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Der Einwegkunststofffonds oder die „Plastiksteuer“ in Deutschland

Ob Le­bens­mit­tel­behälter, Plas­tiktüten, Getränke­be­cher oder Zi­ga­ret­ten­fil­ter: Her­stel­ler be­stimm­ter Ein­weg­kunst­stoffe wer­den künf­tig zu ei­ner jähr­li­chen Son­der­ab­gabe ver­pflich­tet.

Ab dem 01.01.2024 müssen laut dem Ein­weg­kunst­stoff­fonds­ge­setz (EWK­FondsG) vom 11.05.2023 Her­stel­ler einen (zusätz­li­chen) fi­nan­zi­el­len Bei­trag leis­ten, der sich an der jähr­lich in Ver­kehr ge­brach­ten Menge an be­stimm­ten Ein­weg­kunst­stoff­pro­duk­ten be­misst und mit dem über einen Fonds Samm­lungs-, Rei­ni­gungs-, Sen­si­bi­li­sie­rungs-, Da­ten­er­he­bungs- und Über­mitt­lungs- so­wie Ver­wal­tungs­kos­ten fi­nan­ziert wer­den sol­len.

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Hin­weis: Teil­weise sind von den Pflich­ten des Ge­set­zes auch Her­stel­ler be­trof­fen, die be­reits nach dem Ver­pa­ckungs­ge­setz die Pro­dukt­ver­ant­wor­tung für be­stimmte Pro­dukte, nämlich Ver­pa­ckun­gen, wahr­neh­men. Dazu zählt auch die Ver­pflich­tung Ent­gelte an die dua­len Sys­teme zu ent­rich­ten, die die Ab­fall­be­wirt­schaf­tung der beim pri­va­ten End­ver­brau­cher an­fal­len­den Ver­pa­ckungs­abfälle vor­neh­men. Das vor­lie­gende Ge­setz be­trifft je­doch die er­wei­terte Her­stel­ler­ver­ant­wor­tung für be­stimmte im öff­ent­li­chen Raum an­ge­fal­lene Abfälle aus Ein­weg­kunst­stoff­pro­duk­ten und steht in­so­weit ei­genständig ne­ben den Ent­gel­ten an die dua­len Sys­teme.

Die Re­gis­trie­rungs­pflicht wird ab 2024 gel­ten, die Pflicht zur Leis­tung der Ab­gabe ein Jahr dar­auf ab 2025.

Hin­weis: Für Her­stel­ler von Feu­er­werkskörpern wird diese Pflicht je­weils zwei Jahre später grei­fen; die Re­gis­trie­rungs­pflicht ab 2026 und die Pflicht zur Leis­tung der Ab­gabe erst­mals ab dem Jahr 2027.

Persönli­cher An­wen­dungs­be­reich

Der persönli­che An­wen­dungs­be­reich ist durch den Be­griff des Her­stel­lers de­fi­niert.

Her­stel­ler sind sämt­li­che Markt­teil­neh­mer, die die be­trof­fe­nen (befüllte oder un­befüllte) Ein­weg­kunst­stoff­pro­dukte auf dem deut­schen Markt ge­werbsmäßig erst­mals (ent­gelt­lich oder un­ent­gelt­lich) be­reit­stel­len oder ver­kau­fen. Her­stel­ler ist so­mit der (tech­ni­sche) Pro­du­zent, ein Befüller, ein Verkäufer oder ein Im­por­teur. Der Be­griff des Her­stel­lers im Sinne des EWK­FondsG ist da­mit deut­lich wei­ter ge­fasst als im Ver­packG, dass den Be­griff des Her­stel­lers le­dig­lich an der In­ver­kehr­brin­gung ei­ner befüll­ten Ver­pa­ckung ori­en­tiert.

Da die Be­reit­stel­lung „erst­ma­lig“ er­fol­gen muss, ist ein Pro­du­zent, Befüller, Verkäufer oder Im­por­teur, der ein be­reits auf dem Markt be­reit­ge­stell­tes Ein­weg­kunst­stoff­pro­dukt wei­ter­gibt, kein Her­stel­ler im Sinne des Ge­set­zes. Zu­dem sind Be­trei­ber von elek­tro­ni­schen Marktplätzen und be­stimmte Ful­fil­ment-Dienst­leis­ter be­trof­fen, über oder durch die das In­ver­kehr­brin­gen von Ein­weg­kunst­stoff­pro­duk­ten er­folgt.

Sach­li­cher An­wen­dungs­be­reich

Das Ein­weg­kunst­stoff­pro­dukt be­stimmt den sach­li­chen An­wen­dungs­be­reich des Ge­set­zes.

Ein­weg­kunst­stof­far­ti­kel um­fas­sen eine breite Pa­lette gängi­ger kurz­le­bi­ger Ge­brauchs­ar­ti­kel, die nach ein­ma­li­ger Ver­wen­dung zum vor­ge­se­he­nen Zweck weg­ge­wor­fen, nur sel­ten re­cy­celt wer­den und so­mit leicht zu Ab­fall wer­den. Ent­spre­chend dem Ver­ur­sa­chungs­prin­zip wird in die­sem Kon­text ein Re­gime der er­wei­ter­ten Her­stel­ler­ver­ant­wor­tung für be­stimmte Ein­weg­kunst­stoff­pro­dukte ein­geführt.

Zu den be­trof­fe­nen Pro­dukt­grup­pen gehören:

  • „To-Go“ Le­bens­mit­tel­behält­nisse
  • Tüten- und Fo­li­en­ver­pa­ckun­gen mit Le­bens­mit­tel­in­halt zum To-Go-Ver­zehr
  • Getränke­behälter mit einem Füll­vo­lu­men bis zu 3 Li­tern
  • Getränke­be­cher, ein­schließlich ih­rer Ver­schlüsse und De­ckel
  • Leichte Kunst­stoff­tra­ge­ta­schen
  • Feuchttücher
  • Luft­bal­lons
  • Ta­bak­fil­ter(-pro­dukte)
  • Feu­er­werkskörper (ab 2026)

Die vor­ge­nannte Liste der be­trof­fe­nen Ein­weg­kunst­stoff­pro­dukte ist ab­schließend. An­dere Ein­weg­kunst­stoff­pro­dukte sind von der Ab­gabe nicht be­trof­fen. Zu be­ach­ten ist, dass für den Kunst­stoff­an­teil keine Schwel­len­werte be­ste­hen; so ist z.B. ein Eis­be­cher aus Pappe, der eine dünne Po­ly­mer­be­schich­tung enthält, ein Ein­weg­kunst­stoff­pro­dukt. Eben­falls un­ter den Re­ge­lungs­be­reich des EWK­FondsG fal­len bei­spiels­weise alle denk­ba­ren Ar­ten von Süßig­kei­ten, die in ei­ner Fo­lie zum Ver­kauf an­ge­bo­ten wer­den.

Durch den Fonds sol­len die Kos­ten der Ent­sor­gungsträger für die Ab­fall­be­sei­ti­gung be­gli­chen wer­den, in­dem Her­stel­ler dort ein­zah­len und an­spruchs­be­rech­tigte Ent­sor­gungsträger für jähr­lich er­brachte Leis­tun­gen Aus­zah­lun­gen er­hal­ten. Die Ver­wal­tung des ein­zu­rich­ten­den Fonds liegt beim Um­welt­bun­des­amt.

Re­gis­trie­rungs- und Mel­de­pflicht des Her­stel­lers

Je­der Her­stel­ler un­ter­liegt ab 2024 ei­ner Re­gis­trie­rungs- und Mel­de­pflicht.

Um die zah­lungs­pflich­ti­gen Her­stel­ler von Ein­weg­kunst­stoff­pro­duk­ten zu er­fas­sen, ha­ben sich diese elek­tro­ni­sch beim Um­welt­bun­des­amt (UBA) ab dem 01.01.2024 auf der Platt­form „DI­VID“ zu re­gis­trie­ren und jähr­lich bis zum 15.05. (erst­mals zum 15.05.2025) dem Um­welt­bun­des­amt auf­ge­schlüsselt nach je­wei­li­ger Art und Masse die von ih­nen im vor­an­ge­gan­ge­nen Ka­len­der­jahr erst­mals auf dem Markt be­reit­ge­stell­ten oder ver­kauf­ten Ein­weg­kunst­stoff­pro­dukte zu mel­den.

Hin­weis: Zu über­mit­teln ist die Art und Masse in Ki­lo­gramm der erst­mals auf dem Markt be­reit­ge­stell­ten oder ver­kauf­ten Ein­weg­kunst­stoff­pro­dukte. Da­bei ist nicht das Ge­wicht des Kunst­stoff­an­teils der Pro­dukt­ver­pa­ckung, son­dern das Ge­samt­ge­wicht des Pro­duk­tes ent­schei­dend. Wich­tig ist aber, dass bei in Ta­bak­pro­duk­ten ent­hal­te­nen Fil­tern nur die Fil­ter zählen, da sie das Ein­weg­kunst­stoff­pro­dukt dar­stel­len.

Prüfungs- und Bestäti­gungs­pflicht

Die Mel­dung be­darf der Prüfung und Bestäti­gung durch einen Drit­ten; die­ser kann ein nach dem Ver­pa­ckungs­ge­setz re­gis­trier­ter Sach­verständi­ger, Wirt­schaftsprüfer, Steu­er­be­ra­ter oder ver­ei­dig­ter Buchprüfer sein. Le­dig­lich bei ei­ner im Vor­jahr un­ter­schrit­te­nen Menge von 100 Ki­lo­gramm der be­trof­fe­nen Ein­weg­kunst­stoff­pro­dukte (Schwel­len­wert) oder der aus­schließli­chen In­ver­kehr­brin­gung von Pfand­fla­schen kann auf eine Prüfung und Bestäti­gung ver­zich­tet wer­den; eine Mel­dung an das Um­welt­bun­des­amt ist je­doch un­abhängig da­von wei­ter­hin vor­zu­neh­men.

Markt­zu­gangs­sperre bei un­ter­las­se­ner Re­gis­trie­rung

Eine un­ter­las­sene Re­gis­trie­rung ei­nes Ver­pflich­te­ten führt zu ei­ner Mark­zu­gangs­sperre für Ein­weg­kunst­stoff­pro­dukte. Ausdrück­lich be­ste­hen auch für Nicht-Her­stel­ler Ob­lie­gen­hei­ten; diese dürfen keine Ein­weg­kunst­stoff­pro­dukte an­bie­ten, wenn der Her­stel­ler i. S. d. EWK­FondsG nicht oder nicht ord­nungs­gemäß re­gis­triert ist.

Her­stel­ler sind gut be­ra­ten, ih­ren Mit­tei­lungs­pflich­ten nach­zu­kom­men, da im Falle ei­ner Schätzung nicht nur ein Bußgeld droht, son­dern er­fah­rungs­gemäß auch ein sog. Schätzungs­zu­schlag zu Las­ten der Her­stel­ler an­ge­nom­men wird.

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