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Zur Urheberrechtsverletzung bei Verlinkung fremder Inhalte und Bereithalten dieser Informationen in einem eigenen Download-Center

BGH 4.7.2013, I ZR 39/12

Es stellt eine ei­gene ur­he­ber­recht­li­che Nut­zungs­hand­lung dar, wenn der Be­trei­ber ei­ner In­ter­net­seite für de­ren Nut­zer einen Ter­min­ka­len­der be­reithält und ih­nen über einen Link Ein­la­dungs­schrei­ben Drit­ter zugäng­lich macht, die er in einem ei­ge­nen Down­load-Cen­ter ab­ge­legt hat. Fremde In­for­ma­tio­nen i.S.v. § 10 TDG sind aus­schließlich durch den Nut­zer ei­nes Te­le­diens­tes ein­ge­ge­bene In­for­ma­tio­nen, von de­nen der An­bie­ter des Diens­tes keine Kennt­nis hat und über die er auch keine Kon­trolle be­sitzt.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin be­an­sprucht die aus­schließli­chen Nut­zungs­rechte an dem Kar­ten­ma­te­rial, das un­ter der In­ter­net­adresse "www.stadt­plan­dienst.de" ab­ruf­bar ist. Sie be­gehrt vom Be­klag­ten Scha­dens­er­satz und Kos­ten­er­stat­tung we­gen der Veröff­ent­li­chung ei­nes Kar­ten­aus­schnitts. Die­ser war in ein Ein­la­dungs­schrei­ben zum Re­gio­nal­fo­rum "Gen­tech­nik­freie Re­gio­nen in Ost­deutsch­land" ein­gefügt, das im März 2005 in Ber­lin statt­fand. In der Kopf­zeile des Ein­la­dungs­schrei­bens wa­ren die Lo­gos des "Euro Parc Deutsch­land", des "iaw In­sti­tut Ar­beit und Wirt­schaft Uni­ver­sität Bre­men", der "AbL Ar­beits­ge­mein­schaft bäuer­li­che Land­wirt­schaft" und des "BUND Freunde der Erde" ab­ge­bil­det. Un­ter­zeich­net war das Schrei­ben von vier Ver­tre­tern die­ser Or­ga­ni­sa­tio­nen. Das Ein­la­dungs­schrei­ben ein­schließlich des Kar­ten­aus­schnitts war ab Fe­bruar 2005 im PDF-For­mat un­ter der In­ter­net­adresse "www.sa­ve­our­seeds.org" ab­ruf­bar.

Aus­weis­lich des Im­pres­sums wird diese Seite von der "Z. stif­tung L." ko­or­di­niert, die u.a. ein Büro in Ber­lin be­treibt. Des­sen Lei­ter ist der Be­klagte. Als In­ha­ber des Do­main­na­mens "www.sa­ve­our­seeds.org" ist die "Z. stif­tung H." re­gis­triert. Die Stif­tung veröff­ent­lichte das Ein­la­dungs­schrei­ben auf Wunsch der Ver­an­stal­ter, in­dem sie es un­verändert in einem nicht öff­ent­li­chen Ord­ner ab­legte. Außer­dem nahm sie einen Ter­min­hin­weis in den auf der Web­site "www.sa­ve­our­seeds.org" für de­ren Nut­zer be­reit­ge­stell­ten Ter­min­ka­len­der auf. Der Ter­min­hin­weis ent­hielt einen Link, über den das Ein­la­dungs­schrei­ben un­ter der URL "www.sa­ve­our­seeds.org/down­load_cen­ter/re­gio­nal­fo­rum18_03_05.pdf" ab­ge­ru­fen wer­den konnte. Nach Ab­schluss der Ver­an­stal­tung konnte das Ein­la­dungs­schrei­ben über den Link im Ter­min­ka­len­der nicht mehr auf­ge­fun­den wer­den. Die Da­tei mit der Ein­la­dung ver­blieb je­doch auf dem Ser­ver der Stif­tung.

Nach­dem ein im Auf­trag der Kläge­rin täti­ges Un­ter­neh­men den Kar­ten­aus­schnitt im In­ter­net er­mit­telt hatte, mahnte die Kläge­rin die "Z. stif­tung L." mit An­walts­schrei­ben im De­zem­ber 2008 ab. Die Stif­tung gab dar­auf eine straf­be­wehrte Un­ter­las­sungs­erklärung ab, lehnte je­doch die Zah­lung von Scha­dens- und Kos­ten­er­satz ab. Mit der Klage be­gehrt die Kläge­rin die Ver­ur­tei­lung des Be­klag­ten zur Zah­lung von Scha­dens­er­satz in Form ei­ner an­ge­mes­se­nen Li­zenz­gebühr i.H.v. 300 € so­wie zur Er­stat­tung vor­ge­richt­li­cher An­walts­kos­ten und der Kos­ten für das mit der Do­ku­men­ta­tion der Ur­he­ber­rechts­ver­let­zung be­auf­tragte Un­ter­neh­men.

AG und LG wie­sen die Klage ab. Auf die Re­vi­sion der Kläge­rin hob der BGH das Be­ru­fungs­ur­teil auf und ver­wies die Sa­che zur neuen Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das LG zurück.

Die Gründe:
Die An­nahme des LG, das Ein­la­dungs­schrei­ben stelle einen frem­den In­halt dar, für den der Be­klagte auch bei un­ter­stell­ter Ver­ant­wort­lich­keit für den In­halt der In­ter­net­seite nicht hafte, hält re­vi­si­ons­recht­li­cher Nachprüfung nicht stand. Un­ter­stellt, dass der ver­fah­rens­ge­genständ­li­che Kar­ten­aus­schnitt ein gem. § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG ge­schütz­tes Werk ist, an dem der Kläge­rin die aus­schließli­chen Nut­zungs­rechte zu­ste­hen, stellt die Veröff­ent­li­chung des Ein­la­dungs­schrei­bens über die In­ter­net­seite "sa­ve­our­seeds.org" eine Ver­let­zung des aus­schließli­chen Rechts der Kläge­rin dar, das Werk öff­ent­lich zugäng­lich zu ma­chen (§ 15 Abs. 2 Nr. 2, § 19a UrhG).

Das Ein­la­dungs­schrei­ben wurde von Mit­ar­bei­tern der Stif­tung als PDF-Da­tei im Down­load-Cen­ter des un­ter der Adresse "sa­ve­our­seeds.org" er­reich­ba­ren In­ter­net­auf­tritts ab­ge­legt und über einen Link im Ter­min­ka­len­der für die Nut­zer die­ser In­ter­net­seite zum Ab­ruf be­reit­ge­hal­ten. Der Link, der in dem un­ter "sa­ve­our­seeds.org" geführ­ten Ter­min­ka­len­der bei der Ein­tra­gung des Er­eig­nis­ses an­ge­legt war, führte also nicht zu ei­ner frem­den Web­site, son­dern zu einem Spei­cher­ort auf dem Ser­ver der Stif­tung. An­ders als bei einem Hy­per­link auf eine fremde Web­site, auf der ein Werk be­reits veröff­ent­licht ist, han­delt es sich im vor­lie­gen­den Fall um eine ei­gene ur­he­ber­recht­li­che Nut­zungs­hand­lung.

Der Be­klagte kann sich auch nicht auf das Haf­tungs­pri­vi­leg des § 10 Nr. 1 TMG be­ru­fen. Nach die­ser Be­stim­mung sind Diens­te­an­bie­ter für fremde In­for­ma­tio­nen, die sie für einen Nut­zer spei­chern, un­ter be­stimm­ten Vor­aus­set­zun­gen nicht ver­ant­wort­lich. Bei dem Ein­la­dungs­schrei­ben nebst Kar­ten­aus­schnitt han­delt es sich je­doch nicht um fremde In­for­ma­tio­nen. Durch § 10 TMG und § 11 TDG sollte Art. 14 der Richt­li­nie 2000/31/EG um­ge­setzt wer­den, wo­nach die Mit­glied­staa­ten si­cher­stel­len, dass im Fall ei­nes Diens­tes der In­for­ma­ti­ons­ge­sell­schaft, der in der Spei­che­rung von durch einen Nut­zer ein­ge­ge­be­nen In­for­ma­tio­nen be­steht, der Diens­te­an­bie­ter nicht für die im Auf­trag ei­nes Nut­zers ge­spei­cher­ten In­for­ma­tio­nen ver­ant­wort­lich ist, so­fern näher be­stimmte Vor­aus­set­zun­gen erfüllt sind. Das Haf­tungs­pri­vi­leg be­zieht sich so­mit aus­schließlich auf durch einen Nut­zer ein­ge­ge­bene In­for­ma­tio­nen. In die­sem Sinn ist auch der Be­griff "fremde In­for­ma­tio­nen" in § 10 TDG zu ver­ste­hen.

Im Streit­fall wurde das Ein­la­dungs­schrei­ben mit dem Kar­ten­aus­schnitt nicht durch den Nut­zer ei­nes Diens­tes der Stif­tung ein­ge­ge­ben. Die Stif­tung bie­tet nicht die Spei­che­rung von In­for­ma­tio­nen an, die Nut­zer ein­ge­ben können; sie be­treibt da­her kei­nen Hos­ting-Dienst i.S.v. Art. 14 der Richt­li­nie 2000/31/EG und § 10 TMG. Viel­mehr han­delt es sich bei dem Ein­la­dungs­schrei­ben um eine durch einen Nut­zer be­reit­ge­stellte In­for­ma­tion, die erst durch Mit­ar­bei­ter der Stif­tung auf de­ren Web­site ein­ge­stellt wor­den ist. Eine er­wei­ternde Aus­le­gung des Be­griffs "ein­ge­ge­bene In­for­ma­tio­nen" in dem Sinne, dass auch eine der­ar­tige Be­reit­stel­lung von In­for­ma­tio­nen er­fasst wäre, ist aus­ge­schlos­sen.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf den Web­sei­ten des BGH veröff­ent­licht.
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