­schafts­recht (Art. 56 EG) verstößt, weil sie eine ver­schlei­erte Be­schränkung des freien Ka­pi­tal­ver­kehrs (Art. 58 Abs. 3 EG) dar­stellt, zur Vor­ab­ent­schei­dung vor­ge­legt.

Die Gründe:
So­fern diese Frage zu be­ja­hen ist, muss der Klage teil­weise -ent­spre­chend der für das Jahr 2003 ge­trof­fe­nen tatsäch­li­chen Verständi­gung durch eine in­di­vi­du­elle, auf die Streit­jahre be­zo­gene Schätzung - ent­spro­chen wer­den. Ist die Frage aber zu ver­nei­nen, ist die Klage als un­begründet ab­zu­wei­sen.

Ob die in § 6 In­vStG nun­mehr glei­chermaßen für inländi­sche und ausländi­sche "in­trans­pa­rente" In­vest­ment­fonds ge­re­gelte Pau­schal­be­steue­rung der Erträge den uni­ons­recht­li­chen An­for­de­run­gen des Dis­kri­mi­nie­rungs- und Be­schränkungs­ver­bots ent­spricht, ist im Schrift­tum viel­fach ver­neint bzw. zu­min­dest be­zwei­felt wor­den. Ins­be­son­dere wird hierzu vor­ge­bracht, dass § 6 In­vStG "de facto" auf ausländi­sche In­vest­ment­fonds zu­ge­schnit­ten sei, weil inländi­sche Fonds na­hezu aus­nahms­los die An­for­de­run­gen des § 5 Abs. 1 In­vStG erfüllen und ausländi­schen Fonds oft­mals keine Ver­an­las­sung hätten, den Pflich­ten des § 5 Abs. 1 In­vStG nach­zu­kom­men.

In­fol­ge­des­sen liege trotz for­ma­ler Gleich­stel­lung inländi­scher und ausländi­scher "in­trans­pa­ren­ter" In­vest­ment­fonds eine "ver­deckte" bzw. "fak­ti­sche" Dis­kri­mi­nie­rung vor. Eine Ver­let­zung der Ka­pi­tal­ver­kehrs­frei­heit könne etwa darin be­ste­hen, dass ei­ner­seits der ausländi­sche Fonds keine deut­schen An­le­ger für sich ge­win­nen könne, wenn er nicht die An­for­de­run­gen des § 5 In­vStG erfülle, und an­de­rer­seits deut­sche An­le­ger von ausländi­schen In­vest­ment­fonds Ab­stand neh­men. Denn diese kom­men häufig nicht den An­for­de­run­gen des § 5 In­vStG nach, in­dem sie etwa die In­vest­menterträge nicht in deut­scher Sprache mit­tei­len oder die er­for­der­li­chen An­ga­ben nicht im elek­tro­ni­schen Bun­des­an­zei­ger veröff­ent­li­chen.

An­ge­sichts des­sen ist die ab 2004 gel­tende Ge­set­zes­lage aus ge­mein­schafts­recht­li­cher Sicht nicht ganz frei von Zwei­feln. Die­ser Be­ur­tei­lung steht auch nicht das BFH-Ur­teil v. 18.11.2008 (Az.: VIII R 24/07) ent­ge­gen. So­weit der BFH in die­sem Ur­teil die Be­steue­rung von Erträgen aus im In­land nicht re­gis­trier­ten ausländi­schen In­vest­ment­fonds (sog. "schwarze" Fonds) gem. § 18 Abs. 3 Aus­lIn­vestmG als of­fen­sicht­lich ge­mein­schafts­wid­rig be­ur­teilt und da­bei mehr­fach die ab 2004 gel­tende, geänderte Ge­set­zes­lage an­ge­spro­chen hat, hat er sich je­den­falls nicht mit dem vor­erwähn­ten, im Schrift­tum gel­tend ge­mach­ten Ge­sichts­punkt der "ver­deck­ten" bzw. "fak­ti­schen" Dis­kri­mi­nie­rung be­fasst. So ge­se­hen steht selbst eine An­nahme, dass der BFH § 6 In­vStG "wohl für rechtmäßig hält", ge­mein­schafts­recht­li­chen Zwei­feln nicht ent­ge­gen.

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