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Steuerberatung

Umsetzung der globalen Mindeststeuer in Deutschland

Am 20.03.2023 legte das BMF einen Dis­kus­si­ons­ent­wurf für das Min­dest­be­steue­rungs­richt­li­nie-Um­set­zungs­ge­setz vor. Da­mit wird kon­kret, mit wel­chen Vor­ga­ben große Un­ter­neh­mens­grup­pen in Deutsch­land zu rech­nen ha­ben.

Was ist die Ausgangslage?

Im Rah­men des BEPS 2.0 Pro­jekt der OECD ha­ben sich in 2021 rund 140 Staa­ten auf die Einführung ei­ner glo­ba­len Min­dest­steuer ge­ei­nigt, auch be­kannt un­ter der Be­zeich­nung „Glo­bal Anti-Base Ero­sion Ru­les“ (GloBE) oder Pil­lar 2.

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Um eine ein­heit­li­che Einführung und Aus­ge­stal­tung der An­wen­dung der glo­ba­len Min­dest­steuer im EU-Raum si­cher­zu­stel­len, be­schloss der Rat der Eu­ropäischen Union am 15.12.2022 die Min­dest­be­steue­rungs­richt­li­nie (Richt­li­nie (EU) 2022/2523, Abl L 328 vom 22.12.2022, S. 1, be­rich­tigt in ABl. L 13 vom 16.01.2023, S. 9). Darin wer­den die EU-Mit­glied­staa­ten ver­pflich­tet, die Vor­ga­ben die­ser Richt­li­nie bis 31.12.2023 in na­tio­na­les Recht um­zu­set­zen.

Mit dem nun am 20.03.2023 durch das BMF vor­ge­leg­ten Dis­kus­si­ons­ent­wurf ei­nes Ge­set­zes für die Um­set­zung der Richt­li­nie zur Gewähr­leis­tung ei­ner glo­ba­len Min­dest­be­steue­rung für mul­ti­na­tio­nale Un­ter­neh­mens­grup­pen und große inländi­sche Grup­pen in der Union (Min­dest­be­steue­rungs­richt­li­nie-Um­set­zungs­ge­setz) wird der er­ste Um­set­zungs­schritt in Deutsch­land ge­macht. Da­bei be­inhal­tet der Ent­wurf die Einführung ei­nes neuen Stamm­ge­set­zes zur Gewähr­leis­tung ei­ner glo­ba­len Min­dest­be­steue­rung für Un­ter­neh­mens­grup­pen (Min­dest­steu­er­ge­setz, kurz Min­StG).

Um was geht es?

Große Un­ter­neh­mens­grup­pen sol­len dazu ver­pflich­tet wer­den, erst­mals in dem nach dem 30.12.2023 be­gin­nen­den Wirt­schafts­jahr si­cher­zu­stel­len, dass das Ein­kom­men al­ler Grup­pen­mit­glie­der in den Ju­ris­dik­tio­nen ih­rer Ansässig­keits­staa­ten ei­ner Be­steue­rung von ef­fek­tiv min­des­tens 15 % un­ter­liegt. Wird die­ser ef­fek­tive Min­dest­steu­er­satz un­ter­schrit­ten, soll grundsätz­lich auf Ebene der obers­ten Mut­ter­ge­sell­schaft eine zusätz­li­che Steuer in Höhe der Dif­fe­renz zum Min­dest­steu­er­satz von 15 % zu zah­len sein.

Wer ist betroffen?

Der glo­ba­len Min­dest­steuer un­ter­lie­gen mul­ti­na­tio­nale so­wie na­tio­nale Kon­zerne mit einem Ge­samt­jah­res­um­satz von min­des­tens 750 Mio. Euro in min­des­tens zwei von vier vor­an­ge­hen­den Ge­schäfts­jah­ren. Ist eine Kon­zern­ein­heit ei­nes sol­chen Kon­zerns in Deutsch­land be­le­gen, greift grundsätz­lich das neue Min­StG. Aus dem An­wen­dungs­be­reich aus­ge­nom­men sind al­ler­dings u. a. Non-Pro­fit Or­ga­ni­sa­tio­nen, staat­li­che Ein­hei­ten, in­ter­na­tio­nale Or­ga­ni­sa­tio­nen und Pen­si­ons­fonds.

Was ist zu ermitteln?

Um prüfen zu können, ob die Ge­schäfts­ein­hei­ten der Un­ter­neh­mens­gruppe, die in einem Steu­er­ho­heits­ge­biet ansässig sind, ei­ner Steu­er­be­las­tung in Höhe von min­des­tens 15 % un­ter­lie­gen, sind die an­ge­pass­ten er­fass­ten Steu­ern und der für Zwecke der Min­dest­steuer an­ge­passte Ge­winn (sog. Min­dest­steuer-Ge­winn bzw. -Ver­lust) her­an­zu­zie­hen. Das Verhält­nis hier­aus er­gibt den ef­fek­ti­ven Steu­er­satz. Meh­rere Ge­schäfts­ein­hei­ten in einem Steu­er­ho­heits­ge­biet sind dazu zu­sam­men­zu­fas­sen (Ju­ris­dic­tio­nal Blen­ding).

Die er­fass­ten Steu­ern und der Min­dest­steuer-Ge­winn bzw. -Ver­lust wer­den auf der Grund­lage des Er­geb­nis­ses (Jah­resüber­schuss II bzw. Jah­res­fehl­be­trag II), das in dem nach an­er­kann­ten Rech­nungs­le­gungs­stan­dards auf­ge­stell­ten Kon­zern­ab­schluss (HB II) aus­ge­wie­sen ist, er­mit­telt. Al­ler­dings sind noch zahl­rei­che An­pas­sun­gen vor­zu­neh­men. Die im Jah­resüber­schuss II bzw. Jah­res­fehl­be­trag II aus­ge­wie­se­nen er­fass­ten Steu­ern sind u. a. um la­tente Steu­ern zu mo­di­fi­zie­ren. Auch zur Be­rech­nung des Min­dest­steuer-Ge­winns bzw. -Ver­lusts sind zahl­rei­che An­pas­sun­gen an dem in der HB II aus­ge­wie­se­nen Er­geb­nis vor­zu­neh­men.

Hin­weis: Der Dis­kus­si­ons­ent­wurf ori­en­tiert sich in der kon­kre­ten Um­set­zung an den OECD Mus­ter­vor­ga­ben zur Um­set­zung von GloBE (OECD Mo­del Ru­les) un­ter Berück­sich­ti­gung der kürz­lich veröff­ent­lich­ten OECD Ad­mi­nis­tra­tive Gui­dance. So ist u. a. eine Er­leich­te­rung für Un­ter­neh­men mit di­rek­ten Pen­si­ons­ver­pflich­tun­gen ge­genüber (ehe­ma­li­gen) Ar­beit­neh­mern berück­sich­tigt: Auf­wen­dun­gen aus di­rek­ten Pen­si­ons­ver­pflich­tun­gen ge­genüber (ehe­ma­li­gen) Ar­beit­neh­mern müssen zur Er­mitt­lung des Min­dest­steuer-Ge­winns bzw. -Ver­lusts - an­ders als es der un­mit­tel­bare Wort­laut der OECD Mo­del Ru­les ver­mu­tet lässt - nicht hin­zu­ge­rech­net wer­den. Die ent­spre­chende Hin­zu­rech­nungs­norm soll nur in Be­zug auf Pen­si­ons­ver­pflich­tun­gen an­zu­wen­den sein, die an einen Pen­si­ons­fonds aus­ge­la­gert sind. In an­de­ren Fällen (z. B. Di­rekt­zu­sage, Di­rekt­ver­si­che­rung, Pen­si­ons­kasse, Un­terstützungs­kasse) wer­den die Auf­wen­dun­gen aus­weis­lich der Begründung des Dis­kus­si­ons­ent­wurfs im­mer voll­umfäng­lich in dem Jahr berück­sich­tigt, in dem die Auf­wen­dun­gen im Jah­resüber­schuss der HB II berück­sich­tigt wor­den sind.

Wie erfolgt die Mindestbesteuerung?

Un­ter­schrei­tet der ef­fek­tive Steu­er­satz von Ge­schäfts­ein­hei­ten der Gruppe in einem Steu­er­ho­heits­ge­biet den Min­dest­steu­er­satz von 15 %, ist nach der sog. Primärergänzungs­steu­er­re­ge­lung grundsätz­lich die ober­ste Mut­ter­ge­sell­schaft ver­pflich­tet, einen ent­spre­chen­den Steu­er­erhöhungs­be­trag ab­zuführen. Im Falle ei­ner in Deutsch­land be­le­ge­nen obers­ten Mut­ter­ge­sell­schaft wäre diese so­mit zur Steu­er­zah­lung ge­genüber dem deut­schen Fis­kus ver­pflich­tet.

Im Dis­kus­si­ons­ent­wurf wird zu­dem von der Möglich­keit Ge­brauch ge­macht, eine na­tio­nale Ergänzungs­steuer ein­zuführen. Soll­ten die im In­land be­le­ge­nen Ge­schäfts­ein­hei­ten ei­ner ef­fek­ti­ven Steuer von un­ter 15 % un­ter­lie­gen, kommt die na­tio­nale Ergänzungs­steuer zur An­wen­dung. Auf Ebene der obers­ten Mut­ter­ge­sell­schaft soll es dann zur An­rech­nung die­ser na­tio­na­len Ergänzungs­steuer kom­men.

So­fern die Primärergänzungs­steu­er­re­ge­lung nicht greift, weil im Ansässig­keits­staat der obers­ten Mut­ter­ge­sell­schaft keine ent­spre­chende Re­ge­lung be­steht und die Min­dest­be­steue­rung auch nicht auf Ebene ei­ner zwi­schen­ge­schal­te­ten Mut­ter­ge­sell­schaft er­folgt, sieht der Dis­kus­si­ons­ent­wurf als Auf­fan­gre­ge­lung die Se­kundärergänzungs­steu­er­re­ge­lung vor, die erst­mals auf nach­dem 30.12.2024 be­gin­nende Ge­schäfts­jahre an­zu­wen­den sein soll. Dazu ist der im In­land steu­er­pflich­ti­gen Ge­schäfts­ein­heit ein an­tei­li­ger Steu­er­erhöhungs­be­trag für die ge­samte Gruppe zu­zu­rech­nen.

Welche Erklärungen sind zu übermitteln?

Jede steu­er­pflich­tige Ge­schäfts­ein­heit im In­land hat dem Bun­des­zen­tral­amt für Steu­ern grundsätz­lich bis spätes­tens 15 Mo­nate (bzw. im Erst­jahr der An­wen­dung 18 Mo­nate) nach Ende des Ge­schäfts­jah­res einen Min­dest­steuer-Be­richt zu über­mit­teln. Darin müssen alle für die Be­rech­nung ei­nes et­wai­gen Steu­er­erhöhungs­be­trags er­for­der­li­chen In­for­ma­tio­nen ent­hal­ten sein.

Eine in Deutsch­land ansässige Mut­ter­ge­sell­schaft, die als Grup­penträger ei­ner sog. Min­dest­steu­er­gruppe (be­ste­hend aus al­len im In­land be­le­ge­nen Ge­schäfts­ein­hei­ten) hat bis zum Ab­lauf der vor­ge­nann­ten Frist für alle inländi­schen Ge­schäfts­ein­hei­ten eine Steu­er­an­mel­dung ab­zu­ge­ben, in der sie den Steu­er­erhöhungs­be­trag selbst zu be­rech­nen und in­ner­halb ei­nes Mo­nats nach Über­mitt­lung der An­mel­dung zu ent­rich­ten hat.

Gibt es ggf. Erleichterungen?

Safe Har­bour-Re­ge­lun­gen, die sich auf Da­ten aus dem Coun­try-by-Coun­try-Re­por­ting (CbCR) be­zie­hen, se­hen vor, dass auf An­trag für ein Steu­er­ho­heits­ge­biet ein Steu­er­erhöhungs­be­trag von Null Euro an­ge­nom­men wird, wenn für die­ses Steu­er­ho­heits­ge­biet ei­ner der fol­gen­den drei Tests erfüllt ist:

  • De-Mi­ni­mis-Test: Um­sat­zerlöse von we­ni­ger als 10 Mio. Euro und Ge­winn vor Steu­ern von we­ni­ger als 1 Mio. Euro laut CbCR
  • Ver­ein­fach­ter Ef­fec­tice Tax Rate-Test (ETR-Test): Ef­fek­ti­ver Steu­er­satz be­rech­net auf Ba­sis der CbCR-Da­ten (nebst be­stimm­ter Mo­di­fi­ka­tio­nen insb. zur Berück­sich­ti­gung la­ten­ter Steu­ern) von min­des­tens 15 % (in 2024), 16 % (in 2025) bzw. 17 % (in 2026)
  • Sub­stanz­test: Ge­winn vor Steu­ern laut CbCR ent­spricht ma­xi­mal dem sog. sub­stanz­ba­sier­ten Frei­be­trag (er­mit­telt an­hand von Lohn­kos­ten und ma­te­ri­el­len Vermögens­wer­ten).

Diese Er­leich­te­run­gen sind für eine Überg­angs­zeit vor­ge­se­hen, die bis vor dem 01.07.2028 en­dende Ge­schäfts­jahre um­fasst.

Übt die Un­ter­neh­mens­gruppe nur in un­ter­ge­ord­ne­tem Um­fang in­ter­na­tio­nale Tätig­kei­ten aus, ist zu­dem eine Be­frei­ung in den ers­ten fünf Jah­ren der An­wen­dung der Min­dest­steuer vor­ge­se­hen. Im Dis­kus­si­ons­ent­wurf fin­den sich fer­ner Ver­ein­fa­chungs­re­ge­lun­gen u. a. für den Fall, dass bei der obers­ten Mut­ter­ge­sell­schaft be­reits eine ausländi­sche na­tio­nale Ergänzungs­steuer er­ho­ben wird.

Was ergibt sich daraus für die Praxis?

Be­trof­fene Un­ter­neh­men soll­ten sich in­ten­siv mit den Vor­ga­ben zur Er­mitt­lung der Be­rech­nungs­grund­la­gen für die Prüfung des ef­fek­ti­ven Steu­er­sat­zes aus­ein­an­der­set­zen. Da­bei kann der im je­wei­li­gen Steu­er­ho­heits­ge­biet vor­ge­se­hene No­mi­nal­steu­er­satz nicht mehr als nur einen Hin­weis auf et­waig zu zah­lende Ergänzungs­steu­ern ge­ben. Denn durch die um­fang­rei­chen An­pas­sun­gen so­wohl des maßgeb­li­chen Ge­winns als auch der zu berück­sich­ti­gen­den Steu­ern können sich hier er­heb­li­che Ab­wei­chun­gen er­ge­ben. Un­erläss­lich zur Er­mitt­lung der Be­rech­nungs­grund­la­gen wird da­bei ein ent­spre­chend an­ge­pass­tes kon­zern­in­ter­nes Re­por­ting sein, das weit über die bis­he­ri­gen Re­por­ting Pa­cka­ges im Zu­sam­men­hang mit der Kon­zern­rech­nungs­le­gung hin­aus­ge­hen. Um­fang­rei­che Erklärungs­pflich­ten er­ge­ben sich für die ge­samte Gruppe grundsätz­lich auch dann, wenn es im Er­geb­nis zu kei­ner zu zah­len­den Ergänzungs­steuer kom­men sollte.

Bei Fra­gen so­wohl zur vor­ge­se­he­nen ge­setz­ge­be­ri­schen Um­set­zung der Min­dest­steuer als auch zur prak­ti­schen Um­set­zung ste­hen wir Ih­nen je­der­zeit gerne zur Verfügung. Gerne un­terstützen wir Sie im Rah­men aus­gewähl­ter Work­shops zum Thema Glo­bale Min­dest­steuer.

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