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Unrechtmäßige Vervielfältigungen nicht relevant bei der Abgabe für Anfertigung von Privatkopien eines geschützten Werks

EuGH 10.4.2014, C-435/12

Bei der Höhe der Ab­gabe für die An­fer­ti­gung von Pri­vat­ko­pien ei­nes ge­schütz­ten Werks dürfen un­rechtmäßige Ver­vielfälti­gun­gen nicht berück­sich­tigt wer­den. Dies gilt un­ge­ach­tet des­sen, dass keine an­wend­bare tech­ni­sche Maßnahme exis­tiert, um die An­fer­ti­gung von un­rechtmäßigen Pri­vat­ko­pien zu bekämp­fen.

Der Sach­ver­halt:
Nach der Richt­li­nie zur Har­mo­ni­sie­rung be­stimm­ter As­pekte des Ur­he­ber­rechts dürfen die Mit­glied­staa­ten eine Aus­nahme von dem aus­schließli­chen Ver­vielfälti­gungs­recht der Ur­he­ber und der In­ha­ber ver­wand­ter Schutz­rechte fest­le­gen und die An­fer­ti­gung von Pri­vat­ko­pien zu­las­sen (Pri­vat­ko­pie­aus­nahme). Sie be­stimmt außer­dem, dass die Mit­glied­staa­ten, die sich für die Einführung ei­ner sol­chen Aus­nahme in ihr in­ner­staat­li­ches Recht ent­schei­den, ver­pflich­tet sind, die Zah­lung ei­nes "ge­rech­ten Aus­gleichs" an die Ur­he­ber­rechts­in­ha­ber vor­zu­se­hen, um diese für die Nut­zung ih­rer Werke oder an­de­ren Schutz­ge­genstände an­ge­mes­sen zu ent­schädi­gen.

ACI Adam u.a. sind Im­por­teure, bzw. Her­stel­ler von un­be­schrie­be­nen Da­tenträgern wie CDs oder CD-Res. Nach den nie­derländi­schen Rechts­vor­schrif­ten müssen diese Un­ter­neh­men die Pri­vat­ko­pie­vergütung an die Stif­tung Stichting de Thuis­ko­pie ent­rich­ten. Die Höhe die­ser Vergütung wird von ei­ner an­de­ren Stif­tung, der SONT, fest­ge­legt. Nach An­sicht von ACI Adam u.a. hätte die SONT bei der Fest­le­gung der Höhe der Vergütung nicht den Scha­den berück­sich­ti­gen dürfen, der den In­ha­bern von Ur­he­ber­rech­ten durch Pri­vat­ko­pien ent­ste­hen kann, die auf der Grund­lage ei­ner un­rechtmäßigen Quelle an­ge­fer­tigt wer­den.

Vor die­sem Hin­ter­grund legte der Ober­ste Ge­richts­hof der Nie­der­lande dem EuGH ver­schie­dene Fra­gen zur Vor­ab­ent­schei­dung vor.

Die Gründe:
Es hätte of­fen­sicht­lich eine Be­einträch­ti­gung der Funk­ti­onsfähig­keit des Bin­nen­markts zur Folge, wenn die Mit­glied­staa­ten be­fugt wären, Rechts­vor­schrif­ten zu er­las­sen, nach de­nen u.a. die An­fer­ti­gung von pri­va­ten Ver­vielfälti­gun­gen auf der Grund­lage ei­ner un­rechtmäßigen Quelle zulässig wäre. Die Ver­wirk­li­chung des Ziels, die Ver­brei­tung der Kul­tur zu fördern, darf aber nicht durch Ver­zicht auf einen ri­go­ro­sen Schutz der Ur­he­ber­rechte oder durch Dul­dung der un­rechtmäßigen Ver­brei­tung von nach­ge­ahm­ten oder gefälsch­ten Wer­ken er­fol­gen. Da­her können na­tio­nale Rechts­vor­schrif­ten, die in kei­ner Weise zwi­schen Pri­vat­ko­pien von rechtmäßigen Quel­len und sol­chen un­ter­schei­den, die auf der Grund­lage von nach­ge­ahm­ten oder gefälsch­ten Wer­ken an­ge­fer­tigt wer­den, nicht ge­dul­det wer­den.

Es ist in­so­weit Sa­che des Mit­glied­staats, der die An­fer­ti­gung von Pri­vat­ko­pien ge­stat­tet hat, eine kor­rekte An­wen­dung die­ser Er­laub­nis si­cher­zu­stel­len und so­mit Hand­lun­gen ein­zu­schränken, die von den Rechts­in­ha­bern nicht ge­neh­migt wur­den. Na­tio­nale Rechts­vor­schrif­ten aber, die nicht zwi­schen rechtmäßigen und un­rechtmäßigen pri­va­ten Ver­vielfälti­gun­gen un­ter­schei­den, können keine kor­rekte An­wen­dung der Pri­vat­ko­pie­aus­nahme si­cher­stel­len. Der Um­stand, dass keine an­wend­bare tech­ni­sche Maßnahme exis­tiert, um die An­fer­ti­gung von un­rechtmäßigen Pri­vat­ko­pien zu bekämp­fen, ver­mag diese Fest­stel­lung nicht in Frage zu stel­len.

Darüber hin­aus muss das Vergütungs­sys­tem einen an­ge­mes­se­nen Rechts- und In­ter­es­sen­aus­gleich zwi­schen den Ur­he­bern (als Empfängern des ge­rech­ten Aus­gleichs) und den Nut­zern von Schutz­ge­genständen si­chern. Ein Sys­tem der Pri­vat­ko­pie­vergütung, das hin­sicht­lich der Be­rech­nung des ge­rech­ten Aus­gleichs, der den An­spruchs­be­rech­tig­ten gebührt, nicht da­nach un­ter­schei­det, ob die Quelle, auf de­ren Grund­lage eine pri­vate Ver­vielfälti­gung an­ge­fer­tigt wurde, rechtmäßig oder un­rechtmäßig ist, trägt aber nicht zu die­sem an­ge­mes­se­nen Aus­gleich bei.

Viel­mehr wird der ent­stan­dene Scha­den und so­mit die Höhe des Aus­gleichs auf­grund des Kri­te­ri­ums des Scha­dens be­rech­net, der den Ur­he­bern so­wohl durch An­fer­ti­gung pri­va­ter Ver­vielfälti­gun­gen von rechtmäßigen als auch von rechts­wid­ri­gen Quel­len ent­steht. Der so er­rech­nete Be­trag wird dann auf den Preis überwälzt, den die Nut­zer von Schutz­ge­genständen zum Zeit­punkt der Zur­verfügung­stel­lung von An­la­gen, Geräten und Trägern, mit de­nen Pri­vat­ko­pien an­ge­fer­tigt wer­den können, zah­len. So wer­den mit­tel­bar alle Nut­zer be­straft, da sie zwangsläufig zum Aus­gleich des Scha­dens bei­tra­gen, der durch pri­vate Ver­vielfälti­gun­gen ent­steht, die auf der Grund­lage ei­ner un­rechtmäßigen Quelle an­ge­fer­tigt wer­den. So­mit müssen die Nut­zer nicht un­er­heb­li­che Zu­satz­kos­ten in Kauf neh­men, um Pri­vat­ko­pien an­fer­ti­gen zu können.

Link­hin­weis:

Für den auf den Web­sei­ten des EuGH veröff­ent­lich­ten Voll­text der Ent­schei­dung kli­cken Sie bitte //cu­ria.eu­ropa.eu/ju­ris/do­cu­ment/do­cu­ment.jsf;jses­sio­nid=9ea7d0f130d6a3e44f724e6b4c90a755b609929459e7.e34Ka­xiLc3eQc40La­xqMbN4Oa­NePe0?text=&docid=150786&pa­ge­In­dex=0&do­clang=de&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=125668:hier.

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