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BFH zur Korrektur nach dem Grundsatz des formellen Bilanzenzusammenhangs bei fehlerhafter Aktivierung eines abnutzbaren Wirtschaftsguts des Anlagevermögens

Urteil des BFH vom 9.5.2012 - X R 38/10

Wur­den die An­schaf­fungs- oder Her­stel­lungs­kos­ten ei­nes ab­nutz­ba­ren Wirt­schafts­guts des An­la­ge­vermögens in einem be­standskräftig ver­an­lag­ten Jahr nur un­vollständig ak­ti­viert, führt der Grund­satz des for­mel­len Bi­lan­zen­zu­sam­men­hangs zu ei­ner er­folgs­wirk­sa­men Nach­ak­ti­vie­rung im ers­ten ver­fah­rens­recht­lich noch of­fe­nen Jahr. Die BFH-Recht­spre­chung zur Kor­rek­tur überhöhter AfA-Sätze ist in sol­chen Fällen nicht ein­schlägig.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger be­trieb bis Fe­bruar 2000 einen Ein­zel­han­del mit Spiel­wa­ren, be­ste­hend aus zwei Teil­be­trie­ben. Seine Einkünfte er­mit­telte er durch Be­stands­ver­gleich nach § 5 Abs. 1 i.V.m. § 4 EStG. Die Fi­liale in A. be­trieb der Kläger in an­ge­mie­te­ten Räumen, die er im Jahr 1998 um­baute. Zu­vor hatte er sich ge­genüber der Stadt zur Ablösung von Kfz-Stellplätzen ver­pflich­tet. Der Kläger zahlte einen Ablösungs­be­trag von 49.950 DM. Bei der Schluss­ab­nahme wurde fest­ge­stellt, dass er die Räum­lich­kei­ten be­reits nutzte.

Den Ablösungs­be­trag pas­si­vierte der Kläger im Jah­res­ab­schluss zum 31.12.1998 als kurz­fris­tige sons­tige Ver­bind­lich­keit, wo­bei er als Ge­gen­konto "sons­tige Auf­wen­dun­gen" buchte. Im März 2000 veräußerte er den Teil­be­trieb an sei­nen Sohn. In der Ein­kom­men­steu­er­erklärung 2000 gab der Kläger in der An­lage GSE Ver­luste aus Ge­wer­be­be­trieb und einen Veräußerungs­ge­winn an. Den Veräußerungs­ge­winn er­mit­telte er durch Ge­genüber­stel­lung des Kauf­prei­ses mit den Buch­wer­ten der über­tra­ge­nen Wirt­schaftsgüter, ein­schließlich der Mie­ter­ein­bau­ten aus dem Bau­vor­ha­ben 1998. Er be­an­tragte die Berück­sich­ti­gung ei­nes Frei­be­trags nach § 16 Abs. 4 EStG und im Übri­gen für den Veräußerungs­ge­winn die Gewährung des ermäßig­ten Steu­er­sat­zes nach § 34 EStG.

Nach ei­ner Außenprüfung ver­trat das Fi­nanz­amt un­ter Be­zug­nahme auf das BFH-Ur­teil vom 6.5.2003 (IX R 51/00) die Auf­fas­sung, dass der Ablösungs­be­trag zu den Her­stel­lungs­kos­ten der Mie­ter­ein­bau­ten gehöre und des­halb kein "so­fort ab­zieh­ba­rer Auf­wand" sei. Die Behörde ge­langte zu einem ge­min­der­ten Veräußerungs­ge­winn und zu ei­ner ent­spre­chen­den Erhöhung des lau­fen­den Er­geb­nis­ses des Jah­res 2000.

Die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage blieb in al­len In­stan­zen er­folg­los.

Die Gründe:
Der Ablösungs­be­trag war als Her­stel­lungs­kos­ten der Mie­ter­ein­bau­ten zu berück­sich­ti­gen, wes­we­gen der lau­fende Ge­winn aus Ge­wer­be­be­trieb von Ja­nuar bis Ende Fe­bruar 2000 zu erhöhen und der Veräußerungs­ge­winn ent­spre­chend zu min­dern war.

Der begüns­tigte Veräußerungs­ge­winn ist vom lau­fen­den Ge­winn des Ge­samt­be­triebs ab­zu­gren­zen, ohne dass bei ei­ner Teil­be­triebs­veräußerung eine Schluss­bi­lanz auf­zu­stel­len ist. Der Veräußerungs­ge­winn ist - ggf. im Rah­men ei­ner Schätzung - un­ter Berück­sich­ti­gung der Grundsätze der §§ 4 und 5 EStG zu er­mit­teln. Un­ter Berück­sich­ti­gung die­ser Grundsätze war im vor­lie­gen­den Fall der Ablösungs­be­trag im Jahr 1998 als Teil der Her­stel­lungs­kos­ten der Mie­ter­ein­bau­ten zu ak­ti­vie­ren, da der Ablösungs­be­trag für die Kfz-Stellplätze im en­gen zeit­li­chen und sach­li­chen Zu­sam­men­hang mit den Baumaßnah­men am Miet­grundstück stand.

Zwar war eine Ak­ti­vie­rung des Ablösungs­be­trags we­der zum 31.12.1998 noch zum 31.12.1999 möglich, da für beide Jahre be­reits Fest­set­zungs­verjährung ein­ge­tre­ten war. Wur­den die An­schaf­fungs- oder Her­stel­lungs­kos­ten ei­nes ab­nutz­ba­ren Wirt­schafts­guts des An­la­ge­vermögens in einem be­standskräftig ver­an­lag­ten Jahr nur un­vollständig ak­ti­viert, führt der Grund­satz des for­mel­len Bi­lan­zen­zu­sam­men­hangs al­ler­dings zu ei­ner er­folgs­wirk­sa­men Nach­ak­ti­vie­rung im ers­ten ver­fah­rens­recht­lich noch of­fe­nen Jahr. Für den Streit­fall, in dem der Ablösungs­be­trag im Jahr 1998 feh­ler­haft als Be­triebs­aus­gabe ab­ge­zo­gen wor­den war, be­deu­tete dies, dass der fik­tive Rest­buch­wert des Wirt­schafts­guts (hier: Mie­ter­ein­bau­ten ein­schließlich des Ablösungs­be­trags un­ter Berück­sich­ti­gung der zwi­schen­zeit­lich ab­zieh­ba­ren AfA) bei der Er­mitt­lung des Veräußerungs­ge­winns an­zu­set­zen war, so wie er im Rah­men ei­ner Schluss­bi­lanz an­zu­set­zen wäre.

Da es sich um eine feh­ler­hafte Ak­ti­vie­rung ei­nes Wirt­schafts­guts han­delte, war die BFH-Recht­spre­chung zur Kor­rek­tur überhöhter AfA-Sätze nicht ein­schlägig, nach der bei ab­nutz­ba­ren Wirt­schaftsgütern des An­la­ge­vermögens die Be­rich­ti­gung ei­nes Bi­lanz­wer­tes dann nicht ge­bo­ten ist, wenn sich der Feh­ler in den fol­gen­den Jah­ren durch An­satz des zu­tref­fen­den AfA-Sat­zes von selbst auf­hebt und der rich­tige To­tal­ge­winn gewähr­leis­tet ist. Der er­ken­nende Se­nat sah keine Not­wen­dig­keit, über diese - eng be­grenzte - Recht­spre­chung hin­aus wei­tere Aus­nah­men vom Grund­satz des for­mel­len Bi­lan­zen­zu­sam­men­hangs zu­zu­las­sen.

Link­hin­weis:
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