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BGH zur Unwirksamkeit einer Entgeltklausel sowie weiterer AGB für Pfändungsschutzkonten

Urteil des BGH vom 16.7.2013 - XI ZR 260/12

Der BGH hat im An­schluss an seine bei­den Ur­teile vom 13.11.2012 (XI ZR 500/11 und XI ZR 145/12) er­neut über eine Ent­gelt­klau­sel so­wie darüber hin­aus erst­mals auch über wei­tere AGB für die Führung ei­nes Pfändungs­schutz­kon­tos ent­schie­den. Da­bei hat der BGH u.a. eine Be­stim­mung über die Kon­toführung auf Gut­ha­ben­ba­sis so­wie eine Klau­sel, wo­nach die Aus­gabe ei­ner Bank- oder Kre­dit­karte nicht möglich ist, als un­wirk­sam an­ge­se­hen.

Der Sach­ver­halt:
Der kla­gende Ver­brau­cher­schutz­ver­band macht ge­genüber der be­klag­ten Bank im Wege der Un­ter­las­sungs­klage die Un­wirk­sam­keit der im Preis- und Leis­tungs­ver­zeich­nis der Be­klag­ten ent­hal­te­nen Ent­gelt­klau­sel so­wie wei­te­rer Be­din­gun­gen für ein Pfändungs­schutz­konto (P-Konto) gel­tend.

Die Be­klagte weist in ih­rem Preis- und Leis­tungs­ver­zeich­nis im Ab­schnitt "Preise für Dienst­leis­tun­gen im stan­dar­di­sier­ten Ge­schäfts­ver­kehr mit Pri­vat­kun­den" für von ihr an­ge­bo­tene Gi­ro­kon­ten­ar­ten ("Kon­to­pa­kete") mit je­weils un­ter­schied­li­chen Leis­tungs­be­stand­tei­len ver­schie­dene Mo­nats­grund­preise aus, nämlich (je­weils ohne "Fa­mi­lien"- oder "Be­rufs­ein­stei­ger­bo­nus")

  • 1. "Das Junge Konto" - kos­ten­los
  • 2. "Ak­tiv­Konto" - 4,99 €
  • 3. "Plus­Konto" - 7,99 €
  • 4. "Best­Konto" - 9,99 €.

In der hieran an­schließen­den Ru­brik "Pfändungs­schutz­konto" heißt es u.a.:

"Es wird ein mtl. Grund­preis von 8,99 € be­rech­net. Die Kon­toführung er­folgt grundsätz­lich auf Gut­ha­ben­ba­sis. Die Aus­gabe ei­ner Bank Card oder ei­ner Kre­dit­karte so­wie die Nut­zung des Kar­ten- und Do­ku­men­ten­ser­vices sind nicht möglich. Die wei­te­ren Leis­tun­gen ent­spre­chen de­nen des Ak­tiv­Kon­tos und sind der oben ste­hen­den Über­sicht zu ent­neh­men. So­weit Leis­tun­gen des Ak­tiv­Kon­tos nicht in des­sen mo­nat­li­chem Grund­preis ent­hal­ten sind, wer­den für diese Leis­tun­gen ge­son­dert aus­ge­wie­sene Preise auch beim Pfändungs­schutz­konto ge­son­dert be­rech­net."

Der Kläger be­an­stan­det diese Re­ge­lun­gen zum P-Konto in vier­fa­cher Hin­sicht, nämlich

  • den mtl. Grund­preis von 8,99 € für die Führung des P-Kon­tos,
  • die Be­stim­mung über die Kon­toführung auf Gut­ha­ben­ba­sis,
  • die Klau­sel, wo­nach beim P-Konto die Aus­gabe ei­ner Bank Card oder ei­ner Kre­dit­karte so­wie die Nut­zung des Kar­ten- und Do­ku­men­ten­ser­vices nicht möglich ist, so­wie
  • die beim P-Konto vor­ge­se­hene ge­son­derte Be­prei­sung von Leis­tun­gen, die nicht im mtl. Grund­preis des Ak­tiv­Kon­tos ent­hal­ten sind.

Das LG wies die Un­ter­las­sungs­klage ab; das OLG gab ihr in vol­lem Um­fang statt. Die hier­ge­gen ge­rich­tete Re­vi­sion der be­klag­ten Bank hatte vor dem BGH kei­nen Er­folg.

Die Gründe:
Alle vier strei­ti­gen Re­ge­lun­gen be­nach­tei­li­gen die Kun­den der Be­klag­ten ent­ge­gen den Ge­bo­ten von Treu und Glau­ben un­an­ge­mes­sen und sind da­her gem. § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB un­wirk­sam.

Die Ent­gelt­klau­sel über den mtl. von 8,99 € un­ter­liegt, wie das OLG in Übe­rein­stim­mung mit den BGH-Ur­tei­len vom 13.11.2012 (XI ZR 500/11 und XI ZR 145/12) zu­tref­fend an­ge­nom­men hat, nach § 307 Abs. 3 S. 1 BGB der In­halts­kon­trolle. Es han­delt sich nicht um eine kon­troll­freie Preis­ab­rede, weil das P-Konto keine be­son­dere Kon­to­art mit selbständi­gen Haupt­leis­tungs­pflich­ten dar­stellt, son­dern ein herkömm­li­ches Gi­ro­konto ist, das auf­grund ei­ner den Gi­ro­ver­trag ergänzen­den Ver­ein­ba­rung zwi­schen dem Kre­dit­in­sti­tut und dem Kun­den "als Pfändungs­schutz­konto geführt" wird (§ 850k Abs. 7 ZPO). Die Führung ei­nes P-Kon­tos stellt auch keine zusätz­li­che, recht­lich nicht ge­re­gelte Son­der­leis­tung der Bank dar; diese erfüllt viel­mehr eine ihr durch § 850k Abs. 7 ZPO auf­er­legte ge­setz­li­che Pflicht.

Der da­nach eröff­ne­ten In­halts­kon­trolle hält die an­ge­grif­fene Ent­gelt­klau­sel nicht stand, weil die Be­rech­nung ei­nes zusätz­li­chen Ent­gelts für die Führung des Gi­ro­kon­tos als P-Konto - hier in Ge­stalt ei­nes ins­bes. ge­genüber dem Ak­tiv­Konto um 4 € höheren mtl. Grund­prei­ses - mit we­sent­li­chen Grund­ge­dan­ken von § 850k Abs. 7 ZPO nicht zu ver­ein­ba­ren ist. Ein P-Konto muss zwar we­der kos­ten­los noch zwangsläufig zum Preis des güns­tigs­ten Kon­to­mo­dells des be­tref­fen­den Kre­dit­in­sti­tuts geführt wer­den. Der Auf­wand für die Kon­toführung, zu der das Kre­dit­in­sti­tut ge­setz­lich ver­pflich­tet ist, darf aber nach dem Wil­len des Ge­setz­ge­bers nicht durch ein zusätz­li­ches Ent­gelt ge­genüber einem nor­ma­len Gi­ro­konto mit ent­spre­chen­den Leis­tun­gen auf den Kun­den ab­gewälzt wer­den. Das ist je­doch bei der hier strei­ti­gen Klau­sel so­wohl im Ver­gleich zum Ak­tiv­Konto als auch - un­ter Berück­sich­ti­gung der beim P-Konto ge­son­dert ent­gelt­pflich­ti­gen Leis­tun­gen - im Ver­gleich zu den übri­gen "Kon­to­pa­ke­ten" der Fall.

Die darüber hin­aus be­an­stan­de­ten Klau­seln über die Führung des P-Kon­tos auf Gut­ha­ben­ba­sis so­wie zu der beim P-Konto feh­len­den Möglich­keit der Aus­gabe ei­ner Bank Card oder ei­ner Kre­dit­karte hal­ten eben­falls nach § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB der In­halts­kon­trolle nicht stand. Sie können bei der ge­bo­te­nen "kun­den­feind­lichs­ten Aus­le­gung" so ver­stan­den wer­den, dass bei der Um­wand­lung ei­nes be­ste­hen­den Gi­ro­kon­tos in ein P-Konto die Be­rech­ti­gung des Kun­den zur In­an­spruch­nahme ei­nes mit der Bank ver­ein­bar­ten Dis­po­si­ti­ons­kre­dits bzw. ei­ner Über­zie­hungsmöglich­keit oder zur Nut­zung ei­ner ihm zur Verfügung ge­stell­ten De­bit­karte oder Kre­dit­karte au­to­ma­ti­sch - also ohne die in­so­weit von Rechts we­gen er­for­der­li­che (wirk­same) Kündi­gung der zu­grunde lie­gen­den Kre­dit­ver­ein­ba­rung oder des Kar­ten­ver­tra­ges - ent­fal­len soll. Ein sol­cher kündi­gungs­un­abhängi­ger "Be­en­di­gungs­au­to­ma­tis­mus" würde die Kun­den der Be­klag­ten eben­falls ent­ge­gen den Ge­bo­ten von Treu und Glau­ben un­an­ge­mes­sen be­nach­tei­li­gen.

Im Grund­satz die glei­chen Erwägun­gen führen zur Un­wirk­sam­keit auch der Be­stim­mung über die beim P-Konto feh­lende Möglich­keit der Nut­zung des Kar­ten- und Do­ku­men­ten­ser­vices. Hier soll eben­falls, so­weit der Kunde auf­grund des von ihm bis­lang gewähl­ten "Kon­to­pa­kets" zur In­an­spruch­nahme die­ser Leis­tung be­rech­tigt war, anläss­lich der Um­wand­lung in ein P-Konto der mit dem Kun­den ver­ein­barte Ver­trags­in­halt au­to­ma­ti­sch zum Nach­teil des Kon­to­in­ha­bers verändert wer­den. Die Klau­sel über die dem Ak­tiv­Konto ent­spre­chende ge­son­derte Be­rech­nung von Leis­tun­gen schließlich ist un­wirk­sam, weil sie für In­ha­ber an­de­rer "Kon­to­pa­kete" wie­derum in un­zulässi­ger Weise die Be­rech­nung ei­nes zusätz­li­chen Ent­gelts für die Führung des Gi­ro­kon­tos als P-Konto zur Folge hat

Link­hin­weis:
  • Der Voll­text der Ent­schei­dung wird demnächst auf den Web­sei­ten des BGH veröff­ent­licht.
  • Für die Pres­se­mit­tei­lung des BGH kli­cken Sie bitte hier.
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