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Ermäßigte Besteuerung: Wirtschaftlich vernünftige Gründe für zusammengeballte Entlohnung

BFH 7.5.2015, VI R 44/13

Ar­beits­lohn, der für einen Zeit­raum von mehr als zwölf Mo­na­ten und ver­an­la­gungs­zeit­raumüberg­rei­fend ge­leis­tet wird, kann als Vergütung für eine mehrjährige Tätig­keit nach der sog. Fünf­tel­re­ge­lung zu be­steu­ern sein, wenn wirt­schaft­lich vernünf­tige Gründe für die zu­sam­men­ge­ballte Ent­loh­nung vor­lie­gen. Um ein­ma­lige (Son­der)Einkünfte, die für die kon­krete Be­rufstätig­keit unüblich sind und nicht re­gelmäßig an­fal­len, muss es sich nicht han­deln.

Der Sach­ver­halt:
Strei­tig ist, ob im Streit­jahr (2007) eine nach § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG ermäßigt zu be­steu­ernde Vergütung für eine mehrjährige Tätig­keit vor­liegt. Der Kläger ist als Vor­stand ei­ner als ge­meinnützig an­er­kann­ten Stif­tung, die sich über­wie­gend aus Spen­den fi­nan­ziert, tätig. Die Rechts­be­zie­hun­gen zwi­schen ihm und der Stif­tung sind in einem Dienst­ver­trag ge­re­gelt.

Der Kläger erklärte ge­genüber dem Fi­nanz­amt, dass es sich bei der von der Stif­tung er­hal­te­nen Tätig­keits­vergütung um ermäßigt zu be­steu­ern­den Ar­beits­lohn für meh­rere Jahre han­dele, denn der Lohn­zah­lungs­zeit­raum sei aus­nahms­weise ein­ver­nehm­lich von zwölf auf 14 Mo­nate er­wei­tert wor­den. Da­durch sei der mtl. Durch­schnitts­be­trag der kläge­ri­schen Bezüge um mehr als 10 Pro­zent re­du­ziert und eine mögli­cher­weise un­an­ge­mes­sen hohe ge­meinnützig­keits­schädli­che Vergütung i.S.v. § 55 AO ver­mie­den wor­den.

Dem folgte das Fi­nanz­amt nicht. § 34 EStG könne vor­lie­gend nicht an­ge­wen­det wer­den. Nicht sämt­li­che Vergütun­gen für mehrjährige Tätig­kei­ten und da­mit für Tätig­kei­ten, die sich über zwei Ver­an­la­gungs­zeiträume er­streck­ten und einen Zeit­raum von mehr als zwölf Mo­na­ten um­fass­ten, seien ermäßigt zu be­steu­ern. Es müsse sich zusätz­lich um außer­or­dent­li­che Einkünfte han­deln, woran es vor­lie­gend fehle.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Die Re­vi­sion des Fi­nanz­amts hatte vor dem BFH kei­nen Er­folg.

Die Gründe:
Das FG hat zu Recht ent­schie­den, dass die streit­ge­genständ­li­che Vergütung des Klägers nach § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG ermäßigt zu be­steu­ern ist.

Nach § 34 Abs. 1 S. 1 EStG ist die auf alle im Ver­an­la­gungs­zeit­raum be­zo­ge­nen außer­or­dent­li­chen Einkünfte ent­fal­lende Ein­kom­men­steuer nach einem ermäßig­ten be­son­de­ren Ta­rif, der sog. "Fünf­tel­re­ge­lung" (§ 34 Abs. 1 S. 2 bis 4 EStG), zu be­rech­nen. Als ermäßigt zu be­steu­ernde außer­or­dent­li­che Einkünfte kom­men ins­be­son­dere Vergütun­gen für mehrjährige Tätig­kei­ten in Be­tracht, also sol­che, die sich über min­des­tens zwei Ver­an­la­gungs­zeiträume er­stre­cken und einen Zeit­raum von mehr als zwölf Mo­na­ten um­fas­sen. An­ders als bei den Einkünf­ten aus selbständi­ger Ar­beit muss es sich, wenn die ermäßigte Be­steue­rung von Einkünf­ten aus nicht­selbständi­ger Ar­beit gem. § 19 EStG in Rede steht, bei der mehrjähri­gen Tätig­keit nicht um eine ab­grenz­bare Son­dertätig­keit han­deln.

Es ist nicht er­for­der­lich, dass die Tätig­keit selbst von der re­gelmäßigen Er­werbstätig­keit ab­grenz­bar ist oder die in meh­re­ren Ver­an­la­gungs­zeiträumen er­diente Vergütung auf einem be­son­de­ren Rechts­grund be­ruht, der diese von den lau­fen­den Einkünf­ten un­ter­scheid­bar macht. Al­ler­dings reicht es nicht aus, dass der Ar­beits­lohn in einem an­de­ren Ver­an­la­gungs­zeit­raum als dem zu­fließt, zu dem er wirt­schaft­lich gehört, und dort mit wei­te­ren Einkünf­ten aus nicht­selbständi­ger Ar­beit zu­sam­men­trifft. Die Ent­loh­nung muss für sich be­trach­tet zweck­be­stimm­tes Ent­gelt für eine mehrjährige Tätig­keit sein, die Vergütung also für einen Zeit­raum von mehr als zwölf Mo­na­ten und ver­an­la­gungs­zeit­raumüberg­rei­fend ge­leis­tet wer­den.

Darüber hin­aus müssen wirt­schaft­lich vernünf­tige Gründe für die zu­sam­men­ge­ballte Ent­loh­nung vor­lie­gen. Diese können so­wohl in der Per­son des Ar­beit­neh­mers als auch des Ar­beit­ge­bers vor­lie­gen. Das Merk­mal der wirt­schaft­lich vernünf­ti­gen Gründe dient der Verhütung von Missbräuchen. Des­halb schließt nur eine willkürli­che, wirt­schaft­lich nicht ge­recht­fer­tigte Zu­sam­men­bal­lung al­lein aus steu­er­li­chen Gründen die An­wen­dung der Ta­rif­begüns­ti­gung auf mehrjähri­gen Ar­beits­lohn aus.

Vor­lie­gend wurde der Lohn­zah­lungs­zeit­raum ein­verständ­lich von zwölf auf 14 Mo­nate verlängert. Der Kläger und die Stif­tung ha­ben nicht le­dig­lich ver­ein­bart, dass zusätz­lich zum jähr­li­chen Ar­beits­lohn eine Ab­schlags­zah­lung für die fol­gen­den zwei Mo­nate zu leis­ten war. Das FG hat in­so­weit zu Recht dar­auf er­kannt, dass für die auf der Verlänge­rung des Lohn­zah­lungs­zeit­raums gründende Zu­sam­men­bal­lung des Ar­beits­lohns wirt­schaft­lich vernünf­tige - nämlich ge­meinnützig­keits­recht­li­che - Gründe vor­la­gen.

Link­hin­weis:

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