Der Beklagte zu 3) ist einer der Geschäftsführer der Beklagten zu 1), die eine Reithalle betreibt. Die Beklagte zu 2) ist dessen Tochter. Die Beklagte zu 2), die ca. 500 km entfernt in Berlin lebt, ist als Eigentümerin des Pferdes "Peppermint" eingetragen, die tatsächliche Gewalt über das Pferd übt jedoch der Beklagte zu 3) aus, der vor Ort lebt.
Die Klägerin begab sich im September 2006 in die Reithalle der Beklagten zu 1) und versuchte, auf das Pferd "Peppermint" zu steigen. Dabei kam sie zu Fall und erlitt eine Oberkieferfraktur sowie eine Schädelplatzwunde. Sie nahm daraufhin die Beklagten auf Schmerzensgeld i.H.v. mind. 20.000 € in Anspruch.
LG und OLG wiesen die Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.
Gründe:
Eine Tierhalterhaftung aus § 833 S. 1 BGB konnte entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht mit der Begründung verneint werden, die Klägerin habe nicht bewiesen, dass ihr das Pferd vom Beklagten zu 3) zum Reiten überlassen worden sei.
Ob die Klägerin das Pferd mit oder ohne Einverständnis desjenigen, der die tatsächliche Sachherrschaft über es ausübte, reiten wollte, war für die Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 833 S. 1 BGB grundsätzlich unerheblich und kann nach BGH-Rechtsprechung regelmäßig nur im Rahmen eines etwaigen - vom Schädiger zu beweisenden - Mitverschuldens i.S.d. § 254 BGB Berücksichtigung finden. Schließlich kann die Tierhalterhaftung auch dann eingreifen, wenn sich jemand einem Tier unbefugt nähert.
Allerdings kann nach BGH-Rechtsprechung eine Haftung des Tierhalters trotz Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 833 S. 1 BGB ausnahmsweise entfallen, etwa wenn der Geschädigte sich mit der Übernahme des Pferdes oder der Annäherung an ein solches bewusst einer besonderen Gefahr aussetzt, die über die normalerweise mit dem Reiten oder der Nähe zu einem Pferd verbundenen Gefahren hinausgeht. Das kann etwa der Fall sein, wenn ein Tier erkennbar böser Natur ist oder erst zugeritten werden muss oder wenn der Ritt als solcher spezifischen Gefahren unterliegt, wie etwa beim Springen oder bei der Fuchsjagd oder der Geschädigte sich dem Halter im vorwiegend eigenen Interesse an seinem reiterlichen Ruf mit der Bitte um Überlassung eines weigerlichen und erregten Pferdes geradezu aufgedrängt hat.
Das Bewusstsein der besonderen Gefährdung ist dabei stets Voraussetzung, um ein Handeln des Geschädigten auf eigene Gefahr annehmen zu können; ob unter diesem Blickpunkt die Haftung des Tierhalters von vornherein entfällt, kann nur nach einer umfassenden Interessenabwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles entschieden werden. Eine solche Fallgestaltung lag nach den Feststellungen des Berufungsgerichts jedoch nicht vor.
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