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BFH zur mittelbaren Schenkung des Erlöses aus dem Verkauf übertragener Gesellschaftsanteile

Urteil des BFH vom 28.3.2012 - II R 39/10

In der Über­tra­gung von Ge­sell­schafts­an­tei­len kann die mit­tel­bare Schen­kung des Erlöses aus einem be­reits ge­plan­ten Ver­kauf der An­teile lie­gen, wenn der Er­wer­ber nur über den Ver­kaufs­erlös, nicht aber über die An­teile frei verfügen durfte und sich in­so­weit den Verfügun­gen des Schen­kers un­ter­zu­ord­nen hatte. Liegt eine mit­tel­bare Schen­kung vor, ist sie erst dann i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG aus­geführt, wenn die Vermögens­ver­schie­bung endgültig ist.

Der Sach­ver­halt:
Der Ehe­mann (E.) der Kläge­rin war zu 75 % an der A-GmbH be­tei­ligt. Er war außer­dem Ei­gentümer des von der A-GmbH lang­fris­tig ge­pach­te­ten Be­triebs­grundstücks. Im Jahr 1988 kam es zu um­fang­rei­chen Ver­hand­lun­gen zwi­schen Ver­tre­tern der GmbH und der Firma V. über einen Ver­kauf von An­tei­len an der A-GmbH. Die Ver­hand­lungs­er­geb­nisse wur­den in ei­ner schrift­li­chen Ab­sichts­erklärung ("LET­TER OF IN­TENT") be­stimmt. Darin wa­ren ins­be­son­dere ein Zeit­plan für den Ver­kauf ei­ner Mehr­heits­be­tei­li­gung so­wie zwei Ka­pi­tal­erhöhun­gen vor­ge­se­hen.

Im Hin­blick auf die ab 1.1.1990 vor­ge­se­hene Ände­rung des § 34 EStG be­ab­sich­tigte E., die zwi­schen sei­nem Ver­pach­tungs­un­ter­neh­men und der GmbH be­ste­hende Be­triebs­auf­spal­tung zu be­en­den. Er ver­kaufte des­halb Ende De­zem­ber 1989 An­teile von 24 % für einen Kauf­preis von 11,1 Mio. DM an die Kläge­rin, die bis da­hin Haus­frau war. Die Kläge­rin fi­nan­zierte den Kauf­preis zunächst durch ein Dar­le­hen ei­ner wei­te­ren GmbH, an der E. mit 75 % be­tei­ligt war. Die­ses Dar­le­hen löste sie im Fe­bruar 1990 durch ein Bank­dar­le­hen ab, für das E. eine Bürg­schaft über­nahm. Die Kläge­rin war ge­genüber E. nicht be­rech­tigt, über die auf sie über­tra­ge­nen An­teile an der GmbH frei zu verfügen, sie etwa ge­gen den Wil­len des E. lang­fris­tig zu be­hal­ten oder an einen Drit­ten zu ver­kau­fen, son­dern mus­ste sich hin­sicht­lich der An­teile den Verfügun­gen des E. un­ter­ord­nen. Der Ver­trag zwi­schen der A-GmbH und der Firma V. wurde im April 1990 - wie in der Ab­sichts­erklärung vor­ge­se­hen - no­ta­ri­ell be­ur­kun­det. Auch hier war der E. um­fas­send zu Verfügun­gen über die auf die Kläge­rin über­tra­ge­nen An­teile an der GmbH ermäch­tigt und während der Ver­hand­lun­gen fe­derführend.

Der Steu­er­be­ra­ter der Kläge­rin gab an, bei der Über­tra­gung der An­teile an der GmbH auf die Kläge­rin handle es sich um eine An­teilsüber­tra­gung mit an­ge­mes­se­ner Ge­gen­leis­tung. Eine Schen­kung könne so­mit nicht vor­lie­gen. Das Fi­nanz­amt setzte dem­gemäß zunächst keine Schen­kung­steuer fest. Auf­grund von Er­mitt­lun­gen setzte es je­doch später u.a. für die An­teilsüber­tra­gung Schen­kung­steuer i.H.v. 5.1 Mio. DM fest. Nach­dem das LG das ge­gen die Kläge­rin ein­ge­lei­tete Straf­ver­fah­ren we­gen des Ver­dachts der vorsätz­li­chen Verkürzung von Schen­kung­steuer ge­gen eine Zah­lungs­auf­lage ein­ge­stellt hatte, setzte die Behörde ge­gen die Kläge­rin Hin­ter­zie­hungs­zin­sen i.H.v. rund ei­ner Mio. € fest.

Das FG gab der Klage teil­weise statt und setzte den steu­er­pflich­ti­gen Er­werb, der der Be­rech­nung der Schen­kung­steuer zum Zweck der Fest­set­zung von Hin­ter­zie­hungs­zin­sen zu­grunde zu le­gen ist, herab. Auf die Re­vi­sion des Fi­nanz­am­tes hob der BFH das Ur­teil auf und wies die Sa­che zur er­neu­ten Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das FG zurück.

Die Gründe:
Zwar war das FG zu Recht da­von aus­ge­gan­gen, dass es über die Rechtmäßig­keit des an­ge­foch­te­nen Zins­be­scheids zu ent­schei­den habe, ohne an die Fest­set­zung von Schen­kung­steuer ge­bun­den zu sein. Denn bei der Fest­set­zung von Hin­ter­zie­hungs­zin­sen sind die Vor­aus­set­zun­gen der Steu­er­hin­ter­zie­hung und die Höhe der hin­ter­zo­ge­nen Steuer un­abhängig von einem er­gan­ge­nen Steu­er­be­scheid zu prüfen.

Das FG hatte aber zu Un­recht die An­sicht ver­tre­ten, die auf­grund des Kauf­ver­trags aus De­zem­ber 1989 auf die Kläge­rin über­tra­ge­nen An­teile an der GmbH seien Ge­gen­stand ei­ner ge­mischt-frei­ge­bi­gen Zu­wen­dung des E. an die Kläge­rin ge­we­sen. In der Hin­gabe von Ge­sell­schafts­an­tei­len kann die mit­tel­bare Schen­kung des Erlöses aus einem späte­ren Wei­ter­ver­kauf der Ge­sell­schafts­an­teile lie­gen. Dies ist dann der Fall, wenn der Er­wer­ber der An­teile im Verhält­nis zum Schen­ker nur über den Ver­kaufs­erlös, nicht aber über die An­teile frei verfügen durfte, son­dern sich in­so­weit den Verfügun­gen des Schen­kers un­ter­zu­ord­nen hatte.

Liegt eine mit­tel­bare Schen­kung vor, ist sie erst dann i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG aus­geführt, wenn die Vermögens­ver­schie­bung endgültig ist, also der Be­schenkte ge­genüber dem Schen­ker die freie Verfügung über den Ge­gen­stand der frei­ge­bi­gen Zu­wen­dung erhält und in­so­weit die endgültige Vermögens­meh­rung des Be­schenk­ten auf Kos­ten des Schen­kers ein­tritt. Erst im Zeit­punkt der Ausführung der Zu­wen­dung ent­steht nach die­ser Vor­schrift die Schen­kung­steuer.

Die Kläge­rin war ge­schäfts­un­er­fah­ren und in die Trans­ak­tion mit V. kaum ein­ge­bun­den. Sie war  je­weils von E. ver­tre­ten wor­den. E. war zu­dem um­fas­send zu Verfügun­gen über die auf die Kläge­rin über­tra­ge­nen An­teile an der GmbH ermäch­tigt wor­den. Die Kläge­rin konnte darüber hin­aus den ver­ein­bar­ten Kauf­preis für die An­teile nicht aus ei­ge­nem Vermögen auf­brin­gen. Sie nahm viel­mehr zunächst ein Dar­le­hen bei ei­ner GmbH auf, an der E. zu 75 % be­tei­ligt war und löste die­ses Dar­le­hen durch ein Bank­dar­le­hen ab, für das E. eine Bürg­schaft leis­tete. Diese Umstände ermöglich­ten es dem E., das Ge­sche­hen bezüglich der auf die Kläge­rin über­tra­ge­nen An­teile an der GmbH zu be­herr­schen. Die Kläge­rin mus­ste sich den Verfügun­gen des E. über die An­teile un­ter­ord­nen und hat dies auch ge­tan. Da das FG von ei­ner an­de­ren An­sicht aus­ge­gan­gen ist, war die Vor­ent­schei­dung auf­zu­he­ben.

Link­hin­weis:
  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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