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Zweckbetrieb: Kongresse eines Vereins zur Förderung der Open-Source-Software

BFH 21.6.2017, V R 34/16

Kon­gress­ver­an­stal­tun­gen ei­nes Ver­eins zur Förde­rung der Open-Source-Soft­ware können Zweck­be­triebe i.S.v. § 68 Nr. 8 AO sein, wenn da­bei Vorträge, Kurse und an­dere Ver­an­stal­tun­gen wis­sen­schaft­li­cher und be­leh­ren­der Art durch­geführt wer­den.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger ist ein Ver­ein, der ins­be­son­dere den Zweck ver­folgt, die Nut­zung freier Soft­ware im Sinne der "Open Source De­fi­ni­tion", die Möglich­keit der freien Kom­mu­ni­ka­tion und die Be­reit­stel­lung von In­for­ma­tio­nen in Da­ten­net­zen zu fördern. Dies be­trifft so­wohl die all­ge­meine wie auch die be­ruf­li­che Bil­dung, in­dem der Ver­ein die Kom­pe­tenz und Ak­zep­tanz der Bevölke­rung mit dem Me­dium In­ter­net und der Be­reit­stel­lung von In­for­ma­tio­nen erhöht und selbst­los für die All­ge­mein­heit ent­spre­chende Dienste, In­for­ma­tio­nen und Soft­ware zur Verfügung stellt.

Der Ver­ein ver­an­stal­tet in der Re­gel ein­mal jähr­lich einen sog. "E-Day" und einen Kon­gress "E-Con­gress". Da­bei han­delt es sich um Ver­an­stal­tun­gen für die "E-Com­mu­nity", zu der An­wen­der und Pro­gram­mie­rer gehören. Die Kon­fe­ren­zen be­ste­hen aus Vorträgen, Dis­kus­sio­nen so­wie ge­mein­sa­mer Pro­gram­mie­rung im Zu­sam­men­hang mit dem CMS "E"; in der Lounge fin­den Aus­stel­lun­gen statt. Um die Gebühren für die Teil­neh­mer der Ver­an­stal­tung möglichst nied­rig zu hal­ten, wurde ein Spon­so­ring-Pro­gramm auf­ge­setzt. Der "E-Day" ist na­tio­nal auf Deutsch­land be­schränkt, während die Ver­an­stal­tung "E-Con­gress" in­ter­na­tio­nal aus­ge­rich­tet ist.

Das Fi­nanz­amt ver­tritt die An­sicht, dass der Ver­ein mit den "E-Day"-Ver­an­stal­tun­gen und dem da­zu­gehöri­gen Spon­so­ring einen wirt­schaft­li­chen Ge­schäfts­be­trieb gem. § 14 AO begründet habe und als Messe-, Aus­stel­lungs- und Kon­gress­ver­an­stal­ter zu be­han­deln sei. Auf die­ser Grund­lage er­ließ es Be­scheide über Körper­schaft­steuer und Um­satz­steuer für 2010 so­wie den Be­scheid über den Ge­wer­be­steu­er­mess­be­trag für 2010. Der Kläger macht dem­ge­genüber gel­tend, dass es sich bei den "E-Day"-Ver­an­stal­tun­gen um Zweck­be­triebe han­dele; hin­sicht­lich der Um­satz­steuer sei des­halb der ermäßigte Steu­er­satz von 7 % gem. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a S. 3 UStG an­zu­wen­den.

Das FG wies die Klage ab. Auf die Re­vi­sion des Klägers hob der BFH das Ur­teil auf und gab der Klage statt, so­weit dies die Körper­schaft­steu­er­fest­set­zung und die Fest­set­zung des Ge­wer­be­steu­er­mess­be­tra­ges für das Streit­jahr be­trifft. Hin­sicht­lich der Um­satz­steu­er­fest­set­zung für das Streit­jahr hob der BFH das Ur­teil des FG auf und ver­wies die Sa­che zur an­der­wei­ti­gen Ver­hand­lung und Ent­schei­dung dort­hin zurück.

Die Gründe:
Das FG hat zu Un­recht ent­schie­den, dass es sich bei den vom Kläger durch­geführ­ten Ver­an­stal­tun­gen "E-Day" und "E-Con­gress" um keine Zweck­be­triebe han­delt, weil in­so­weit die Vor­aus­set­zun­gen von § 68 Nr. 8 AO vor­lie­gen, so dass die be­gehrte Körper­schaft- und Ge­wer­be­steu­er­be­frei­ung zu gewähren ist. Die bis­he­ri­gen tatsäch­li­chen Fest­stel­lun­gen des FG er­lau­ben keine ab­schließende Ent­schei­dung darüber, ob die Vor­aus­set­zun­gen für die An­wen­dung des ermäßig­ten Steu­er­sat­zes nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG erfüllt sind.

Nach § 68 Nr. 8 AO sind Volks­hoch­schu­len und an­dere Ein­rich­tun­gen auch Zweck­be­triebe, so­weit sie selbst Vorträge, Kurse und an­dere Ver­an­stal­tun­gen wis­sen­schaft­li­cher oder be­leh­ren­der Art durchführen; dies gilt auch, so­weit die Ein­rich­tun­gen den Teil­neh­mern die­ser Ver­an­stal­tun­gen selbst Be­her­ber­gung und Bekösti­gung gewähren. Aus­weis­lich der Ge­set­zes­begründung hat die Be­stim­mung im Verhält­nis zu § 65 AO le­dig­lich klar­stel­len­den Cha­rak­ter, so­weit es um die Rechts­frage geht, ob von ei­ner ent­spre­chen­den Ein­rich­tung Ver­an­stal­tun­gen wis­sen­schaft­li­cher oder be­leh­ren­der Art durch­geführt wer­den.

Vor­lie­gend han­delte es sich bei dem Ver­ein zwar nicht um eine Volks­hoch­schule oder um eine all­ge­mein an­er­kannte Ein­rich­tung der Er­wach­se­nen­bil­dung, wohl aber um eine an­dere steu­er­begüns­tigte Ein­rich­tung i.S.v. § 68 Nr. 8 AO. Denn die Sat­zungs­zwe­cke des Ver­eins um­fas­sen nach § 52 Abs. 2 Nr. 7 AO die Förde­rung der Er­zie­hung, Volks - und Be­rufs­bil­dung ein­schließlich der Stu­den­ten­hilfe.

Außer­dem hat der Ver­ein mit sei­nen Kon­gres­sen Ver­an­stal­tun­gen be­leh­ren­der Art i.S.v. § 68 Nr. 8 AO durch­geführt, an die im Übri­gen keine be­son­de­ren in­halt­li­chen An­for­de­run­gen zu stel­len sind. So­mit genügt es, dass bei den streit­be­fan­ge­nen Ver­an­stal­tun­gen über­wie­gend Vorträge ge­hal­ten wer­den, die na­tur­gemäß be­leh­ren­den Cha­rak­ter ha­ben. Die Durchführung der Kon­gresse steht auch im Ein­klang mit den in der Sat­zung des Ver­eins ausdrück­lich ge­nann­ten Maßnah­men zur Ver­wirk­li­chung der Sat­zungs­zwe­cke, wo­nach u.a. die "Fort­bil­dung von Mit­glie­dern und in­ter­es­sier­ten Nicht­mit­glie­dern" im Mit­tel­punkt steht.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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