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BFH: Au-pair-Aufenthalte im Ausland ohne gründliche Sprachausbildung gelten in der Regel nicht als Ausbildung

Urteil des BFH vom 15.3.2012 - III R 82/10

Ein Aus­lands­auf­ent­halt ohne gründ­li­che Sprach­aus­bil­dung gehört nicht be­reits des­halb zur Be­rufs­aus­bil­dung, weil er Er­fah­run­gen und Fähig­kei­ten ver­mit­telt, die sich all­ge­mein förder­lich auf die Aus­sich­ten aus­wir­ken, für einen Aus­bil­dungs­platz oder eine Be­schäfti­gung aus­gewählt zu wer­den, ohne dafür er­for­der­lich zu sein. Die Förder­lich­keit von Fremd­spra­chen­kennt­nis­sen bei der Teil­nahme an der Einführungs­ver­an­stal­tung in Anglo-Ame­ri­ka­ni­sches Recht genügt nicht, um die Au-pair-Zeit in den USA als Be­rufs­aus­bil­dung an­zu­se­hen.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin be­zog für ihre heute 25-jährige Toch­ter bis ein­schließlich No­vem­ber 2007 lau­fend Kin­der­geld. Die Toch­ter hatte bis zum Ab­itur im sel­ben Jahr das Fach Eng­li­sch be­legt. Vom 30.7.2007 an nahm sie für die Dauer ei­nes Jah­res an einem Cul­tu­ral Care Au-pair-Pro­gramm in den USA teil. Sie be­suchte an einem Col­lege einen "Au Pair Course". Darin wur­den u.a. die Un­ter­schiede in der Kin­der­er­zie­hung zwi­schen Eu­ropa und den USA ver­mit­telt so­wie Kin­der­spiele und Kin­der­mu­sik in eng­li­scher Sprache er­lernt. Darüber hin­aus be­schei­nigte der Ver­an­stal­ter des Au-pair-Pro­gramms die Teil­nahme an einem 32-stündi­gen bzw. 5-tägi­gen Au-pair-Trai­ning. Schließlich be­schei­nigte eine In­sti­tu­tion der Er­wach­se­nen­bil­dung, dass die Toch­ter im Sep­tem­ber 2007 zwei­mal die Wo­che an einem Eng­li­sch-Kurs für Nicht-Mut­ter­sprach­ler teil­ge­nom­men habe.

Zum Win­ter­se­mes­ter 2008/2009 be­gann die Toch­ter ein Jura-Stu­dium an ei­ner deut­schen Uni­ver­sität und nahm im Rah­men des dort an­ge­bo­te­nen Pro­gramms Law & Lan­guage an der Einführungs­lehr­ver­an­stal­tung "In­tro­duc­tion to Anglo-Ame­ri­can Law I" teil. Die Fa­mi­li­en­kasse hob die Kin­der­geld­fest­set­zung gem. § 70 Abs. 2 EStG rück­wir­kend ab Au­gust 2007 auf und for­derte das für Au­gust bis No­vem­ber 2007 über­zahlte Kin­der­geld zurück.

Die Kläge­rin wandte sich hier­ge­gen und war der An­sicht, dass der Au-pair-Auf­ent­halt nicht eine be­rufs­vor­be­rei­tende Maßnahme zum Stu­dium ih­rer Toch­ter, son­dern eine sich an das Stu­dium an­schließende Tätig­keit ge­we­sen sei. Eng­li­sche Sprach­kennt­nisse ver­bes­ser­ten ihre Aus­sich­ten auf den Ein­stieg in ein in­ter­na­tio­na­les Betäti­gungs­feld für Ju­ris­ten. Ihre Toch­ter hätte fi­nan­zi­ell bes­ser ge­stan­den, wenn sie sich ar­beits­los ge­mel­det hätte, als für den Au-pair-Auf­ent­halt im­mense Kos­ten zu über­neh­men. In­so­fern liege eine un­bil­lige Härte vor.

Die Klage blieb al­ler­dings in al­len In­stan­zen er­folg­los.

Die Gründe:
Die Toch­ter der Kläge­rin war während ih­res Au-pair-Auf­ent­hal­tes nicht i.S.v. § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2a EStG für einen Be­ruf aus­ge­bil­det wor­den.

Für ein volljähri­ges Kind be­steht nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2a EStG An­spruch auf Kin­der­geld, wenn es für einen Be­ruf aus­ge­bil­det wird. Da­bei kann eine Be­rufs­aus­bil­dung auch im Aus­land ab­sol­viert wer­den, so­fern das Kind dort z.B. eine Uni­ver­sität oder Fach­schule be­sucht oder ein Prak­ti­kum zur Er­lan­gung be­ruf­li­cher Qua­li­fi­ka­tio­nen ab­leis­tet. Al­ler­dings erfüllt nicht je­der Aus­lands­auf­ent­halt, der zu ei­ner Ver­bes­se­rung der Kennt­nisse in der je­wei­li­gen Lan­des­spra­che führt, das Tat­be­stands­merk­mal der Aus­bil­dung für einen Be­ruf.

Ein Aus­lands­auf­ent­halt ohne gründ­li­che Sprach­aus­bil­dung - wie hier - gehört je­den­falls nicht be­reits des­halb zur Be­rufs­aus­bil­dung, weil er Er­fah­run­gen und Fähig­kei­ten ver­mit­telt, die sich all­ge­mein förder­lich auf die Aus­sich­ten aus­wir­ken, für einen Aus­bil­dungs­platz oder eine Be­schäfti­gung aus­gewählt zu wer­den, ohne dafür in­des­sen er­for­der­lich zu sein. Denn der­ar­tige Vor­teile können auch durch eine vorüber­ge­hende Be­rufstätig­keit im Aus­land oder längere Be­su­che bei im Aus­land le­ben­den Ver­wand­ten er­reicht wer­den, die eben­falls nicht als Be­rufs­aus­bil­dung ein­zu­stu­fen sind.

Die Au-pair-Kurse wa­ren auch nicht für sich als Be­rufs­aus­bil­dung ein­zu­ord­nen. Sie wur­den nicht im Rah­men ei­ner an­er­kann­ten Form der Be­rufs­aus­bil­dung be­legt, soll­ten nicht zu einem fach­lich an­er­kann­ten Ab­schluss führen und wa­ren für das an­schließend im In­land be­trie­bene Stu­dium ohne Be­deu­tung. Der USA-Auf­ent­halt wurde auch nicht von der Uni­ver­sität, an der die Toch­ter vom Win­ter­se­mes­ter 2008/2009 an stu­dierte, vor­aus­ge­setzt. Die Förder­lich­keit von Fremd­spra­chen­kennt­nis­sen bei der Teil­nahme an der Einführungs­ver­an­stal­tung in Anglo-Ame­ri­ka­ni­sches Recht genügt nicht, um die Au-pair-Zeit als Be­rufs­aus­bil­dung an­zu­se­hen. Schließlich war es auch un­er­heb­lich, ob es für die Toch­ter fi­nan­zi­ell güns­ti­ger ge­we­sen wäre, sich bis zum Be­ginn ih­res Stu­di­ums als ar­beit­su­chend zu mel­den.

Link­hin­weis:
  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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