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BGH: Hinweis auf laufende Vergleichsverhandlungen ersetzt keine Einwilligung für eine weitere Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist

Beschluss des BGH vom 26.7.2012 - III ZB 57/11

Es reicht nicht aus, le­dig­lich auf lau­fende Ver­gleichs­ver­hand­lun­gen hin­zu­wei­sen, um die gem. § 520 Abs. 2 S. 2 ZPO not­wen­dige Ein­wil­li­gung des Geg­ners für eine wei­tere (zweite) Verlänge­rung der Be­ru­fungs­begründungs­frist dar­zu­tun. Der Pro­zess­be­vollmäch­tigte darf auch nicht auf ge­gen­tei­lige An­ga­ben ei­ner Ge­schäfts­stel­len­mit­ar­bei­te­rin ver­trauen.

Der Sach­ver­halt:
Die Be­klagte war in ers­ter In­stanz ver­ur­teilt wor­den, an die Kläge­rin 208.250 € zu zah­len, ihre Wi­der­klage war ab­ge­wie­sen wor­den. Ge­gen die­ses ihr am 1.3.2011 zu­ge­stellte Ur­teil legte die Be­klagte am 31.3.2011 Be­ru­fung ein. Die Frist zur Begründung der Be­ru­fung wurde an­trags­gemäß bis zum 1.6.2011 verlängert, mit dem ausdrück­li­chen Hin­weis, dass eine wei­tere Verlänge­rung nur mit Ein­wil­li­gung des Geg­ners be­wil­ligt werde. Am 31.5.2011 stellte der Pro­zess­be­vollmäch­tigte der Be­klag­ten den An­trag, die Frist noch­mals bis zum 1.7.2011 zu verlängern. Zur Begründung wies er dar­auf hin, die Par­teien befänden sich der­zeit noch in Ver­gleichs­ver­hand­lun­gen.

Der Vor­sit­zende des Be­ru­fungs­ge­richts wies den An­trag zurück, da die zwin­gend not­wen­dige Ein­wil­li­gung des Geg­ners nicht vor­liege. Der Pro­zess­be­vollmäch­tigte der Be­klag­ten be­an­tragte hilfs­weise zu sei­nem Frist­verlänge­rungs­an­trag Wie­der­ein­set­zung in den vo­ri­gen Stand. Er wies noch ein­mal auf den Ver­gleichs­vor­schlag hin und be­haup­tete, eine Mit­ar­bei­te­rin der Ge­schäfts­stelle des Be­ru­fungs­ge­richts habe ihm mit­ge­teilt, eine Frist­verlänge­rung werde bei Ver­gleichs­ge­sprächen gewährt; dies gelte auch für den zwei­ten Verlänge­rungs­an­trag, es solle je­doch ein schrift­li­cher An­trag ge­stellt wer­den. Im Ver­trauen hier­auf sei dann die wei­tere Frist­verlänge­rung be­an­tragt und keine Rück­spra­che mehr mit dem Ge­richt und dem Kläger­ver­tre­ter ge­hal­ten wor­den.

Das OLG hat den Wie­der­ein­set­zungs­an­trag der Be­klag­ten zurück­ge­wie­sen und ihre Be­ru­fung als un­zulässig ver­wor­fen. Die hier­ge­gen ge­rich­tete Rechts­be­schwerde der Be­klag­ten blieb vor dem BGH er­folg­los.

Die Gründe:
Die Versäum­ung der Be­ru­fungs­begründungs­frist be­ruhte auf einem der Be­klag­ten zu­zu­rech­nen­den Ver­schul­den ih­res Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten.

Nach § 520 Abs. 2 S. 3 ZPO kommt eine Verlänge­rung der Be­ru­fungs­begründungs­frist über einen Mo­nat hin­aus ohne Ein­wil­li­gung des Geg­ners schon von Ge­set­zes we­gen nicht in Be­tracht. Hin­zu­kommt, dass im Fall des § 520 Abs. 2 S. 2 ZPO be­rech­tig­tes Ver­trauen auf die Gewährung ei­ner be­an­trag­ten Frist­verlänge­rung die Vollständig­keit des An­trags vor­aus­setzt. Dazu gehört die Dar­le­gung der Ein­wil­li­gung des Geg­ners, wenn die­ser sie nicht un­mit­tel­bar ge­genüber dem Ge­richt erklärt hat. Nach BGH-Recht­spre­chung muss dies im Re­gel­fall ausdrück­lich ge­sche­hen. Aus­nahms­weise kann zwar auch eine kon­klu­dente Dar­le­gung aus­rei­chen. Der bloße Hin­weis auf lau­fende Ver­gleichs­ver­hand­lun­gen reicht hierzu al­ler­dings nicht aus.

Auch so­weit die Be­klagte gel­tend machte, aus den An­ga­ben der Ge­schäfts­stel­len­mit­ar­bei­te­rin habe sich ein be­rech­tig­tes Ver­trauen auf eine wei­tere Frist­verlänge­rung ab­lei­ten las­sen, konnte dem nicht ge­folgt wer­den. Der Pro­zess­be­vollmäch­tigte der Be­klag­ten durfte nicht schluss­fol­gern, dass - ent­ge­gen der ein­deu­ti­gen Ge­set­zes­lage - bei Ver­gleichs­ge­sprächen in je­dem Fall eine zweite Frist­verlänge­rung gewährt werde, und zwar auch dann, wenn der Geg­ner hierzu seine Ein­wil­li­gung nicht er­teilt hat. Viel­mehr hätte sich in die­ser Si­tua­tion (zu­min­dest) der Pro­zess­be­vollmäch­tigte der Be­klag­ten bei Ab­we­sen­heit des Se­nats­vor­sit­zen­den selbst an des­sen Stell­ver­tre­ter oder den Be­richt­er­stat­ter wen­den und wei­ter kun­dig ma­chen müssen. Das war al­ler­dings nicht ge­sche­hen.

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