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BGH zur Wirksamkeit der Zustimmungserklärung beim scheidungsakzessorischen Statuswechsel im Scheidungsverfahren

Beschluss des BGH vom 27.3.2013 - XII ZB 71/12

Die im Rah­men des sog. schei­dungs­ak­zess­ori­schen Sta­tus­wech­sels nach § 1599 Abs. 2 BGB er­for­der­li­che Zu­stim­mungs­erklärung des Ehe­man­nes kann nicht in wirk­sa­mer Form im Schei­dungs­ver­fah­ren ab­ge­ge­ben wer­den. Die Zu­stim­mung ist da­bei an­ders als die An­er­ken­nung nicht an eine Frist ge­bun­den.

Der Sach­ver­halt:
Der An­trag­stel­ler ist der bio­lo­gi­sche Va­ter des im Jahr 2004 ge­bo­re­nen Kin­des der An­trags­geg­ne­rin. Zur Zeit der Ge­burt war die Mut­ter noch mit S. ver­hei­ra­tet. Im April 2002 be­gehrte sie die Schei­dung. Im Jahr 2003 lernte sie den An­trag­stel­ler ken­nen, mit dem sie bis Mitte 2010 in nicht-ehe­li­cher Le­bens­ge­mein­schaft zu­sam­men­lebte. Der An­trag­stel­ler er­kannte die Va­ter­schaft für das Kind mit Zu­stim­mung der An­trags­geg­ne­rin im Ja­nuar 2005 form­wirk­sam an.

Der da­ma­lige Ehe­mann wurde im Schei­dungs­ver­fah­ren im Wege der Rechts­hilfe im Au­gust 2008 an­gehört. Dort erklärte er zu Pro­to­koll, dass er der Va­ter­schaftsa­ner­ken­nung des An­trag­stel­lers zu­stimme und nicht Va­ter des Kin­des sei. Die Erklärung wurde ihm nicht aus der vorläufi­gen Ton­band­auf­zeich­nung vor­ge­spielt und nicht von ihm ge­neh­migt.

Seit ih­rer Tren­nung Mitte 2010 strei­ten die An­trags­geg­ne­rin und der An­trag­stel­ler über den Auf­ent­halt des Kin­des. Der An­trag­stel­ler be­an­tragte, das ge­mein­same Sor­ge­recht zu begründen und ihm das Auf­ent­halts­be­stim­mungs­recht zu über­tra­gen. Das AG gab den Anträgen statt; das OLG wies sie zurück. Die hier­ge­gen ge­rich­tete Rechts­be­schwerde des An­trag­stel­lers blieb vor dem BGH er­folg­los.

Gründe:
Das OLG hatte die Anträge zu Recht zurück­ge­wie­sen, weil der An­trag­stel­ler der­zeit nicht recht­li­cher Va­ter des Kin­des ist und ihm da­her die An­trags­be­rech­ti­gung fehlt.

Der Sta­tus­wech­sel nach § 1599 Abs. 2 BGB setzt u.a. vor­aus, dass der zum Zeit­punkt der Ge­burt mit der Mut­ter ver­hei­ra­tete Mann der An­er­ken­nung des Drit­ten zu­stimmt. Nach § 1597 Abs. 1 BGB müssen An­er­ken­nung und Zu­stim­mung öff­ent­lich be­ur­kun­det wer­den. Öff­ent­li­che Be­ur­kun­dung ist nach der Le­gal­de­fi­ni­tion in § 415 ZPO die Er­stel­lung ei­ner Ur­kunde durch eine öff­ent­li­che Behörde im Rah­men ih­rer Zuständig­keit in der vor­ge­schrie­be­nen Form. Sie konnte nach der im Jahr 2008 noch gel­ten­den Vor­schrift des § 641 c ZPO (nun­mehr § 180 FamFG) durch die Erklärung zur Nie­der­schrift des Ge­richts er­setzt wer­den. Sie be­zog sich aber nur auf Kind­schafts­sa­chen nach §§ 640 ff. ZPO (heute: Ab­stam­mungs­sa­chen, §§ 169 ff. FamFG). Die Zu­stim­mungs­erklärung des da­ma­li­gen Ehe­manns war da­ge­gen nicht in ei­ner Kind­schafts­sa­che, son­dern im Schei­dungs­ver­fah­ren ab­ge­ge­ben wor­den und erfüllte so­mit die Vor­aus­set­zun­gen des § 641c ZPO nicht.

Es ist nicht möglich, die Ab­gabe der Zu­stim­mungs­erklärung über die ge­setz­li­chen Form­vor­schrif­ten hin­aus­ge­hend im Wege der Ana­lo­gie auch im Schei­dungs­ver­fah­ren zu eröff­nen. Hierfür fehlt es an ei­ner plan­wid­ri­gen Re­ge­lungslücke im Ge­setz. Da­durch, dass eine Zu­las­sung der Erklärung im Schei­dungs­ver­fah­ren durch­aus na­he­ge­le­gen hätte, lässt sich eine Er­wei­te­rung der ge­setz­li­chen Form­vor­schrif­ten um die nicht vor­ge­se­hene Form der Erklärung zur Nie­der­schrift des Ge­richts im Schei­dungs­ver­fah­ren nicht recht­fer­ti­gen. Die Re­ge­lung des BGB zur Ver­wandt­schaft (§§ 1589 ff. BGB) ist durch das sog. Sta­tu­sprin­zip geprägt. Die­ses zeich­net sich u.a. da­durch aus, dass der ein­mal begründete recht­li­che Sta­tus der Ver­wandt­schaft mit vielfälti­gen und weit­rei­chen­den Rechts­fol­gen (etwa Un­ter­halts­pflicht, Er­brecht, Staats­an­gehörig­keit, Na­mens­recht, Sor­ge­recht) verknüpft ist.

Eine Kor­rek­tur wäre al­len­falls be­rech­tigt, wenn sich durch die wort­laut­ge­treue An­wen­dung ein Wi­der­spruch zu an­de­ren, vor­ran­gi­gen ge­setz­li­chen Zie­len ergäbe. Das ließe sich aber nur an­neh­men, wenn der zur Ver­mei­dung ei­nes Ge­richts­ver­fah­rens die­nende, al­lein durch An­er­ken­nung und Zu­stim­mung eröff­nete Sta­tus­wech­sel als sol­cher durch die Form­vor­schrif­ten ver­ei­telt würde, in­dem etwa eine zur Verfügung ge­stellte Wahlmöglich­keit man­gels ei­ner hierfür be­reit­ge­stell­ten Form ent­wer­tet würde. Das ist in­des­sen nicht der Fall, da das Ge­setz wei­tere Möglich­kei­ten ei­ner Be­ur­kun­dung der Zu­stim­mung zur Verfügung stellt. Die Zu­stim­mung ist da­bei an­ders als die An­er­ken­nung nicht an eine Frist ge­bun­den. Nach § 1599 Abs. 2 S. 1 BGB gilt die Jah­res­frist nur für die An­er­ken­nung.

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