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BGH: Rechtscheinhaftung greift auch bei unrichtiger Bezeichnung einer Unternehmergesellschaft als GmbH ein

Urteil des BGH vom 12.6.2012 - II ZR 256/11

Eine Rechts­schein­haf­tung ana­log § 179 BGB greift nicht nur in Fällen ein, in de­nen der Rechts­form­zu­satz ei­ner Ka­pi­tal­ge­sell­schaft ganz weg­ge­las­sen wird, son­dern auch dann, wenn für eine Un­ter­neh­mer­ge­sell­schaft (haf­tungs­be­schränkt) mit dem un­rich­ti­gen Zu­satz "GmbH" ge­han­delt wird. Dann haf­tet der Han­delnde al­ler­dings nicht nach den Grundsätzen der Un­ter­bi­lanz­haf­tung, son­dern dem auf den Rechts­schein ver­trau­en­den Ver­trags­part­ner persönlich.

Der Sach­ver­halt:
Die im Be­ru­fungs­ver­fah­ren nicht mehr be­tei­ligte Be­klagte zu 1), die HM-UG (haf­tungs­be­schränkt), wurde im Fe­bruar 2009 vom Be­klag­ten zu 2) gegründet und im März 2009 in das Han­dels­re­gis­ter ein­ge­tra­gen. Als Stamm­ka­pi­tal wa­ren 100 € aus­ge­wie­sen. Der Be­klagte zu 2) war al­lei­ni­ger Ge­schäftsführer.

Un­ter der Be­zeich­nung "H-GmbH.u.G. (i.G.)" wur­den dem Kläger im Mai 2009 Fas­sa­den­ar­bei­ten an­ge­bo­ten, die die­ser auch an­nahm. Mit einem wei­te­ren An­ge­bot un­ter iden­ti­scher Be­zeich­nung wur­den dem Kläger wei­tere Fas­sa­den- so­wie Dach­ar­bei­ten an­ge­bo­ten. Als Kon­to­in­ha­ber für einen er­be­te­nen Vor­schuss war die "HM-GmbH, u.g." ge­nannt. Der Kläger zahlte die Vor­schüsse. Die Ar­bei­ten wur­den be­gon­nen, al­ler­dings nicht zu Ende geführt. Im Sep­tem­ber 2009 erklärte die Be­klagte zu 1) die Kündi­gung des Werk­ver­trags mit so­for­ti­ger Wir­kung.

Der Kläger ver­langte zunächst von bei­den Be­klag­ten Scha­dens­er­satz i.H.v. rund 14.589 €. Das LG ver­ur­teilte die Be­klagte zu 1) zur Zah­lung von 12.444 €. Die Klage ge­gen den Be­klag­ten zu 2) wies es ab. Das OLG erklärte die Klage ge­gen den Be­klag­ten zu 2) dem Grunde nach für ge­recht­fer­tigt. Die hier­ge­gen ge­rich­tete Re­vi­sion des Be­klag­ten zu 2) blieb vor dem BGH er­folg­los.

Die Gründe:
Das Be­ru­fungs­ge­richt hatte zu Recht an­ge­nom­men, dass eine Rechts­schein­haf­tung nicht nur in Fällen ein­greift, in de­nen der Rechts­form­zu­satz ei­ner Ka­pi­tal­ge­sell­schaft ganz weg­ge­las­sen wird, son­dern auch dann, wenn für eine Un­ter­neh­mer­ge­sell­schaft (haf­tungs­be­schränkt) mit dem un­rich­ti­gen Zu­satz "GmbH" ge­han­delt wird.

Wird für eine Un­ter­neh­mer­ge­sell­schaft mit dem Rechts­form­zu­satz GmbH ge­zeich­net, lehnt zwar ein Teil des Schrift­tums eine Rechts­schein­haf­tung ab, da auch bei ei­ner re­gulären GmbH das Stamm­ka­pi­tal le­dig­lich bei der Gründung auf­zu­brin­gen sei, so dass der Gläubi­ger bei Ver­trags­schluss nicht dar­auf ver­trauen könne, einen Haf­tungs­fonds i.H.v. 25.000 € vor­zu­fin­den. Der über­wie­gende Teil des Schrift­tums hält da­ge­gen eine Rechts­schein­haf­tung des Han­deln­den - je­den­falls bis zur Höhe der Dif­fe­renz zwi­schen dem tatsäch­li­chen Stamm­ka­pi­tal der Un­ter­neh­mer­ge­sell­schaft und dem Min­dest­stamm­ka­pi­tal ei­ner GmbH - we­gen un­zu­rei­chen­der In­for­ma­tion der Ge­schäfts­part­ner über die ge­setz­lich an­ge­ord­nete Ka­pi­tal­aus­stat­tung der Ge­sell­schaft für sach­ge­recht.

Der Se­nat stimmt der zu­letzt ge­nann­ten Auf­fas­sung zu, denn sie steht in Übe­rein­stim­mung mit dem Wil­len des Ge­setz­ge­bers so­wie mit dem Sinn und Zweck des in § 5a Abs. 1 GmbHG an­ge­ord­ne­ten Rechts­form­zu­sat­zes. Da­nach muss eine Un­ter­neh­mer­ge­sell­schaft ab­wei­chend von § 4 GmbHG in der Firma die Be­zeich­nung "Un­ter­neh­mer­ge­sell­schaft (haf­tungs­be­schränkt)" oder "UG (haf­tungs­be­schränkt)" führen. Nach der Wer­tung des Ge­setz­ge­bers stellt das von vorn­her­ein (stark) ver­min­derte Stamm­ka­pi­tal der Un­ter­neh­mer­ge­sell­schaft als Va­ri­ante der GmbH eine In­for­ma­tion dar, die dem Rechts­ver­kehr zwin­gend of­fen­zu­le­gen ist. Eine Abkürzung des Zu­sat­zes "(haf­tungs­be­schränkt)" ist nicht zulässig. Erst Recht darf der Zu­satz nicht weg­ge­las­sen wer­den. Die ge­setz­li­che Vor­gabe ist ex­akt und buch­sta­ben­treu ein­zu­hal­ten. Da­her ist ins­be­son­dere die Be­zeich­nung als GmbH nicht zulässig.

Wird ge­genüber dem Ver­trags­part­ner der Rechts­schein er­zeugt, er kon­tra­hiere nicht mit ei­ner Un­ter­neh­mer­ge­sell­schaft, son­dern mit ei­ner GmbH, haf­tet der Han­delnde dem auf den Rechts­schein ver­trau­en­den Ver­trags­part­ner persönlich. Ent­ge­gen ei­ner Auf­fas­sung im Schrift­tum begründet die Täuschung keine - als In­nen­haf­tung aus­ge­stal­tete - Un­ter­bi­lanz­haf­tung, son­dern eine Außenhaf­tung.

Link­hin­weis:
  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BGH veröff­ent­licht.
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