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Rechtsberatung

Fallstricke bei steuerlichen Korrekturerklärungen im Unternehmen

Auch in gut or­ga­ni­sier­ten Un­ter­neh­men können Ar­beits­feh­ler un­ter­lau­fen. So­fern aus einem sol­chen Ver­se­hen die Ab­gabe ei­ner un­rich­ti­gen Steu­er­erklärung re­sul­tiert, die eine Steu­er­verkürzung zur Folge hat, trifft den Steu­er­pflich­ti­gen eine un­verzügli­che An­zeige- und Be­rich­ti­gungs­pflicht, § 153 AO.

Während diese Kor­rek­tu­ren früher re­gelmäßig im Zuge der nächs­ten Be­triebsprüfung vor­ge­nom­men wur­den, ha­ben sich die An­for­de­run­gen der Fi­nanz­ver­wal­tung in den letz­ten Jah­ren deut­lich ver­schärft. Auch die Nor­mie­rung des neuen § 153 Abs. 4 AO - der laut Ge­set­zes­begründung eine Er­wei­te­rung der Be­rich­ti­gungs­pflicht re­gelt - zeigt die enorme Be­deu­tung steu­er­li­cher Kor­rek­tur­erklärun­gen. Dem­ent­spre­chend müssen diese mit größter Sorg­falt vor­be­rei­tet wer­den.

Kor­rek­tur­erklärung oder Selbst­an­zeige? - Un­ter­schei­dung mit weit­rei­chen­den Fol­gen

Bei der Ab­gabe ei­ner un­rich­ti­gen Steu­er­erklärung, die zu ei­ner Steu­er­verkürzung geführt hat, ist für die Ein­ord­nung, ob eine straf­bare Steu­er­hin­ter­zie­hung vor­liegt, ent­schei­dend, ob die De­kla­ra­tion vorsätz­lich er­folgte. Da­bei wird die Im­ple­men­tie­rung ei­nes in­ner­be­trieb­li­chen Kon­troll­sys­tems (Com­pli­ance Ma­nage­ment Sys­tem) re­gelmäßig als In­diz ge­gen das Vor­lie­gen vorsätz­li­chen Han­delns ge­wer­tet.

Den­noch ten­die­ren die Fi­nanz­behörden viel­fach dazu, ins­be­son­dere bei einem größeren Kor­rek­tur­vo­lu­men na­hezu re­flex­ar­tig den Ver­dacht ei­ner Steu­er­straf­tat in den Raum zu stel­len - mit der Folge der Ein­lei­tung ei­nes Er­mitt­lungs­ver­fah­rens ge­gen Un­ter­neh­mens­ver­ant­wort­li­che.

Ob­wohl der An­wen­dungs­er­lass des BMF zu § 153 AO ausdrück­lich re­gelt, dass nicht aus je­der ob­jek­ti­ven Un­rich­tig­keit al­lein auf­grund der Höhe der steu­er­li­chen Aus­wir­kung auf das Vor­lie­gen ei­nes An­fangs­ver­dachts ei­ner Steu­er­hin­ter­zie­hung ge­schlos­sen wer­den kann und es in­so­fern ei­ner sorgfälti­gen Prüfung be­darf, wird dies in der Pra­xis durch die Fi­nanz­behörden häufig an­ders ge­hand­habt.

Zur Er­lan­gung von Straf­frei­heit wäre dann die Ab­gabe ei­ner wirk­sa­men Selbst­an­zeige er­for­der­lich. Um­strit­ten ist da­bei viel­fach, ob eine steu­er­li­che Kor­rek­tur­erklärung zu­gleich eine straf­be­frei­ende Selbst­an­zeige dar­stellt. Wird nämlich im worst case die Kor­rek­tur­erklärung als straf­be­frei­ende Selbst­an­zeige be­han­delt, müssen für de­ren Wirk­sam­keit de­ren strenge Vor­ga­ben ein­ge­hal­ten wer­den.

Da­her sollte jede et­was um­fang­rei­chere Kor­rek­tur von Steu­er­erklärun­gen ent­spre­chend der An­for­de­run­gen, die der Ge­setz­ge­ber in § 371 AO an die Selbst­an­zeige stellt, aus­ge­stal­tet sein.

Hier­bei müssen An­ga­ben ge­macht wer­den zu al­len noch nicht verjähr­ten Steu­er­hin­ter­zie­hun­gen ei­ner Steu­er­art, min­des­tens aber zu al­len Steu­er­straf­ta­ten ei­ner Steu­er­art in­ner­halb der letz­ten zehn Ka­len­der­jahre. In den Fällen be­son­ders schwe­rer Steu­er­hin­ter­zie­hung nach § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 bis 6 AO - bei­spiels­weise ab einem hin­ter­zo­ge­nen Be­trag von 50.000 Euro pro Tat - sind mit Blick auf die mitt­ler­weile 15 Jahre be­tra­gende straf­recht­li­che Ver­fol­gungs­verjährung auch für die­sen weit­rei­chen­den Zeit­raum An­ga­ben er­for­der­lich. Da die Selbst­an­zeige rich­tig und vollständig sein muss, ist eine vor­aus­ge­hende um­fas­sende Aufklärung und Er­for­schung des Sach­ver­halts im Un­ter­neh­men un­ab­ding­lich.

Da­bei ist zu berück­sich­ti­gen, dass nicht le­dig­lich „Ar­beits­feh­ler“ re­le­vant sind, die in den Ver­ant­wor­tungs­be­reich der ak­tu­ell un­ter­neh­mens­ver­ant­wort­li­chen Per­so­nen fal­len. Wer­den bei­spiels­weise nach einem Ge­schäftsführer- oder Vor­stands­wech­sel be­rich­ti­gungs­pflich­tige Sach­ver­halte aus der Ver­gan­gen­heit be­kannt, trifft auch den neu ein­ge­tre­te­nen Un­ter­neh­mens­ver­ant­wort­li­chen eine ent­spre­chende An­zeige- und Be­rich­ti­gungs­pflicht. Kommt er die­ser nicht nach, ist die­ses Un­ter­las­sen straf­be­wehrt.

Be­deu­tung der ein­zu­be­zie­hen­den - auch ehe­ma­li­gen - Ver­ant­wort­li­chen

Ne­ben dem (zeit­li­chen) Um­fang der Erklärung gilt es zu prüfen, wel­che Un­ter­neh­mens­ver­ant­wort­li­chen in die Kor­rek­tur mit­ein­zu­be­zie­hen sind. Zusätz­lich zu der Ge­schäftsführungs- bzw. Vor­stands­ebene kann es im Ein­zel­fall not­wen­dig sein, Mit­ar­bei­ter aus der Steu­er­ab­tei­lung in die straf­be­frei­ende Nach­erklärung mit­ein­zu­be­zie­hen, um auch für sie die Schutz­wir­kung her­zu­stel­len. Außer­dem kann es im Un­ter­neh­mens­in­ter­esse lie­gen, be­reits aus­ge­schie­dene Ver­ant­wort­li­che zu kon­tak­tie­ren. Dies ist ins­be­son­dere vor dem Hin­ter­grund des § 30 Abs. 4 S. 3 AO be­deut­sam: Hier­nach ist eine Un­ter­neh­mens­geldbuße nach § 30 OWiG aus­ge­schlos­sen, wenn die Straf­tat oder Ord­nungs­wid­rig­keit aus recht­li­chen Gründen nicht ver­folgt wer­den kann - also eine wirk­same Selbst­an­zeige für alle Be­tei­lig­ten vor­liegt.

In die stra­te­gi­schen Über­le­gun­gen im Rah­men der Vor­be­rei­tung ent­spre­chen­der Kor­rek­tur­erklärun­gen ist auch die sog. Fremd­an­zeige nach § 371 Abs. 4 AO ein­zu­be­zie­hen. So­fern die in § 153 AO vor­ge­se­hene An­zeige recht­zei­tig und ord­nungs­gemäß er­stat­tet wird, nor­miert die vor­ge­nannte Vor­schrift un­ter be­stimm­ten Vor­aus­set­zun­gen ein straf­recht­li­ches Ver­fol­gungs­hin­der­nis für einen Drit­ten, der es un­ter­las­sen hat, die Kor­rek­tur­erklärung ab­zu­ge­ben, oder diese un­rich­tig oder un­vollständig ab­ge­ge­ben hat. Strit­tig ist je­doch, wer im Kon­text mit ei­ner Fremd­an­zeige „Drit­ter“ ist. Ein­schränkend wird größten­teils ver­tre­ten, dass dies nur der­je­nige sein kann, der die An­zeige- und Be­rich­ti­gungs­pflicht nach § 153 AO ver­letzt hat und nicht auch der­je­nige, der schon die ur­sprüng­li­che Erklärung be­wusst un­rich­tig ab­ge­ge­ben hat.

Wei­tere Ri­si­ken

Der Um­stand, dass die Kor­rek­tur­erklärung als Selbst­an­zeige ge­wer­tet wird, birgt über die Ge­fahr der mögli­chen Un­wirk­sam­keit der Selbst­an­zeige hin­aus wei­tere Kon­se­quen­zen, die be­reits im Vor­feld zu be­den­ken sind.

Zwar schließt eine für alle Be­tei­lig­ten wirk­same Selbst­an­zeige die selbständige Fest­set­zung ei­ner Un­ter­neh­mens­geldbuße nach § 30 Abs. 4 S. 3 OWiG aus. Gleich­wohl be­steht aber die Möglich­keit der Verhängung ei­ner Un­ter­neh­mens­geldbuße im Kon­text von § 30 OWiG mit § 130 OWiG. Diese Vor­schrift rich­tet sich an Ent­schei­dungsträger des Un­ter­neh­mens und knüpft an de­ren vorsätz­li­ches oder fahrlässi­ges Un­ter­las­sen von Auf­sichtsmaßnah­men an. Die Sank­tio­nie­rung der Auf­sichts­pflicht­ver­let­zung soll si­cher­stel­len, dass in Un­ter­neh­men ord­nungs­gemäße und hin­rei­chende Vor­keh­run­gen ge­gen die Be­ge­hung be­triebs­be­zo­ge­ner Straf­ta­ten ge­trof­fen wer­den. Den Fi­nanz­behörden dient die Vor­schrift letzt­lich auch in der Form, dass das ver­meint­li­che Fehl­ver­hal­ten ei­ner Lei­tungs­per­son im Rah­men von steu­er­li­chen Kor­rek­tur­erklärun­gen als Anknüpfungs­tat zur Un­ter­neh­mens­sank­tio­nie­rung her­an­ge­zo­gen wird.

In den Fällen, in de­nen die Steu­er­verkürzung oder der er­langte Steu­er­vor­teil hin­sicht­lich der ein­zel­nen Tat 25.000 Euro über­schrei­tet, ermöglicht das Ge­setz ein Ab­se­hen von der Straf­ver­fol­gung nur bei Zah­lung ei­nes zusätz­li­chen Geld­be­tra­ges. Des­sen Höhe beträgt in Abhängig­keit vom Hin­ter­zie­hungs­be­trag 10 % bis 20 % der hin­ter­zo­ge­nen Steuer (§ 398a Abs. 1 Nr. 2 AO) und ist von je­dem an der Tat Be­tei­lig­ten zu ent­rich­ten. Dies kann ge­rade bei Fällen mit Un­ter­neh­mens­be­zug zu wirt­schaft­li­chen Her­aus­for­de­run­gen führen.

Fa­zit

Wenn­gleich Kor­rek­tur­erklärun­gen zum „All­tags­ge­schäft“ so­wohl auf Sei­ten der Fi­nanz­behörden als auch der Be­ra­ter gehören, be­ste­hen hier­bei um­fang­rei­che Ri­si­ken. An­wen­dungs- und Aus­le­gungs­fra­gen im Um­gang mit Kor­rek­tu­ren nach Außenprüfun­gen wirft auch die zum 01.01.2023 in Kraft ge­tre­tene Re­ge­lung des § 153 Abs. 4 AO auf, die erst­mals auf Steu­ern an­zu­wen­den ist, die nach dem 31.12.2024 ent­ste­hen (Art. 97 § 37 Abs. 2 S. 1 EGAO). Ob hier­durch der An­wen­dungs­be­reich für Be­rich­ti­gungs­erklärun­gen er­wei­tert wird oder die Neu­re­ge­lung le­dig­lich de­kla­ra­to­ri­schen Cha­rak­ter hat und wie die Fi­nanz­ver­wal­tung den Um­gang mit die­ser in der Pra­xis hand­habt, wird sich zei­gen. Um Feh­ler im Zu­sam­men­hang mit Kor­rek­tur­erklärun­gen mit mögli­cher­weise schwer­wie­gen­den Kon­se­quen­zen zu ver­mei­den, ist je­den­falls nicht nur die sorgfältige und um­fas­sende Vor­be­rei­tung ent­spre­chen­der Kor­rek­tu­ren im „Akut­fall“ un­erläss­lich. Auch präven­tiv können bei­spiels­weise durch die Im­ple­men­tie­rung ei­nes Com­pli­ance Ma­nage­ment Sys­tems be­reits frühzei­tig die rich­ti­gen Wei­chen ge­stellt wer­den.

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