Der Ehemann (E.) der Klägerin war zu 75 % an der A-GmbH beteiligt. Er war außerdem Eigentümer des von der A-GmbH langfristig gepachteten Betriebsgrundstücks. Im Jahr 1988 kam es zu umfangreichen Verhandlungen zwischen Vertretern der GmbH und der Firma V. über einen Verkauf von Anteilen an der A-GmbH. Die Verhandlungsergebnisse wurden in einer schriftlichen Absichtserklärung ("LETTER OF INTENT") bestimmt. Darin waren insbesondere ein Zeitplan für den Verkauf einer Mehrheitsbeteiligung sowie zwei Kapitalerhöhungen vorgesehen.
Im Hinblick auf die ab 1.1.1990 vorgesehene Änderung des § 34 EStG beabsichtigte E., die zwischen seinem Verpachtungsunternehmen und der GmbH bestehende Betriebsaufspaltung zu beenden. Er verkaufte deshalb Ende Dezember 1989 Anteile von 24 % für einen Kaufpreis von 11,1 Mio. DM an die Klägerin, die bis dahin Hausfrau war. Die Klägerin finanzierte den Kaufpreis zunächst durch ein Darlehen einer weiteren GmbH, an der E. mit 75 % beteiligt war. Dieses Darlehen löste sie im Februar 1990 durch ein Bankdarlehen ab, für das E. eine Bürgschaft übernahm. Die Klägerin war gegenüber E. nicht berechtigt, über die auf sie übertragenen Anteile an der GmbH frei zu verfügen, sie etwa gegen den Willen des E. langfristig zu behalten oder an einen Dritten zu verkaufen, sondern musste sich hinsichtlich der Anteile den Verfügungen des E. unterordnen. Der Vertrag zwischen der A-GmbH und der Firma V. wurde im April 1990 - wie in der Absichtserklärung vorgesehen - notariell beurkundet. Auch hier war der E. umfassend zu Verfügungen über die auf die Klägerin übertragenen Anteile an der GmbH ermächtigt und während der Verhandlungen federführend.
Der Steuerberater der Klägerin gab an, bei der Übertragung der Anteile an der GmbH auf die Klägerin handle es sich um eine Anteilsübertragung mit angemessener Gegenleistung. Eine Schenkung könne somit nicht vorliegen. Das Finanzamt setzte demgemäß zunächst keine Schenkungsteuer fest. Aufgrund von Ermittlungen setzte es jedoch später u.a. für die Anteilsübertragung Schenkungsteuer i.H.v. 5.1 Mio. DM fest. Nachdem das LG das gegen die Klägerin eingeleitete Strafverfahren wegen des Verdachts der vorsätzlichen Verkürzung von Schenkungsteuer gegen eine Zahlungsauflage eingestellt hatte, setzte die Behörde gegen die Klägerin Hinterziehungszinsen i.H.v. rund einer Mio. € fest.
Das FG gab der Klage teilweise statt und setzte den steuerpflichtigen Erwerb, der der Berechnung der Schenkungsteuer zum Zweck der Festsetzung von Hinterziehungszinsen zugrunde zu legen ist, herab. Auf die Revision des Finanzamtes hob der BFH das Urteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.
Die Gründe:
Zwar war das FG zu Recht davon ausgegangen, dass es über die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Zinsbescheids zu entscheiden habe, ohne an die Festsetzung von Schenkungsteuer gebunden zu sein. Denn bei der Festsetzung von Hinterziehungszinsen sind die Voraussetzungen der Steuerhinterziehung und die Höhe der hinterzogenen Steuer unabhängig von einem ergangenen Steuerbescheid zu prüfen.
Das FG hatte aber zu Unrecht die Ansicht vertreten, die aufgrund des Kaufvertrags aus Dezember 1989 auf die Klägerin übertragenen Anteile an der GmbH seien Gegenstand einer gemischt-freigebigen Zuwendung des E. an die Klägerin gewesen. In der Hingabe von Gesellschaftsanteilen kann die mittelbare Schenkung des Erlöses aus einem späteren Weiterverkauf der Gesellschaftsanteile liegen. Dies ist dann der Fall, wenn der Erwerber der Anteile im Verhältnis zum Schenker nur über den Verkaufserlös, nicht aber über die Anteile frei verfügen durfte, sondern sich insoweit den Verfügungen des Schenkers unterzuordnen hatte.
Liegt eine mittelbare Schenkung vor, ist sie erst dann i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG ausgeführt, wenn die Vermögensverschiebung endgültig ist, also der Beschenkte gegenüber dem Schenker die freie Verfügung über den Gegenstand der freigebigen Zuwendung erhält und insoweit die endgültige Vermögensmehrung des Beschenkten auf Kosten des Schenkers eintritt. Erst im Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung entsteht nach dieser Vorschrift die Schenkungsteuer.
Die Klägerin war geschäftsunerfahren und in die Transaktion mit V. kaum eingebunden. Sie war jeweils von E. vertreten worden. E. war zudem umfassend zu Verfügungen über die auf die Klägerin übertragenen Anteile an der GmbH ermächtigt worden. Die Klägerin konnte darüber hinaus den vereinbarten Kaufpreis für die Anteile nicht aus eigenem Vermögen aufbringen. Sie nahm vielmehr zunächst ein Darlehen bei einer GmbH auf, an der E. zu 75 % beteiligt war und löste dieses Darlehen durch ein Bankdarlehen ab, für das E. eine Bürgschaft leistete. Diese Umstände ermöglichten es dem E., das Geschehen bezüglich der auf die Klägerin übertragenen Anteile an der GmbH zu beherrschen. Die Klägerin musste sich den Verfügungen des E. über die Anteile unterordnen und hat dies auch getan. Da das FG von einer anderen Ansicht ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben.
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