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EuGH: Innergemeinschaftliche Lieferung nur bei buchmäßigem Nachweis der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer?

Der EuGH hat sich ge­genwärtig mehr­fach mit Fra­gen der Nach­weis­pflich­ten ei­nes Lie­fe­ran­ten bei in­ner­ge­mein­schaft­li­chen Lie­fe­run­gen aus­ein­an­der zu set­zen. So hatte er mit Ur­teil vom 6.9.2012 in der Rechts­sa­che Mec­sek-Gabona (Rs. C 273/11) zu Guns­ten ei­nes Lie­fe­ran­ten ent­schie­den, dass ihm die Steu­er­be­frei­ung ei­ner in­ner­ge­mein­schaft­li­chen Lie­fe­rung nicht al­lein des­halb ver­sagt wer­den kann, weil die Steu­er­ver­wal­tung ei­nes an­de­ren Mit­glied­staats eine Löschung der Um­satz­steuer-Iden­ti­fi­ka­ti­ons­num­mer des Er­wer­bers vor­ge­nom­men hat, die zwar nach der Lie­fe­rung des Ge­gen­stands er­folgt ist, aber auf einen Zeit­punkt vor der Lie­fe­rung zurück­wirkt.

Hin­weis: In die­sem Ver­fah­ren schränkte der EuGH je­doch ein, dass die Steu­er­be­frei­ung der in­ner­ge­mein­schaft­li­chen Lie­fe­rung dann zu ver­sa­gen ist, wenn auf­grund der ob­jek­ti­ven Sach­lage fest­steht, dass der Verkäufer sei­nen Nach­weis­pflich­ten nicht nach­ge­kom­men ist oder dass er wusste bzw. hätte wis­sen müssen, dass der von ihm be­wirkte Um­satz mit ei­ner Steu­er­hin­ter­zie­hung des Er­wer­bers verknüpft war, und er nicht alle ihm zur Verfügung ste­hen­den zu­mut­ba­ren Maßnah­men er­grif­fen hat, um seine ei­gene Be­tei­li­gung an die­ser Steu­er­hin­ter­zie­hung zu ver­hin­dern.

Auf den ers­ten Blick noch wei­ter ging der EuGH mit Ur­teil vom 27.9.2012 in der Rechts­sa­che VSTR (Rs. C-587/10), wo­nach eine steu­er­freie in­ner­ge­mein­schaft­li­che Lie­fe­rung auch dann vor­lie­gen kann, wenn der Empfänger über keine Um­satz­steuer-Iden­ti­fi­ka­ti­ons­num­mer verfügt. Dies begründet der EuGH da­mit, dass die Um­satz­steuer-Iden­ti­fi­ka­ti­ons­num­mer nur eine Möglich­keit ist, um die Un­ter­neh­merei­gen­schaft des Leis­tungs­empfängers nach­zu­wei­sen.

Hin­weis: In dem zu­grunde lie­gen­den Streit­fall ver­kaufte eine in Deutsch­land ansässige Ge­sell­schaft Ma­schi­nen an eine Ge­sell­schaft mit Sitz in den USA. Diese Ge­sell­schaft hatte eine Nie­der­las­sung in Por­tu­gal, war aber in kei­nem Mit­glied­staat für Mehr­wert­steu­er­zwe­cke re­gis­triert. Die in Deutsch­land ansässige Ge­sell­schaft for­derte die ame­ri­ka­ni­sche Ge­sell­schaft auf, ihr ihre Um­satz­steuer-Iden­ti­fi­ka­ti­ons­num­mer mit­zu­tei­len. Dar­auf­hin gab die ame­ri­ka­ni­sche Ge­sell­schaft an, die Ma­schi­nen an ein in Finn­land ansässi­ges Un­ter­neh­men ver­kauft zu ha­ben und teilte die Um­satz­steuer-Iden­ti­fi­ka­ti­ons­num­mer die­ses Un­ter­neh­mens mit. Die Ma­schi­nen wur­den dann von ei­ner von der ame­ri­ka­ni­schen Ge­sell­schaft be­auf­trag­ten Spe­di­tion ab­ge­holt und nach Finn­land ver­bracht. Die deut­sche Ge­sell­schaft stellte dar­auf­hin auf den Na­men der ame­ri­ka­ni­schen Ge­sell­schaft und un­ter An­gabe der Um­satz­steuer-Iden­ti­fi­ka­ti­ons­num­mer der fin­ni­schen Ge­sell­schaft eine Rech­nung ohne Mehr­wert­steuer aus. Die Fi­nanz­ver­wal­tung ver­sagte die Be­frei­ung der Lie­fe­rung von der Mehr­wert­steuer, weil die deut­sche Ge­sell­schaft nicht die Um­satz­steuer-Iden­ti­fi­ka­ti­ons­num­mer der ame­ri­ka­ni­schen Ge­sell­schaft an­ge­ge­ben hatte. Sie ver­wies dar­auf, dass die Mit­glied­staa­ten, ohne ge­gen Uni­ons­recht zu ver­stoßen, die Steu­er­be­frei­ung ei­ner in­ner­ge­mein­schaft­li­chen Lie­fe­rung da­von abhängig ma­chen könn­ten, dass der Er­wer­ber in einem Mit­glied­staat über eine Um­satz­steuer-Iden­ti­fi­ka­ti­ons­num­mer verfügt.

Im Streit­fall wur­den die Ma­schi­nen aus Deutsch­land über einen in einem Dritt­staat (USA) ansässi­gen Drit­ten an ein Un­ter­neh­men in Finn­land ge­lie­fert. Der EuGH stellte in sei­ner Ent­schei­dung klar, dass al­lein auf­grund der Tat­sa­che, dass die Ma­schi­nen von Deutsch­land di­rekt nach Finn­land ge­langt sind, eine in­ner­ge­mein­schaft­li­che Lie­fe­rung vor­liegt. Der Um­stand, dass der da­zwi­schen ge­schal­tete Dritte in einem Dritt­staat ansässig war, macht aus der Lie­fe­rung keine Aus­fuhr­lie­fe­rung, da es auf die Na­tio­na­lität des Er­wer­bers nicht an­kommt.

Der EuGH ver­deut­licht die Tren­nung zwi­schen ma­te­ri­el­len und for­mel­len Nach­wei­sen und er un­ter­streicht, dass die Steu­er­be­frei­ung für in­ner­ge­mein­schaft­li­che Lie­fe­run­gen zu gewähren ist, wenn die ma­te­ri­ell­recht­li­chen Vor­aus­set­zun­gen im Sinne der 6. EG-Richt­li­nie vor­lie­gen.

Al­ler­dings stellt der EuGH den Un­ter­neh­mern kei­nes­wegs einen Per­sil­schein aus. Die Ent­schei­dung ist im Tenor viel­mehr so for­mu­liert, dass die Richt­li­nie da­hin­ge­hend aus­zu­le­gen ist, dass es der Fi­nanz­ver­wal­tung ei­nes Mit­glied­staa­tes nicht ver­wehrt ist, die Steu­er­be­frei­ung ei­ner in­ner­ge­mein­schaft­li­chen Lie­fe­rung da­von abhängig zu ma­chen, dass der Lie­fe­rer die Um­satz­steuer-Iden­ti­fi­ka­ti­ons­num­mer des Er­wer­bers mit­teilt. Nur aus­nahms­weise soll es auf den Nach­weis mit­tels Um­satz­steuer-Iden­ti­fi­ka­ti­ons­num­mer des Er­wer­bers nicht an­kom­men. Denn diese Be­rech­ti­gung der Fi­nanz­ver­wal­tung steht nach den Ausführun­gen des EuGH un­ter dem Vor­be­halt, dass die Steu­er­be­frei­ung nicht al­lein mit der Begründung ver­wei­gert wer­den darf, dass der Lie­fe­rer die Um­satz­steuer-Iden­ti­fi­ka­ti­ons­num­mer des Er­wer­bers nicht mit­ge­teilt hat, wenn der Lie­fe­rer red­li­cher­weise, und nach­dem er alle ihm zu­mut­ba­ren Maßnah­men er­grif­fen hat, diese Iden­ti­fi­ka­ti­ons­num­mer nicht mit­tei­len kann und er außer­dem An­ga­ben macht, die hin­rei­chend be­le­gen können, dass der Er­wer­ber ein Steu­er­pflich­ti­ger ist, der bei dem be­tref­fen­den Vor­gang als sol­cher ge­han­delt hat.

Hin­weis: Die Aus­wir­kun­gen für die Pra­xis sind der­zeit noch nicht ab­seh­bar, da völlig un­geklärt ist, wel­che Maßnah­men als zu­mut­bar an­ge­se­hen wer­den können. Un­ter­neh­mer soll­ten da­her nach wie vor dar­auf Wert le­gen, dass der Nach­weis mit­tels Um­satz­steuer-Iden­ti­fi­ka­ti­ons­num­mer er­bracht wer­den kann. Nur aus­nahms­weise genügen an­dere Nach­weise. Wie diese mögli­chen al­ter­na­ti­ven Nach­weise aus­se­hen, ist der­zeit of­fen, weil die For­mu­lie­run­gen in der Ent­schei­dung des EuGH dies­bezüglich nur we­nig aus­sa­gekräftig sind. Ggf. er­ge­ben sich aus der zu er­war­ten­den Fol­ge­ent­schei­dung des BFH neue Er­kennt­nisse.

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