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Abzug der Verluste einer Gesellschaft vom steuerpflichtigen Gewinn einer anderen Konzerngesellschaft

EuGH 1.4.2014, C-80/12

Die Steu­er­re­ge­lung des Ver­ei­nig­ten König­reichs verstößt in­so­weit ge­gen die Nie­der­las­sungs­frei­heit, als Ge­sell­schaf­ten im Kon­text ei­nes Kon­sor­ti­ums einen Kon­zern­ab­zug nur gel­tend ma­chen können, wenn die Bin­de­gliedge­sell­schaft ih­ren Sitz im Ver­ei­nig­ten König­reich hat. Der Um­stand, dass die Mut­ter­ge­sell­schaft des Kon­zerns und des Kon­sor­ti­ums so­wie meh­rere zwi­schen­ge­schal­tete Ge­sell­schaf­ten ih­ren Sitz in Dritt­staa­ten ha­ben, wirkt sich nicht auf die Berück­sich­ti­gung der Nie­der­las­sungs­frei­heit in einem sol­chen Zu­sam­men­hang aus.

Hin­ter­grund:
Im Ver­ei­nig­ten König­reich können die Ver­luste ei­ner Ge­sell­schaft vom steu­er­pflich­ti­gen Ge­winn ei­ner an­de­ren Ge­sell­schaft ab­ge­zo­gen wer­den, wenn beide Ge­sell­schaf­ten zum sel­ben Kon­zern gehören. In be­stimm­ten Fällen kann die Ver­lustüber­tra­gung auch zwi­schen ei­ner Ge­sell­schaft, die zu einem Kon­sor­tium gehört, und ei­ner an­de­ren Ge­sell­schaft er­fol­gen, de­ren An­teile un­mit­tel­bar oder mit­tel­bar von dem Kon­sor­tium ge­hal­ten wer­den.

Ebenso können Ver­luste zwi­schen ei­ner Ge­sell­schaft, die zu einem Kon­zern gehört, und ei­ner an­de­ren Ge­sell­schaft, de­ren An­teile von einem Kon­sor­tium ge­hal­ten wer­den, über­tra­gen wer­den, wenn diese Ge­sell­schaf­ten durch eine dritte Ge­sell­schaft (Bin­de­gliedge­sell­schaft) ver­bun­den sind, die so­wohl zu dem Kon­zern als auch zu dem Kon­sor­tium gehört. Die Über­tra­gung der Ver­luste ist nur möglich, wenn die Ge­sell­schaft, die sie überträgt, und die Ge­sell­schaft, die sie auf ihre Ge­winne an­rech­net, ih­ren Sitz oder eine Be­triebsstätte im Ver­ei­nig­ten König­reich ha­ben.

Der Sach­ver­halt:
Die Hut­chin­son Wham­poa Ltd, eine Ge­sell­schaft mit Sitz in Hong Kong, ist die Mut­ter­ge­sell­schaft ei­nes in­ter­na­tio­na­len Kon­zerns. Die An­teile der Hut­chin­son 3G UK Ltd, ei­ner im Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­ons­sek­tor täti­gen Ge­sell­schaft mit Sitz im Ver­ei­nig­ten König­reich, wer­den von einem Kon­sor­tium ge­hal­ten. Zu die­sem Kon­sor­tium gehört u.a. die Hut­chin­son 3G UK In­vest­ment Sàrl mit Sitz in Lu­xem­burg, die auch zu dem ge­nann­ten Kon­zern gehört. Die Hut­chin­son 3G UK In­vest­ment Sàrl ist so­mit eine Bin­de­gliedge­sell­schaft im Sinne des Rechts des Ver­ei­nig­ten König­reichs. Ihre An­teile wer­den über ver­schie­dene Ge­sell­schaf­ten, von de­nen ei­nige ih­ren Sitz außer­halb der Union ha­ben, mit­tel­bar von der Hut­chin­son Wham­poa Ltd ge­hal­ten.

Die Hut­chin­son 3G UK Ltd hat auf­grund er­heb­li­cher In­ves­ti­tio­nen in die Er­rich­tung und den Be­trieb ei­nes Mo­bil­funk­net­zes Ver­luste er­lit­ten. Ge­sell­schaf­ten mit Sitz im Ver­ei­nig­ten König­reich, die zum Hut­chin­son-Kon­zern gehören, woll­ten diese Ver­luste mit ih­ren Ge­win­nen ver­rech­nen. Ihr An­trag wurde von den bri­ti­schen Fi­nanz­behörden mit der Begründung ab­ge­lehnt, dass die an der Ver­lustüber­tra­gung be­tei­ligte Bin­de­gliedge­sell­schaft we­der ih­ren steu­er­li­chen Sitz noch eine Be­triebsstätte im Ver­ei­nig­ten König­reich habe.

Das First-tier Tri­bu­nal (Tax Cham­ber), bei dem meh­rere Kla­gen ge­gen die Ent­schei­dung der Fi­nanz­behörden anhängig sind, fragt den EuGH im Wege ei­nes Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chens, ob die im Ver­ei­nig­ten König­reich be­ste­hende Re­ge­lung über die Ver­lustüber­tra­gung mit der Nie­der­las­sungs­frei­heit ver­ein­bar ist.

Die Gründe:
Die be­an­stan­dete Re­ge­lung ist nicht mit der Nie­der­las­sungs­frei­heit ver­ein­bar.

Das für die Bin­de­gliedge­sell­schaft auf­ge­stellte Sit­zer­for­der­nis schafft eine Un­gleich­be­hand­lung zwi­schen den ge­biets­ansässi­gen Ge­sell­schaf­ten, die durch eine im Ver­ei­nig­ten König­reich ansässige Bin­de­gliedge­sell­schaft ver­bun­den sind und die frag­li­che Steu­er­vergüns­ti­gung er­hal­ten, und den ge­biets­ansässi­gen Ge­sell­schaf­ten, die durch eine in einem an­de­ren Mit­glied­staat der Union ansässige Bin­de­gliedge­sell­schaft ver­bun­den sind und die Vergüns­ti­gung nicht er­hal­ten.

Diese Un­gleich­be­hand­lung, die die Gründung ei­ner Bin­de­gliedge­sell­schaft in einem an­de­ren Mit­glied­staat steu­er­lich we­ni­ger at­trak­tiv macht, stellt eine Be­schränkung der Nie­der­las­sungs­frei­heit dar. Diese Be­schränkung kann nicht mit zwin­gen­den Gründen des All­ge­mein­in­ter­es­ses ge­recht­fer­tigt wer­den, die die Bekämp­fung von Steu­er­um­ge­hung oder das Ziel der Wah­rung ei­ner aus­ge­wo­ge­nen Ver­tei­lung der Be­steue­rungs­be­fug­nisse zwi­schen den Mit­glied­staa­ten be­tref­fen.

Auch lässt der Um­stand, dass die Mut­ter­ge­sell­schaft des Kon­zerns so­wie ei­nige zwi­schen­ge­schal­tete Ge­sell­schaf­ten, de­ren An­teile von ihr ge­hal­ten wer­den, ih­ren Sitz außer­halb der Union ha­ben, das Recht der Kon­zern- oder Kon­sor­ti­al­ge­sell­schaf­ten mit Sitz in der Union un­berührt, sich in vol­lem Um­fang auf die Nie­der­las­sungs­frei­heit zu be­ru­fen. Die Her­kunft der An­teils­eig­ner die­ser Ge­sell­schaf­ten hat nämlich keine Aus­wir­kun­gen auf die Rechte, die die Ge­sell­schaf­ten aus der Uni­ons­rechts­ord­nung her­lei­ten.

Link­hin­weis:

Für den auf den Web­sei­ten des EuGH http://cu­ria.eu­ropa.eu/jcms/jcms/j_6/ veröff­ent­lich­ten Voll­text der Ent­schei­dung kli­cken Sie bitte hier. http://cu­ria.eu­ropa.eu/ju­ris/do­cu­ment/do­cu­ment.jsf?text=&docid=150181&pa­ge­In­dex=0&do­clang=de&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=352977

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